Die Crux mit der Gleichberechtigung

Was das Regieren in Italien so schwierig macht.

Italien sieht sich nach der jüngsten Wahl mit einer politischen Patt-Situation konfrontiert. Die Verabschiedung neuer Gesetze dürfte mit dem Wahlergebnis vom Montag zur herkulischen Aufgabe werden. Der KURIER erklärt die Besonderheiten des italienischen Wahlsystems:

Italiens Parlament besteht aus zwei Kammern, dem Abgeordnetenhaus und dem Senat. Während ersteres per Direktwahl auf nationaler Ebene bestimmt wird (unter anderem beschicken die Auslandsitaliener direkt zwölf Sitze), wird der Senat in den Regionen gewählt. Dabei zählt das Abgeordnetenhaus 630 Sitze, garantiert durch eine italienische Eigenheit aber zumindest eine dauerhafte Mehrheit. Die stimmenstärkste Partei, oder im aktuellen Fall die stimmenstärkste Koalition, bekommt automatisch 340 Sitze zugeteilt - eine solide Mehrheit.

Wirft man jedoch eine Blick auf den Senat, dann wird es ein wenig komplexer. Um einen der 315 Senatoren wählen zu dürfen, muss man mindestens 25 Jahre alt sein - im Unterschied dazu gilt für die andere Kammer ein Mindestalter von 18 Jahren. 20 Regionen, vergleichbar mit unseren Bundesländern, gibt es in Italien, jede davon stellt eine feste Anzahl an Senatoren, welche jedoch von der Einwohnerzahl abhängig ist. Die stimmenstärkste Partei in der jeweiligen Region stellt dabei aber mindestens 55 Prozent der Senatoren. Alle Regionen beschicken mindstens sieben Senatoren (einzig Molise mit zwei und das Aosta-Tal mit einem und die "Senatoren auf Lebenszeit" - sie können aufgrund großer Verdienste um den Staat vom Präsidenten ernannt werden - bilden die Ausnahme). Aktuell sitzen 315 Mitglieder im Senat.

Gleichberechtigung

Zurück zur aktuellen Situation. Aufgrund des oben beschriebenen Wahlrechts hat Berlusconis Koalition zwar insgesamt weniger Stimmen im Senat bekommen, stellt aber drei Senatoren mehr als das Bündnis des Sozialdemokraten Bersani. Das alleine mutet vielleicht seltsam an (erinnert aber auch an den US-Wahlmodus), würde jedoch eine Mehrheitenbildung nicht verhindern.

Neben den Koalitionen von Bersani und Berlusconi haben nur die Protestbewegung des Komikers Beppe Grillo und jene des scheidenden Premiers Mario Monti den Sprung in den Senat geschafft. Mit knapp zehn Prozent der Stimmen kann Monti nicht als "Zünglein an der Waage" fungieren, Bersani oder Berlusconi sind daher zwingend auf eine Zusammenarbeit mit der Grillo-Partei "Fünf Sterne" angewiesen - eine Idee die Grillo während des Wahlkampfes ausgeschlossen hat. Eine stabile Mehrheit scheint folglich für keine der beiden "Großen" möglich.

Da jedoch beide Kammern des italienischen Parlaments absolut gleichberechtigt sind und einem neuen Gesetzestext im exakt selben Wortlaut zustimmen müssen, fürchten sich die Italiener bereits jetzt vor einer "Unregierbarkeit" ihres Landes. Einen Tag nach der Wahl hängt eine mögliche Neuwahl bereits wie ein Damoklesschwert über Bersani, Berlusconi und Co. Nicht umsonst nennen die Abgeordneten die aktuell gültige Wahlgesetz "Porcellum", eine "Schweinerei" eben.

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