Wie bei der OMV alles begann
Als Besatzungsmacht nach dem zweiten Weltkrieg verleibte sich die Sowjetunion (UdSSR) die von den Nazis ausgebauten Öl- und Gasquellen im Osten Österreichs ein. Die Sowjetische Mineralölverwaltung (SMV) entstand. 1956, ein Jahr nach Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags, wurde daraus die Österreichische Mineralölverwaltungs Aktiengesellschaft, kurz ÖMV. 1957 eröffnete das Unternehmen seine ersten Tankstellen, 1960 die Raffinerie Schwechat.
Europa mit Russland verknüpft
Die Beziehungen zu Russland behielt das Unternehmen bei. Durch den steigenden Energiebedarf der heimischen Industrie wird 1968 ein Erdgasvertrag mit der UdSSR abgeschlossen - eine Besonderheit in Zeiten des Kalten Krieges. Dem Beispiel folgt Jahre später auch Westdeutschland. Durch mangelnde Diversifizierung macht sich Europa abhängig vom Gas aus dem Osten. Die ÖMV spielt mit ihrem Gasknotenpunkt Baumgarten eine Schlüsselrolle.
1987 macht das bis dahin staatliche Unternehmen den ersten Privatisierungsschritt. 1994 steigt IPIC (später Mubadala) aus dem Emirat Abu Dhabi als Großaktionär ein. Die Anteile (24,9 Prozent) wurden 2024 an ADNOC übertragen. 1995 wird aus der ÖMV die OMV. 1998 steigt die OMV beim Kunststoffunternehmen Borealis ein. 2004 wird die Mehrheit am rumänischen Öl- und Gaskonzern Petrom übernommen. 2015 beschlossen OMV und Gazprom eine enge Zusammenarbeit. 2024 folgte deren dramatisches Ende.
Abkehr von Russlands Gas und stärkere Diversifizierung
Obwohl sie mehr als 50 Jahre lang eng mit der UdSSR und dem davon übrig gebliebenen Russland verbunden war, wendet sich die OMV nun anderen Lieferanten zu. Einen großangelegten Versuch, eine von Russland unabhängige Pipeline nach Österreich zu legen, gab es bereits mit dem 2013 gescheiterten Projekt Nabucco. Nun versorgt sich das Unternehmen über die Gasbörse mit Gas aus unterschiedlichsten Quellen (wahrscheinlich auch immer noch Russland) und versucht, auf eigene Faust neue Quellen zu erschließen. Eine mit größerem Potenzial nennt sich Neptun Deep und liegt im rumänischen Gebiet des Schwarzen Meeres.
Wie Alfred Stern, Vorstandsvorsitzender und CEO von OMV erklärt, habe das Unternehmen vor drei Jahren eine Gas-Taskforce gegründet, mit dem Ziel sich bei der Versorgung stärker zu diversifizieren. "Wir haben das konsequent umgesetzt. Das umfasst sowohl Gaslieferquellen als zusätzliche Pipeline-Kapazitäten."
Was die OMV heute und in Zukunft produziert
Flüssige Treibstoffe und gasförmige Energie waren lange Zeit die einzigen Geschäftsbereiche der OMV. Bis 2030 will das Unternehmen eine Transformation zu einem "integrierten Unternehmen für nachhaltige Chemikalien, Kraftstoffe und Energie mit einer Schlüsselrolle in der Kreislaufwirtschaft" vollziehen. Bis spätestens 2050 will man netto null Emissionen erzeugen.
Den Chemikalien-Bereich bildet die OMV vor allem über die Tochter Borealis ab, an der die OMV 75 Prozent hält. Borealis stellt etwa die Basischemikalien Ethylen und Propylen her, die in der chemischen Industrie Ausgangsstoffe für eine Vielzahl von Produkten sind. Eine wichtige Sparte sind auch Polyolefine. Die Kunststoffe stecken etwa in Polyethylen (PE) und Polypropylen (PP), aus denen Folien, Verpackungen und Rohre gemacht sind.
Recycling und nachhaltige Kraftstoffe
Die OMV beschäftigt sich neben der Produktion aber auch immer mehr mit dem chemischen Recycling von Kunststoffen. Eine Spezialität ist etwa das "ReOil"-Verfahren, bei dem Kunststoffe quasi wieder zu Rohöl werden. In Deutschland wird gemeinsam mit Partner Interzero Europas größte Sortieranlage für gemischte Kunststoffabfälle aufgebaut. Sie soll 2026 in Betrieb gehen.
Zur Kreislaufwirtschaft passen soll auch die Herstellung von nachhaltigen Flugzeugtreibstoffen (SAFs). In der Raffinerie Schwechat werden derzeit jährlich 4.000 Tonnen SAF aus Altspeisefett hergestellt. In Rumänien wird eine Anlage errichtet, die ab 2028 neben SAFs auch grünen Wasserstoff produzieren soll. Durch solche Projekte will die OMV auch seine eigenen CO2-Emissionen reduzieren. Bis 2030 sollen es minus 30 Prozent gegenüber 2019 sein.
Elektromobilität und Geothermie
Sein Tankstellennetz, das sich über große Teile Osteuropas erstreckt, möchte die OMV u.a. mit Investitionen in die Elektromobilität zukunftsfit machen. Bis 2030 sollen insgesamt 5.000 Schnellladestationen entstehen. Mit OMV-Tankstellen soll ein Ladenetz errichtet werden, bei dem alle 100 bis 150 Kilometer ein Ladepunkt verfügbar ist.
Auf den ersten Blick ungewöhnlich erscheint das Engagement des Unternehmens im Bereich Geothermie. Die OMV hat aber gemeinsam mit Wien Energie das Joint Venture Deeep gegründet, das heiße unterirdische Wasservorkommen nutzen will, um künftig 200.000 Haushalte mit Fernwärme zu versorgen. Die OMV kann dabei große Bohrexpertise einbringen.
Um die seit längerem geplante Fusion von Borealis mit Borouge in Abu Dhabi zum internationalen Petrochemie-Riesen ist es hingegen ruhig geworden.
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