Novomatic: Schrittweiser Rückzug aus Österreich
Der Glücksspielkonzern Novomatic setzt den nächsten Schritt im Rückzug aus dem operativen Gaming-Geschäft in Österreich. „Wir werden uns in Österreich nicht mehr um Konzessionen bewerben, egal, welche Lizenzen in Zukunft ausgeschrieben werden“, erklärte Novomatic-Chef Harald Neumann am Rande der Glücksspielmesse ICE in London vor Journalisten. Novomatic bespielt auf dieser weltweit wichtigsten Glücksspielmesse seit etlichen Jahren den größten Stand. Der Konzern lege seinen Fokus ausschließlich auf das internationale Geschäft, betonte Neumann.
Die ersten Konzessionen, die auslaufen und Novomatic betreffen, sind die Genehmigungen für die Landesausspielungen. Das sogenannte „kleine Glücksspiel“ ist Landessache und derzeit in den Bundesländern Ober- und Niederösterreich, der Steiermark, Kärnten und dem Burgenland erlaubt.
Novomatic hat über die Tochterfirma ACE (Admiral Entertainment Casinos) in allen fünf Bundesländern Konzessionen, betreibt dort Automatencasinos und beschäftigt einige hundert Mitarbeiter. Die erste Lizenz läuft 2023 in Oberösterreich aus.
De facto bedeutet die Ansage von Neumann, dass Novomatic sich wohl von diesem Konzernbereich trennen wird und einen Käufer sucht. Sind die Konzessionen ausgelaufen, hat diese Tochtergesellschaft für den Konzern keinen Wert mehr, weil die Geschäftsgrundlage fehlt. An Kaufinteressenten dürfte es nicht mangeln.
Aus den teilstaatlichen Casinos Austria zieht sich der Konzern des Industriellen Johann F. Graf wie berichtet demnächst zurück. Novomatic wurde nach jahrelanger erbitterter Feindschaft mit der tschechischen Sazka-Group, dem größten Casinos-Aktionär, über den Verkauf des 17-prozentigen Anteils handelseins. Der Kaufpreis dafür dürfte sich in der Größenordnung von mindestens 100 Millionen Euro bewegen. Neumann rechnet mit einem Closing des Verkaufs in etwa fünf Monaten.
Am 12. Februar treffen sich alle Casinos-Aktionäre, die gegenseitige Vorkaufsrecht haben. Neben Sazka (über 38 Prozent) und Novomatic die Staatsholding Öbag (hält ein Drittel) sowie die Melchart-Stiftung und das Bankhaus Schelhammer & Schattera.
Die Öbag hat sich bis dato noch nicht deklariert, ob sie von ihrem anteiligen Vorkaufsrecht auf die Novomatic-Aktien Gebrauch macht. Derzeit verhandelt die Staatsholding mit Sazka über einen Syndikatsvertrag. Darin soll ein abgestimmtes Vorgehen festgeschrieben werden, ähnlich den Syndikatsverträgen der Republik mit America Movil für die Telekom Austria und dem Staatsfonds von Abu Dhabi für die OMV.
In ÖVP-Wirtschaftskreisen wird wie berichtet ein Börsegang der Casinos favorisiert, der in zwei Jahren realisiert werden könnte. Die Öbag könnte zuerst aufgreifen und ihren Anteil dann auf eine Sperrminorität von 25,1 Prozent reduzieren. Aber selbst wenn die Staatsholding ihren Anteil aufstockt, haben die Tschechen über ein Abkommen mit Schelhammer & Schattera die Mehrheit der Stimmrechte. Greift die Öbag nicht auf, hat Sazka auch die Mehrheit der Anteile.
Lotto: Alles ist möglich
Novomatic hält allerdings noch 11 Prozent an der Casag-Tochter Lotterien. Damit sind zwar keine Mitspracherechte verbunden, aber Lotto ist die Cash-Cow der Casinos-Gruppe. Hier ist noch alles möglich, ob und wann sich Novomatic von dieser Beteiligung trennt, ließ Neumann offen.
Neben dem kleinen Glücksspiel betreibt Novomatic in Österreich noch die Admiral-Sportwetten. In der Branche wird spekuliert, dass sich der Konzern auch von diesem Geschäftszweig trennt. Das Headquarter der Gruppe in Gumpoldskirchen, NÖ, bleibe jedoch ebenso wie die dort angesiedelte Automatenproduktion. Der Umsatz der heimischen Automatencasinos sowie der Sportwetten liegt bei rund 300 Millionen Euro. Zum Vergleich: Im Vorjahr spielte der gesamte Konzern weltweit rund 5,1 Umsatzmilliarden ein.
Man werde sich garantiert nicht um eine Online-Konzession bewerben, betonte Neumann. In einer anonymen Anzeige wird Novomatic vorgeworfen, mit der FPÖ einen Deal für Online-Lizenzen abgeschlossen zu haben. Im Gegenzug soll Novomatic den FPÖ-nahen Manager Peter Sidlo als Finanzvorstand in die Casinos gehievt haben. Alle der elf Beschuldigten, darunter Neumann und Graf sowie Ex-FPÖ-Chef Strache und die Ex-ÖVP-Finanzminister Pröll und Löger, dementieren.
Die Causa hat sich zum Großverfahren ausgewachsen. „An den Vorwürfen ist nichts dran, ich wünsche mir ein rasches, zügig voranschreitendes Ermittlungsverfahren“, sagte Neumann in London.
Arbeitsrechtlich wäre es aus Sicht der Casinos außerdem klüger gewesen, Sidlo auf der Hauptversammlung das Vertrauen zu entziehen als ihn durch den Aufsichtsrat abzuberufen, meinte der Novomatic-CEO.
Osteuropa und USA statt Österreich
Weltweit konnte Novomatic im Vorjahr den Umsatz mit 5,1 Milliarden Euro und das Ebitda (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) mit 550 Millionen stabil halten. Für heuer, im 40. Jahr seines Bestehens, rechnet der Konzern mit einem Wachstum bei Umsatz und Ergebnis von 10 bis 15 Prozent.
Derzeit ist die Gruppe, die weltweit insgesamt 30.000 Mitarbeiter beschäftigt, davon 3.100 in Österreich, mit rund einer Milliarde Euro verschuldet, hauptsächlich über einprozentig verzinste Anleihen. Innerhalb von 12 bis 24 Monaten möchte man schuldenfrei sein.
Wichtigster Markt ist Deutschland, das etwa die Hälfte des Konzerngewinns einspielt. 2021 wird in Deutschland das zwischendurch verbotene Online-Gaming neu geregelt und wieder erlaubt. Darauf setze die Novomatic-Onlinetochter Greentube große Hoffnungen, sagte deren Vorstand, Gründer-Sohn Thomas Graf.
„Greentube spielt eine wichtige Rolle, weil es den digitalen Bereich vorantreibt. Der Anteil des Online-Gamings soll wachsen“, erklärte Graf. Er setzt auch auf die Öffnung der Online-Märkte in den Niederlanden und der Schweiz.
In Österreich stehen rund 6.000 Glücksspielautomaten. Zum Vergleich: In USA ist der Markt eine Million Geräte groß, in ganz Europa 1,3 Millionen. Novomatic, Marktführer in Europa, hat neben Deutschland noch die Expansion in Osteuropa, Spanien und den USA auf dem Radar. In den USA ist der wichtigste Partner der Novomatic der indigene Stamm der Seminolen, dem die Hardrock-Gruppe gehört. Möglich ist der Start in der Ukraine, die das Glücksspiel jetzt legalisiert.
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