"Beziehungen können nicht überleben, wenn man nicht darüber spricht": Geld als Liebeskiller
Was mein ist, ist dein oder hört bei Geld die Liebe auf? Zwei Paare erzählen von ihren Erfahrungen über den Top Liebes-Streitpunkt. Finanzexpertin Eva-Maria Weidl gibt Tipps für das große Geld-Gespräch.
Liebe und Geld gehen nicht immer Hand in Hand. Im Gegenteil. Fragen wie "Wer zahlt was? Und warum?" können schnell zu einem Konflikt unter Liebenden führen. Und doch wird das Thema immer relevanter: "Unsere Welt wird komplexer", meint Eva-Maria Weidl, Vorstandsmitglied des Verbandes Financial Planners.
Die Pandemie, aufkommende Krisen, Inflation und gekürzte Gehälter stellen da weitere Stolpersteine für Beziehungen dar: "Energie war früher beispielsweise nicht so präsent wie heute. Sorgen, ob genug Geld für die Gasrechnung und Lebensmittel übrig bleibt, sind verständlich." Finanzen gehören folglich genauso zum alltäglichen Leben dazu wie der Haushalt. "Leider wird das öfter verdrängt. Über Geld sollte man jedoch normal reden können. Es bestimmt unser Leben. Deswegen glaube ich nicht, dass eine Beziehung auf lange Sicht überleben kann, ohne jemals das Geld-Thema angesprochen zu haben."
Beziehungskriterium: Finanzen
Die Umfrage der Partnervermittlung "ElitePartner" ergab, dass jede zehnte Frau und nur vier Prozent der Männer nach Partnern suchen, die mehr verdienen als sie selbst. Finanzielle Unabhängigkeit hatte da einen viel höheren Stellenwert: So wollen rund 80 Prozent der befragten Frauen und 55 Prozent der Männer ihr eigenes Konto während einer Beziehung weiterführen. Für nur 38 Prozent der befragten Männer sei es laut Umfrage jedoch wichtig, dass ihre Partnerin finanziell unabhängig ist.
Fairness bei den Ausgaben stehe ebenfalls weit vorne. Gemeint sei damit eine prozentual fair aufgeteilte Beteiligung an den gemeinsamen Ausgaben (wie Miete und Haushaltseinkäufe). So sehen das jedenfalls 60 Prozent der befragten Frauen und 40 Prozent der Männer. Spannend ist auch, dass sowohl Frauen als auch Männer, wie die Umfrage ergab, nicht der Meinung sind, dass das Geld der jeweiligen Partner für beide zur Verfügung stehe. Dass Finanzen ein Streitthema sind, sei jedenfalls klar: Jedes zehnte Paar streitet über Geldangelegenheiten.
Aber warum ist es auch ein Tabu-Thema?
Die ElitePartner-Studie ergab, dass lediglich 42 Prozent offen über Geld sprechen und nur zwei Drittel der Befragten wissen, wie viel der jeweils andere verdient. Das liegt laut Eva-Maria Weidl an den weiterhin bestehenden Geschlechterrollen. Erst 1975 wurden Frauen und Männer durch die Familienrechtsreform gleichgestellt. Die Reform führte unter anderem dazu, dass Frauen ohne Zustimmung ihres Mannes arbeiten durften. 1999 wurde die partnerschaftliche Teilung der Versorgungsarbeit im Ehegesetz integriert.
Es ist folglich nicht verwunderlich, dass gewisse, heute bereits veraltete Einstellungen, erhalten bleiben. Von Frauen wird beispielsweise immer noch erwartet, dass sie sich um den Haushalt und um die Familie kümmern, während Männer sich um die Finanzen sorgen. Dies wird auch in den Ergebnissen des aktuellen "Global Gender Gap Report" des Weltwirtschaftsforums (WEF) deutlich. Demnach falle die Pflegelast überwiegend auf Frauen und 55 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit sei unbezahlt. Im Vergleich dazu: Männer verbringen 19 Prozent ihrer Gesamtarbeitszeit mit unbezahlter Arbeit.
