Riesendeal oder nur heiße Luft? Warum die EU gar nicht genug US-Gas kaufen kann

FILE PHOTO: EC President von der Leyen is pictured with US President Trump in Scotland
Die Einigung im Zollstreit zwischen USA und EU umfasst auch Pläne für riesige Energie-Importe nach Europa. Für Experten sind die reine Fantasie

750 Milliarden Dollar: Selbst Donald Trump schien so beeindruckt, als er die astronomische Zahl vor der Presse von einem Zettel ablas, dass er sie gleich noch einmal wiederholte. US-Handelsminister Howard Lutnick schrieb das Ganze ein paar Augenblicke später in Großbuchstaben auf X.

750 Milliarden, um diese Summe will die EU also bis zum Ende von Trumps Amtszeit Energie aus den USA kaufen. So jedenfalls lautet die Vereinbarung, die Trump und Ursula von der Leyen am Wochenende in Schottland getroffen haben. „250 Milliarden pro Jahr“, legte die EU-Kommissionschefin gleich nach Trump noch einmal zur Bestätigung nach.

Ein großes Versprechen, mit sehr wenig Substanz, wie Fachleute in Brüssel inzwischen übereinstimmend festgestellt haben. „Völlig unrealistisch“, lautet etwa die Analyse der Energieexpertin Laura Kepler gegenüber der Nachrichtenplattform Politico: Weder die EU noch die USA seien auch nur annähernd in der Lage, diesen Deal in die Praxis umzusetzen. Das liegt zu allererst an den Mengen an fossiler Energie, die die EU derzeit aus den USA importiert. Nimmt man Öl , LNG-Flüssiggas und Kohle zusammen, kommt man auf rund 75 Milliarden Dollar. Um die versprochene Summe tatsächlich zu erreichen, müssten diese Importe tatsächlich mehr als verdreifacht werden - und das bei derzeit sinkendem Verbrauch an fossiler Energie.

Die EU müsste den USA daher eine Art Monopol für LNG zugestehen. Damit aber würden andere wichtige Lieferanten wie Norwegen komplett wegfallen. Deren Gas ist aber deutlich billiger als das aus den USA und außerdem wird es schneller und verlässlicher über Pipelines geliefert.

Ebenso wenig stichhaltig ist die Erklärung, die Von der Leyen selbst vor der Presse lieferte: So komme man weg von russischem Gas. Doch russisches Gas ist inzwischen zu einem Großteil vom europäischen Markt verschwunden. Auch wenn man die Restmengen durch US-Gas ersetzt, ergibt das keinen Deal in nennenswerter Größe.

Keine Infrastruktur

Doch auch auf der anderen Seite des Atlantiks hält die Realität des Gasgeschäftes den Versprechungen nicht stand. 250 Milliarden Dollar pro Jahr entspricht mehr als der gesamten Menge an Öl und Gas, die die USA exportieren. Das alles müsste also in Zukunft in die EU geliefert werden - und mehr. Dafür gibt es nicht nur nicht ausreichend Abnehmer, sondern auch zu wenig Infrastruktur. Die derzeit vorhandene Flotte an Tankschiffen. die LNG über den Atlantik transportieren, reicht dafür jedenfalls nicht aus. Das Gleiche gilt für die Anlagen in europäischen Häfen, die das Gas aufnehmen und weiterleiten können.

Den Ausbau von Infrastruktur, so meint man in der EU-Kommission, werde man großzügig fördern. Das Geschäft mit dem Öl und Gas, das auf diesem Weg exportiert werden soll, ist in den Händen privater Energiekonzerne. Entscheidungen darüber, wo welche Energie eingekauft wird, werden in deren Zentralen getroffen und nicht in der EU-Kommission. Entsprechend verlegen wirkte auch EU-Handelskommissar Maros Sefcovic, als er auf die Umsetzung des 750-Milliarden-Versprechens von Journalisten angesprochen wurde. Er wisse schon, versicherte der Kommissar, „dassnicht wir diese Energie einkaufen“, aber man sei eben bereit, „diese Geschäfte mit den USA zu fördern.“ Die Zahlen seien nicht aus der Luft gegriffen, sondern auf der Basis einer Analyse des Verbrauchs erstellt worden.

Das aber wollen die Experten nicht glauben, auch in der Neuen Zürcher Zeitung lautet ihr übereinstimmendes Urteil: Ein Rätsel, wie das so rasch wie versprochen gehen solle.

Schließlich müsste der europäische Markt dazu Unmengen an derzeit überschüssiger fossiler Energie aufnehmen - und das bei sinkendem Verbrauch. Der aber sei auch die Voraussetzung, um die Klimaziele zu erreichen, die sich Europa gesetzt hat. Grüne sprechen im Deutschlandfunk deshalb von einem „fossilen Hinterzimmer-Deal“, der da in Schottland geschlossen worden sei. Die EU habe sich offensichtlich darauf eingelassen, wieder mehr von jener Energie zu nützen, die sie eigentlich hinter sich lassen wolle: „Da stellt sich nicht nur die Frage, wer das verbrennen, sondern auch, wer das bezahlen soll.“

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