Polit-Chaos in Italien trifft Österreichs Wirtschaft

A TV screen showing news on Italy's former Prime Minister Silvio Berlusconi is pictured in front of the German share price index DAX board at the German stock exchange in Frankfurt February 26, 2013. REUTERS/Lisi Niesner (GERMANY - Tags: BUSINESS POLITICS)
Das Gespenst der Schuldenkrise geht wieder um. Österreichs Exporte werden leiden. Moody's erwägt Herabstufung.

Dem Patt bei den Wahlen in Italien wird eine wochenlange Hängepartie bei der Regierungsbildung folgen. Für Italien eigentlich nichts Ungewöhnliches. „Italien war die meiste Zeit der Nachkriegszeit unregierbar, hat aber trotzdem überlebt. Die Hoffnung lebt“, lautet die Reaktion von Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl.

Polit-Chaos in Italien trifft Österreichs Wirtschaft
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Dieses Mal ist das Chaos in Österreichs südlichem Nachbarland allerdings viel gefährlicher. Die wirtschaftliche Talfahrt, auf die Italien vor rund eineinhalb Jahren geraten ist, könnte verschärft weitergehen. Das wäre furchtbar für die Italiener, aber auch schlimm für Österreichs Exporteure. Vor allem aber: Das Ungeheuer Schuldenkrise, das im Vorjahr viel von seinem Schrecken verloren hat, könnte wieder quer durch die Eurozone wüten.

Das lastet auch schwer auf dem Kurs der Gemeinschaftswährung. Am Montag, noch vor Veröffentlichung der ersten Wahlergebnisse, wurde der Euro noch für 1,3319 Dollar gehandelt. Am Dienstag fiel der Kurs auf bis zu 1,3018 Dollar zurück.

Rating gefährdet

Mittwoch früh die nächste Hiobsbotschaft: Moody's droht Italien mit einer Herabstufung. Der Ausgang der Wahl wirke sich negativ auf die Kreditwürdigkeit aus, weil Neuwahlen und damit eine noch längere Phase der politischen Instabilität im Raum stünden, so die Ratingagentur. Bei weiteren Entwicklungen, die den wirtschaftlichen Aussichten des krisengeschüttelten Landes schadeten oder auf Schwierigkeiten bei der Umsetzung von Reformen hindeuteten, werde Moody's eine Herabstufung der Bonität erwägen. Moody's bewertet Italien seit Juli 2012 mit "Baa2". Der Ausblick ist negativ.

Anleger schrecken zurück

Ob Kleinanleger oder Großinvestor: Sie alle schrecken zurück, wenn Unsicherheiten auftauchen. Das war am Dienstag an den Finanzmärkten deutlich zu spüren. Schon in Asien rutschten die Aktienkurse ab. An Europas Börsen ging der Absturz dann weiter. Am schlimmsten erwischte es die Börse in Mailand, an der der dortige Leitindex zu Beginn des Handels um bis zu fünf Prozent absackte. Von Frankfurt bis London, von Wien bis Amsterdam – quer durch Europa flüchteten die Anleger in sichere Häfen. Die Anleihenkurse hoch verschuldeter Euro-Länder gaben deutlich nach. Im Gegenzug stiegen die Renditen.

Lesen Sie hier: Ergebnisse und Reaktionen zur Wahl

Schulden

Italien schmerzt es besonders, wenn höhere Zinsen für neue Schulden fällig werden. Ist der Staat doch mit mehr als zwei Billionen Euro verschuldet. Das entspricht mehr als 120 Prozent der Wirtschaftsleistung (zum Vergleich Österreich im Vorjahr: 74,5 Prozent). Der italienische Wert könnte ohne Reformen bald noch höher liegen, denn die Wirtschaft schrumpft weiter. Heuer wird es um ein Prozent nach unten gehen, hat die EU-Kommission in der Vorwoche vorausgesagt (Österreich: plus 0,7 bis 1,0 Prozent). Dauert die unklare Lage in Rom lange an, könnte das italienische Minus noch größer werden. Die Unternehmen werden sich mit Investitionen zurückhalten, weitere Firmen werden auswandern.

Österreich

Auch Österreichs Wirtschaft leidet, wenn Italien am Boden liegt. Die Rezession beim zweitwichtigsten Handelspartner hat schon 2012 dazu geführt, dass die heimischen Exporte um 8,7 Prozent zurückgingen. Bei einer Verschärfung der Lage werden heimische Maschinen, Textilien, Möbel oder Produkte der chemischen Industrie kaum begehrter werden.

Lesen Sie hier: Warum das Regieren in Italien so schwierig ist: Die Besonderheiten des italienischen Wahlsystems.

Zum amerikanischen Dollar hat der Euro seit Montagnachmittag in der Spitze fast drei Cent eingebüßt. Das ist für den täglichen Handel eine außergewöhnlich starke Bewegung. Mit etwas mehr als 1,30 Dollar kostete die Gemeinschaftswährung Dienstag früh so wenig wie seit Mitte Jänner nicht mehr.

Noch stärker fielen die Verluste zum japanischen Yen aus. In der Spitze fiel der Euro seit Montag um sechs Yen oder knapp fünf Prozent. Im Gegenzug verteuerte sich der Yen, was der japanischen Regierung alles andere als recht sein dürfte. Sie versucht mit einer extrem lockeren Geldpolitik, dem Teufelskreis aus sinkenden Verbraucherpreisen und Rezession zu entkommen. Ein stärkerer Yen verteuert die Ausfuhren der exportorientierten Wirtschaft Japans und steht den Regierungsbemühungen entgegen.

Auch der Schweizer Franken, der unter Investoren ebenfalls als Hort der Sicherheit gilt, legte spürbar zu. Im Gegenzug sank der Euro zum Franken um fast zwei Rappen auf zuletzt 1,2150 Franken. Die Schweizer Notenbank SNB dürfte diese Entwicklung mit Argusaugen beobachten. Bereits im Herbst 2011 hatte sie einen Mindestkurs von 1,20 Franken je Euro festgesetzt, um der starken Aufwertung des Franken entgegenzutreten. Lange Zeit konnte sie diesen Kurs nur halten, indem sie in erheblichem Umfang am Devisenmarkt intervenierte. Seit Jahresbeginn jedoch hatte sich der Euro-Franken-Kurs wegen der abflauenden Schuldenkrise von seinem Mindestniveau gelöst.

Unter Druck geriet der Euro auch zum britischen Pfund. Die Bewegung ist beachtlich, weil das britische Pfund seit Jahresbeginn massiv unter Druck steht. Gründe sind die ausgeprägte Wachstumsschwäche der britischen Wirtschaft und die extrem lockere Geldpolitik der Bank of England. Nachdem der Euro seit Jahresstart gut acht Prozent zum Pfund zugelegt hatte, hat er allein seit Montagnachmittag gut zwei Prozent an Wert verloren.

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