"Bei solchen Ungleichheiten kommt es schnell vor, dass man sich ungerecht behandelt fühlt, denn auch diese Arbeit hat einen wichtigen Wert"
von Eva-Maria Weidl, Vorstandsmitglied des Verbandes Financial Planners
, meint Weidl und das sei einer von vielen typischen Konfliktpunkten. Wenn ein Partner ein höheres Einkommen hat, stelle das manchmal ebenfalls ein Problem dar: "Hier ist es wichtig, die Ausgaben so zu teilen, dass beide Parteien sich wohlfühlen. Wenn Ungleichheiten herrschen, entsteht nämlich auch eine Abhängigkeit. Und meist sind es Frauen, die weniger verdienen." Dem Global Gender Gap Report zufolge liegt die Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen in Österreich bei 12,27 Prozent.
Laut Weidl geht man am besten offen, ehrlich und wohlwollend an das Gespräch: "Es sollte kein Tabu-Thema sein. Am besten geht man die Thematik entspannt bei einem Wochenendfrühstück an." Folgende Punkte sollen dabei besprochen werden: Welche Ausgaben fallen an? Wie werden sie beglichen? Wer zahlt welchen Betrag? Das klinge, laut Weidl zunächst etwas fremd, sei jedoch ein wichtiger erster Schritt. Schuldzuweisungen seien bei dem Finanz-Gespräch ein absolutes No-Go: "Es handelt sich um ein Gespräch auf Augenhöhe. Vorwürfe sollte es keine geben."
Finanzen und Ausgaben würden sich außerdem nach einer Weile verändern, weswegen mehr als nur ein Gespräch nötig sei. Umso wichtiger sei es die besprochenen finanziellen Angelegenheiten und Kompromisse schriftlich festzuhalten: "Es ist mit einem Vertrag vergleichbar und man bestätigt so auch seine Verpflichtungen", sagt Weidl. Zur rechtlichen Absicherung empfehlen Anwälte sogar schon vor einer Eheschließung in einem "Ehepakt" festzuhalten, was den zwei Partnern wichtig ist. Beispielsweise kann definiert werden, welche Besitztümer jeder vor der Ehe hat, das macht die Aufteilung im Falle einer Scheidung um vieles einfacher.
In der allgemeinen Finanzbildung sieht Weidl einen weiteren bedeutenden Punkt im richtigen Umgang mit Geld: "Bildung in diesem Bereich ist unglaublich wichtig, und zwar von Kindesbeinen an. Jeder sollte sich mit Finanzen auskennen." Und das nicht nur für romantische Beziehungen, sondern vor allem für einen selbst: "Wenn man Finanzen versteht, geht man auch anders mit der Thematik um."
Das Drei- Konto-System soll Weidl nach ein gutes Finanzmodell sein. Vereinfacht hat jeder Partner sein eigenes Konto und zusätzlich noch ein gemeinsames. Das eigene Konto soll einen Überblick über den monatlichen Verdienst bieten. "So sieht jeder, wie viel Geld zur Verfügung steht." Auf das gemeinsame Konto werden dann die Kosten für beispielsweise Miete, Versicherungen und Haushalt überwiesen. "Das System bietet einen guten Überblick über die finanzielle Situation. Wenn man seinen eigenen Beitrag schriftlich vor sich sieht, steigert es auch das Selbstwertgefühl", meint Weidl. Bei größeren Investitionen müsse man bedenken wie "leistbar es für das Paar ist und welche Bedeutung es für das tägliche Leben haben könnte. Man sollte sich immer nach der eigenen Decke strecken."
Welches Modell nun das Richtige ist, liegt bei jedem Paar selbst. Eva-Maria Weidl weiß allerdings, dass wenn man die andere Person liebt und mit ihr zusammen sein möchte, sich immer eine Lösung finden wird: "Man muss nur offen darüber reden und ehrlich zueinander sein."
„Was deins ist, ist auch meins“ lautet das Motto von Jhudit (29) und David Abramov (33). Sie sind seit zehn Jahren verheiratet. Gemeinsam haben sie nicht nur Zwillinge im Alter von fünf Jahren, seit fünf Jahren arbeiten sie auch zusammen. David ist der Betreiber von drei Gastronomiebetrieben in Wien. Jhudit ist seine Angestellte. Sie kümmert sich um den Foodtruck, der vor dem Street-Food-Lokal „Baschly“ am WU-Campus steht.
