OMV-Chef Stern: "Das wichtigste ist die Gas-Produktion in der EU "

Zusammenfassung
- OMV setzt auf Diversifizierung des Gas-Portfolios, inklusive LNG-Importen aus den USA, betont aber die Bedeutung der Gasproduktion in der EU.
- Gasförderung in Europa wird durch Projekte wie Neptun Deep im Schwarzen Meer ausgebaut.
- Operatives Ergebnis und Umsatz der OMV sind im ersten Halbjahr gesunken, während Fortschritte bei grünem Wasserstoff, Kunststoff-Recycling und Geothermie erzielt wurden.
Die OMV werde auch weiterhin an der Diversifizierung ihres Gas-Portfolios arbeiten, sagte OMV-Chef Alfred Stern am Donnerstag bei der Präsentation der Halbjahreszahlen des Unternehmens. Das schließe auch Lieferungen von Flüssiggas aus den USA ein, sagte Stern unter Verweis auf die Absichtserklärung der EU, in den nächsten drei Jahren Gas und Öl im Wert von 750 Mrd. Dollar (rund 640 Mrd. Euro) von den USA zu beziehen.
Man werde sich aber auch weiterhin an den wirtschaftlich besten Angeboten orientieren, sage der OMV-Chef. Es sei durchaus sinnvoll, das Angebot an Gas, das nach Europa komme, zu erhöhen. Das wichtigste sei aber die Produktion in der EU selbst.
Nach Angaben Sterns hat die OMV Verträge zwischen 1,8 und 2 Mio. Tonnen Flüssiggas abgeschlossen. Neben dem US-Anbieter Cheniere Energy auch mit der britischen BP, die das Gas auch aus den USA liefert. Der LNG-Anteil nimmt nach dem Ausstieg aus russischem Gas zwar zu, dürfte aber mengenmäßig deutlich hinter der eigenen Förderung in Norwegen und Österreich und Pipelinegas aus Drittländern zurückbleiben.
Gasförderung in Europa wird ausgebaut
Die OMV baut über die rumänische Petrom, an der man 51 Prozent hält, gerade ihre Gasproduktion aus. Im Schwarzen Meer soll schon bald das mit 100.000 Kubikmeter Reserven größte Erdgasentwicklungsprojekt der EU, Neptun Deep, Gas produzieren. Erste Förderbohrungen seien bereits angelaufen, sagte Stern. Er geht vom Produktionsbeginn im Jahr 2027 aus. Das Projekt sei ein wichtiger Beitrag zur sicheren und leistbaren Energieversorgung in der EU, sagte der OMV-Chef.

OMV-Chef Alfred Stern zieht sich im kommenden Jahr von der Unternehmensspitze zurück.
Brösel in Rumänien
Aus Rumänien sorgte zuletzt ein Schreiben des früheren rumänischen Energieministers und Petrom-Aufsichtsrats Răzvan Nicolescu für Irritationen. Er warf Stern u.a. "beleidigendes Verhalten" und eine "verächtliche Einstellung" gegenüber rumänischen Gesetzen vor und forderte seinen Rücktritt als Aufsichtsratspräsident der Petrom.
Die Zusammenarbeit mit der rumänischen Regierung als zweiter Kernaktionär (Anm.: 20,6 Prozent an dem Unternehmen) sei von großer Bedeutung. Partikularinteressen würden aber die unternehmerischen Entscheidungen nicht beeinflussen, sagte Stern, ohne näher auf Details des Disputs einzugehen.

Deutlicher Rückgang beim Ergebnis
Die OMV musste im ersten Halbjahr wegen gesunkener Ölpreise einen deutlichen Rückgang beim Gewinn hinnehmen. Das um Lagereffekte bereinigte operative Ergebnis sank um 16 Prozent auf 1,03 Mrd. Euro.
Die Rückgänge aus dem Energiegeschäft konnten nur teilweise durch ein höheres Ergebnis im Chemiegeschäft ausgeglichen werden. Auch geplante Stillstände in den Raffinerien und Währungsschwankungen trugen zum deutlich schlechteren Ergebnis bei. Der Umsatz ging um 7 Prozent auf 12 Mrd. Euro zurück.
Chemiegigant auf Schiene
Auf Schiene sieht Stern die Fusion der Petrochemietochter Borealis mit Borouge zum 60 Mrd. Dollar schweren Chemiegiganten Borouge Group International. Den Abschluss erwartet er weiterhin im ersten Quartal des kommenden Jahres. Stern selbst wird sich im September kommenden Jahres aus der Unternehmensspitze zurückziehen.
Grüner Wasserstoff und Kunststoff-Recycling
Über Fortschritte berichtete der OMV-Chef auch in anderen Unternehmensbereichen. Bei der Produktion von grünem Wasserstoff habe man mit der Inbetriebnahme der Anlage in der Raffinerie Schwechat mit einer Jahreskapazität von 1.500 Tonnen im April einen Quantensprung erreicht. Auch in Bruck an der Leitha will man auf die Produktion von grünem Wasserstoff setzen. In eine Elektrolyseanlage werde ein mittlerer dreistelliger Eurobetrag investiert, sagte Stern.
Den Wasserstoff will die OMV einsetzen, um die Kraftstoffe und Rohstoffe für die Chemieproduktion zu dekarbonisieren.
In Schwechat wurde eine Reoil-Anlage zur Verarbeitung recycelbarer Kunststoffabfälle in Betrieb genommen. Die Kapazität betrage 16.000 Tonnen pro Jahr, sagte Stern. Beim Geothermie-Projekt in Wien Aspern beginne die Testproduktion. Ab 2028 soll sie rund 20.000 Wiener Haushalte mit klimaneutraler Fernwärme versorgen. Auch im Großraum Graz will man in dem Bereich aktiv werden. Ab Ende des Jahres sollen seismische Untersuchungen im oststeirischen Becken aufgenommen werden.
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