"Liebesgrüße" an OMV-Chef Alfred Stern aus Bukarest

Was sich zwischen der OMV und ihrer rumänischen Tochter OMV Petrom abspielt, steht einem James-Bond-Thriller an Spannung nicht viel nach. In wirtschaftlicher Hinsicht auf alle Fälle.
Zwei börsenotierte Großkonzerne. Beide Unternehmen sind die bedeutendsten Industriebetriebe ihres Landes, an beiden ist der jeweilige Staat beteiligt. Die OMV hat einen Börsenwert von 15,2 Milliarden Euro, die 51-Prozent-Beteiligung Petrom eine Kapitalisierung von 9,5 Milliarden.
OMV-Chef Alfred Stern ist, und das ist in einem Konzern bei einer Mehrheitsbeteiligung die Norm, Aufsichtsratsvorsitzender der Petrom. Dort sitzt seit 2021 auch Razvan-Eugen Nicolescu, ehemaliger Energieminister und Deloitte-Partner, auf einem Ticket der rumänischen Regierung. Der Staat hält knapp 21 Prozent, der Rest ist Streubesitz an der Bukarester Börse.

Petrom-Aufsichtsrat Nicolescu
Der Konflikt schwelt schon seit Längerem, allerdings nur hinter den dicken Türen der Sitzungszimmer des Petrom-Aufsichtsrates. Bis Nicolescu nach seiner Wiederwahl in das Gremium Ende Juni einen Brief an Stern mit CC an alle Aufsichtsräte und an Entscheidungsträger verfasste, der in seiner Schärfe mehr als ungewöhnlich ist. Böse Briefe gegen Top-Manager sind keine Seltenheit, aber solche Attacken eines Aufsichtsrates (auf einem Regierungsticket) gegen den Vorsitzenden und CEO des Mehrheitseigentümers haben eine andere Qualität. Damit die Causa auch gleich öffentlich wird, landete das Schreiben umgehend in der Presse.
Nicolescu bekräftigte seine Vorwürfe und seine Rücktrittsaufforderung gegen Stern gegenüber dem KURIER und legte noch nach. Stern verhalte sich „seit Langem missbräuchlich gegenüber der europäischen und rumänischen Gesetzgebung, der Satzung, internationalen Corporate-Governance-Praktiken, Vorstandskollegen, Arbeitnehmervertretern und Minderheitsaktionären, einschließlich des rumänischen Staates“. Seine Anwesenheit sei schlicht eine „Belastung für die Gegenwart und Zukunft des Unternehmens“. Daher möge er dringend als Aufsichtsratsvorsitzender zurücktreten. Er biete dem Aufsichtsrat der OMV an, nach Wien zu kommen und vor dem Gremium mit Stern zu sprechen.
Vorwürfe, die jedoch so überhaupt nicht ins Bild passen, das Mitarbeiter, Aufsichtsräte und Aktionäre von Stern haben. Der OMV-Chef, der seinen 2026 auslaufenden Vertrag nicht mehr verlängert, gilt vielmehr als umsichtiger, sachlicher CEO, der äußerst korrekt agiert.
Was ist der Hintergrund dieser Attacke, die für Petrom zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt kommt?
Gefährliche Situation
An inhaltlichen Missverständnissen könne es nicht liegen, meinen Insider, der parteifreie Nicolescu sei fachlich sehr versiert. „Die Vorwürfe sind völlig aus der Luft gegriffen. Es dürfte eine Mischung sein aus persönlicher Profilierungssucht und nationalistischen Überlegungen hinter der Diffamierung und Herabwürdigung von Stern stehen“, glauben Aktionärsvertreter nicht an eine konzertierte Aktion auf rumänischer Regierungsebene.
Für Petrom ist die Situation nicht ganz ungefährlich. Das Unternehmen investiert in den nächsten Jahren insgesamt fünf Milliarden Euro. In Energie-Transformation und die Erschließung des riesigen Gasfeldes „Neptun Deep“ im Schwarzen Meer. Das Gas soll ab 2027 fließen, Rumänien wird der größte Gasproduzent in der EU.

"Neptun Deep" - Größtes Gasförderprojekt in der EU im Schwarzen Meer
Anstatt den Petrom-Vorstand und den Aufsichtsrat in dieser herausfordernden Phase zu unterstützen, leite Nicolescu schon seit Längerem die Kapazitäten immer wieder zu „Nebenschauplätzen, bei denen nichts herauskommt“, hört man aus dem Petrom-Aufsichtsrat. Die Gesprächspartner des KURIER wollen sich in dieser aufgeheizten Atmosphäre lieber nicht namentlich zitieren lassen.
Auf dem Kapitalmarkt beobachtet man den Disput mit viel Skepsis. „Nicht hilfreich, um die notwendigen ausländischen Investitionen in Rumänien zu fördern und ein positives Rating der Staatsanleihen zu unterstützen“, heißt es in Finanzkreisen.
„Rumänien ist ein wichtiges Zielland österreichischer Investitionen“, konstatiert Cornelius Granig, Vorstand des Rumänien Instituts. Der Thinktank will das enorme Potenzial der Zusammenarbeit Österreich-Rumänien aufzeigen. Die Position Österreichs zum Schengen-Beitritt habe das Verhältnis beider Länder sehr belastet, „dazu kommen Unklarheiten über die Unterstützung extremistischer rumänischer Politiker aus Österreich“. So forderte der rechtsextreme gescheiterte Präsidentschaftskandidat George Simion die Re-Verstaatlichtung der Petrom.
Granig war etliche Jahre in Rumänien als Top-Manager tätig und pflegt exzellente Kontakte zur dortigen Politik und Wirtschaft.

Cornelius Granig, Vorstand des Rumänien Instituts
Er sieht „enormes Wachstums- und Erfolgspotenzial für die OMV durch den Ausbau der Petrom. Die OMV hat schon mehr als zehn Milliarden Euro in Rumänien investiert“. Gerade in Hinblick auf den Krieg im Nachbarland Ukraine gebe es große EU-geförderte Projekte für die Diversifizierung der Gasversorgung, Rumänien könne dabei eine Schlüsselrolle spielen. Angesichts dieser Perspektiven sei es wichtig, in Vorstand und Aufsichtsrat die Expertise Österreichs zu verstärken“. Derzeit ist kein Österreicher im Vorstand.
Und was sagt die OMV?
Man habe eine kontrollierende Mehrheit an Petrom, mit allen Rechten und Pflichten. „OMV respektiert die Rechte aller Aktionäre vollumfänglich. Hierbei ist eine gute und professionelle Zusammenarbeit mit dem zweiten Kernaktionär, der rumänischen Regierung, von großer Bedeutung. Die äußerst positive Entwicklung von OMV Petrom über die letzten Jahre ist ein Indiz für diese professionelle Arbeit“.
"OMV ist ihren eigenen Aktionären (Anm.: ÖBAG, ADNOC, Streubesitz) gleichermaßen verpflichtet. Das Management stellt sicher, dass durch seine Unternehmensführung und professionelles Beteiligungsmanagement, inklusive der Wahrung der Gesellschafterrechte bei OMV Petrom, der wirtschaftliche Erfolg gewährleistet wird", erklärt eine Sprecherin gegenüber dem KURIER.
„Von Partikularinteressen werden unsere unternehmerischen Entscheidungen nicht beeinflusst“. Klare Worte.

Kommentare