„Geschäft ist Geschäft. Privat ist privat“, sagt David.
Dazwischen gibt es in der Partnerschaft kaum finanzielle Grenzen oder Regelungen.
Vollkommenes Vertrauen
David hat ein Geschäftskonto und wie er sagt „ein Familienkonto“. Jhudit hat Zugriff auf das Familienkonto und zusätzlich ein eigenes Konto: „In meinem ehemaligen Job hatte ich kein eigenes Konto. Da ist mein Gehalt auf Davids Konto geflossen.“ Die Fixausgaben laufen über das Familienkonto. „Wenn ich Geld brauche, überweise ich mir das vom Familienkonto auf mein Konto“, sagt Jhudit. Für David ist das kein Problem: „Ich vertraue ihr da vollkommen. Ich bin weder ein Spar- noch ein Kontrollfreak.“
Größere Ausgaben besprechen sie sowieso gemeinsam. Eine genaue Übersicht über das, was sie privat ausgeben, hat das Ehepaar nicht. „Man muss nur schauen, dass man genug Einnahmen hat“, sagt David. Alle finanziellen Entscheidungen, die das Geschäft betreffen, regelt der Gastronom und Immobilieninvestor alleine. Jhudit hat keinen Einblick: „Ich weiß aber, mit diesem Mann werde ich nie untergehen.“
Finanziell passt das lockere System für die zwei. „Wegen dem Geld kracht es nie, eher bei der Organisation“, sagt Jhudit. Früher fühlte sie sich für alles im Lokal „Baschly“ verantwortlich – für das Wohl der Mitarbeiter, für die Buchhaltung etc. und bekam Stress, wenn ein Mitarbeiter gekündigt hat. „Da gab es oft Streit. Erst seitdem wir ganz klar geregelt haben, für was ich wirklich zuständig bin, funktioniert es besser.“ David ergänzt: „Wir haben ein starkes Team in den Lokalen und meine Frau und ich sind ein starkes Team. Was will man mehr.“
Die Reisenden: Regina Hochecker und ihr Freund Thomas Hadinger
Wenn sich Regina ein Eis kauft, zahlt Thomas die Hälfte davon. Regina Hochecker (33) und ihr Freund Thomas Hadinger (36) sind seit über fünf Jahren ein Paar und derzeit mit dem VW Bus auf dem Weg nach Indien.
„Regina war schon immer die Sparsamere von uns beiden, aber jetzt auf der Weltreise habe ich gelernt, wie wenig Geld man wirklich zum Leben braucht“, sagt Thomas.
Seit Beginn ihrer Beziehung haben die zwei getrennte Konten und zum Verwalten der gemeinsamen Ausgaben verwenden sie die App „Splitwise“. Regina war Wirtschaftsprüferin von Beruf und legt daher großen Wert auf Genauigkeit. So wird jede noch so kleine Ausgabe festgehalten, um am Ende des Monats abzurechnen, wer wem was schuldet.
„Wir teilen wirklich alles. Sogar das Trinkgeld bei einem gemeinsamen Restaurantbesuch“, sagt Thomas. Hat einer von ihnen einmal eine größere Ausgabe nur für sich zu verbuchen, wie beispielsweise eine neue Kamera für Thomas, dann bezahlt sich das jeder selbst. Portable Kajaks extra für die Weltreise hat sich Thomas unbedingt eingebildet. „Ihr war es das Geld nicht wert. Also habe ich beide bezahlt. Das System funktioniert super für uns.“
Der Bezug zu Geld hat sich geändert
In Sachen Geld streitet das Paar kaum. In einem Punkt gab es vor kurzem aber doch immer wieder Diskussionen: „Wenn etwas kaputt geht, bin ich der Typ Mensch, der es sofort neu kaufen will. Regina repariert die Dinge und schmeißt sie nicht gleich weg. Aber sie hat mir beigebracht, bewusster mit Geld und auch mit unserem Hab und Gut umzugehen.“
Seit elf Monaten ist das Paar nun auf Weltreise. Ein weiteres Jahr soll es mindestens noch werden – das ist abhängig davon, wie gut das Paar auch künftig mit Geld umgehen wird. Etwa 1200 Euro brauchen sie im Monat für das Leben auf vier Rädern. Ihr Startkapital waren 40.000 Euro Erspartes. Ihre größten Ausgabeposten: Treibstoff und Essen. Thomas dazu: „Natürlich geht man mit Geld anders um, wenn man weiß, dass jetzt nichts mehr herein kommt. Und für uns bedeutet jeder Euro, den wir nicht ausgeben, dass wir länger reisen können. Spontankäufe gibt es daher nicht mehr und jede Ausgabe wird vorab besprochen.“
Fragen und Antworten zu finanziellen Regelungen in einer Lebensgemeinschaft oder Ehe
Welche finanziellen Ansprüche und Verpflichtungen bestehen in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft?
