Wie die Gasversorgung gesichert werden soll
Die Regierung hat sich auf Budgetmittel für den Ausbau des WAG-Loop geeinigt. „Mindestens 70 Millionen“ Euro sollen dafür zur Verfügung stehen, sagte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) am Mittwoch, wenn notwendig auch mehr.
Das soll die Versorgungssicherheit erhöhen, insbesondere für den Fall, dass die Lieferungen aus Russland ausbleiben. Das könnte laut dem ukrainischen Energieminister German Galuschtschenko allerdings bereits Ende 2024 geschehen – und bis dahin ist die Pipeline nicht fertig.
Was ist der WAG-Loop?
Der WAG-Loop ist eine Erweiterung der „West-Austria-Gasleitung“ (WAG). Diese verläuft vom Knotenpunkt Baumgarten in Niederösterreich zu den Knotenpunkten Oberkappel (siehe Grafik). Der „Loop“ ist ein neues Teilstück über 40 Kilometer, das weitgehende parallel zur existierenden Pipeline nach Bad Leonfelden führen soll. Die Kosten dafür sind mit 200 Millionen Euro veranschlagt.
Wofür ist die Leitung gut?
Auf dieser Route kann etwa norwegisches Gas oder Gas, das als Flüssiggas nach Westeuropa verschifft wurde, importiert werden. Durch den Ausbau soll die Einfuhrkapazität um 30 Prozent gesteigert werden. In Zukunft könnte die Leitung für Wasserstoff nutzbar gemacht werden.
Warum muss die Kapazität erhöht werden?
Die WAG wurde vorrangig gebaut, um russisches Gas nach Deutschland zu bringen. Mit der neuen europäischen Gas-Ordnung seit 2022 fließt Gas aber vermehrt von West nach Ost. Wenn die Speicher gut gefüllt sind, würde die bestehende Infrastruktur (aus Italien über die TAG und aus Deutschland über die WAG, siehe Bild) ausreichen, um Österreich auch bei einem Ausbleiben russischer Lieferungen zu versorgen. Das wäre aber nicht mehr der Fall, wenn andere Länder, die russisches Gas beziehen, mitversorgt werden sollen, der Energiebedarf steigt oder die Speicher schlecht gefüllt sind.
Warum soll der Staat dafür bezahlen?
Obwohl sich alle Beteiligten für den Bau aussprachen, gab es ein Gezerre um die Finanzierung. Die Betreibergesellschaft Gas Connect Austria (GCA) argumentierte, dass sich das Projekt bei aktuellen Marktbedingungen – die OMV importiert jährlich 60 Terawattstunden (TWh) Gas aus Russland – wirtschaftlich nicht rentiere. Die Absicherung der Versorgungssicherheit, so die Verbund-Tochter, sei ein volkswirtschaftliches und politisches Anliegen, weswegen die öffentliche Hand einen Teil der Kosten übernehmen müsse.
Wie lange dauert das?
Der Zeitplan sieht eine Fertigstellung 2027 vor, obwohl die reine Bauzeit nur etwa ein Jahr beträgt. Die Vorarbeiten seien „mitten im Laufen“, heißt es bei der GCA, allerdings müssten etwa noch Wegerechte mit Anrainern geklärt werden. Die Erhebung der Umweltverträglichkeit müsse über zwei Vegetationsperioden laufen, dauere also für gewöhnlich etwa 16 Monate. Beschleunigen könne diese bürokratischen Abläufe nur die Politik, sagte ein Sprecher auf Anfrage des KURIER. Eine finale Investitionsentscheidung könne erst nach Einigung auf ein neues Tarifsystem fallen. Das soll innerhalb weniger Wochen machbar sein.
Wird die Ukraine nach Ende 2024 noch russisches Gas durchleiten?
Der ukrainische Staatskonzern Naftogaz erfüllt die Verträge, das russische Gas in die Slowakei durchzuleiten. Diese laufen Ende 2024 allerdings aus und die Ukraine hat bereits mehrfach erklärt, keine neuen Verträge mit dem russischen Staatskonzern Gazprom zu schließen. Das müsste sie auch nicht, denn die Transportkapazitäten in der Pipeline könnten auch von anderen Marktteilnehmern gebucht werden. Galuschtschenko hat sich am Dienstag gegen diese Möglichkeit ausgesprochen. Physisch könnte die Ukraine den Transit verhindern, ob sie das wahr macht, ist unklar. Galuschtschenko hat auch angeregt, dass Europa ukrainische Gasspeicher nutzen könnte, denn die Kapazitäten übersteigen den eigenen Jahresbedarf. Wo das Gas herkommen soll, wäre dabei aber noch nicht geklärt.
Ergibt sich dann eine Versorgungslücke?
Zumindest im Winter 2024/25 nicht. Die österreichischen Gasspeicher fassen etwa einen Jahresverbrauch, sind derzeit zu 78 Prozent gefüllt und sollten bis Herbst voll sein. Erst für den Winter 2025/26 müsste gegebenenfalls Gas auf anderen Routen importiert werden – und zwar weniger, je besser es gelingt, die Speicherstände hoch zu halten. Nach Einschätzung von Leo Lehr von der Regulierungsbehörde E-Control sollte es dann „technisch möglich“ sein, auch über den Winter 2026/27 zu kommen. Klar ist aber auch: Wenn weniger russisches Gas nach Europa kommt, werden die Großhandelspreise zumindest vorübergehend wieder steigen.
Welche Maßnahmen hat die Regierung gesetzt?
Im Jahr 2022 wurde eine „strategische Reserve“ über 20 TWh Gas angeschafft. Weitere knapp 5 TWh sind für geschützte Kunden wie Haushalte oder soziale Dienste reserviert. Die OMV hat sich Transportkapazitäten über jährlich bis zu 40 TWh bis 2026 und rund 20 TWh bis 2028 gesichert. Derzeit sind diese Importe für die OMV wirtschaftlich nicht sinnvoll. Sollten sie notwendig werden, erhält sie dafür eine staatliche Subvention.
Kommentare