Grundsätzlich kaum welche, Unterhaltsansprüche bestehen keine. Es macht rechtlich gesehen auch keinen Unterschied, ob man getrennt lebt oder in einer gemeinsamen Wohnung. Kurz gesagt: Man ist auf sich selbst gestellt. In der Ehe gibt es mehr Rechtssicherheit.
Was ändert sich im Falle gemeinsamer Kinder in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft?
Es ändert sich nichts hinsichtlich der eigenen Ansprüche. Aber für die Kinder gelten dieselben Ansprüche wie in einer Ehe. Sprich, beide Elternteile müssen finanziell für die Kinder sorgen, in welcher Höhe ist nicht geregelt. Und bei einer getrennten Haushaltsführung sind Alimente fällig. Die Höhe der Alimente ist abhängig von verschiedenen Faktoren: vor allem von der Aufteilung der Betreuungszeit, vom Einkommen des zahlungspflichtigen Elternteils und vom Alter der Kinder.
Bringt eine Ehe steuerliche Vorteile?
Nein.
Besteht in einer Ehe die Pflicht, den anderen finanziell zu versorgen, falls dieser das selber nicht kann?
Grundsätzlich ja. Im AGBG (Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch) § 94 heißt es unter anderem: „Die Ehegatten haben nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen.“ Was genau unter „angemessen“ zu verstehen ist, ist aber nicht geregelt. Andererseits wird in einer aufrechten Ehe wohl kaum einer den anderen auf Geldanspruch klagen, solange die Ehe gut läuft.
Ist man in einer Ehe automatisch in der gesetzlichen Krankenversicherung mitversichert?
Automatisch nicht. Man muss dazu einen Antrag bei der Sozialversicherung stellen.
Muss man finanziell für Kinder des Partners aus einer vorigen Ehe oder Partnerschaft aufkommen?
Befindet man sich in einer nicht ehelichen Lebensgemeinschaft dann muss man für die Kinder gar nicht aufkommen. In einer Ehe auch nur indirekt, da man eingewilligt hat, dem Partner sowohl in guten als auch in schlechten Zeiten beizustehen. Der Anspruch auf Alimente kann sich aber verringern, wenn der neue Ehepartner nichts beisteuern kann (zum Beispiel weil er studiert oder krank ist). Umgekehrt kann von einem sehr gut verdienenden Ehepartner aber selbst Geldunterhalt während aufrechter Ehe verlangt werden, davon sind dann wieder die Alimente für Kinder aus einer anderen Beziehung zu bezahlen; indirekt ist der neue Ehepartner dadurch an den Zahlungen beteiligt.
Hat man als Ehepartner im Falle eines Erbes Ansprüche darauf?
Das ist sehr klar gesetzlich geregelt. Nur ein Beispiel von vielen: Stirbt die Mutter der Ehegattin und hinterlässt ihr ein beträchtliches Erbe, so hat der Ehegatte keinerlei Ansprüche auf das Erbe seiner Frau – weder in der Ehe selbst, noch im Falle einer Scheidung. Darum gilt: Ein Erbe ist separat zu verwalten.
Das "Baschly" befindet sich auf der Schwarzspanierstraße 22, 1090 Wien
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