Schnelles Essen auf Rädern: Der ultimative Guide zu foodora, Lieferando und Wolt
Der pinke Lieferservice foodora möchte künftig nicht mehr nur Restaurant-Essen liefern, sondern vermehrt Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs.
Künftig konzentriert sich foodora auf die Zusammenarbeit mit dem Lebensmitteleinzelhandel, Drogerien, Bäckereien, Apotheken und weiteren Geschäften. Die österreichweite Abdeckung soll laufend weiter ausgebaut, heißt es.
Die eigenen Zustelllager (fünf in Wien, je eines in Linz und Graz) sollen im Zuge dessen nun geschlossen werden, der KURIER berichtete. Dieser Prozess wird im Laufe der kommenden Monate umgesetzt, so das Unternehmen.
foodora baut fast 130 Mitarbeiter ab
Damit verbunden sei jedoch auch, dass Mitarbeiter zur einvernehmlichen Dienstauflösung beim AMS angemeldet wurden. Konkret betrifft das 128 Personen, teilte die Delivery-Hero-Tochter am Montag mit. "Wir sind sehr dankbar für ihr Engagement für das Unternehmen, haben Sozialpakete eingerichtet und sind bereits im Gespräch mit allen betroffenen Mitarbeiter:innen, um in dieser Phase und dem Start des Weiteren beruflichen Weges Unterstützung zu bieten", wird foodora Österreich-Geschäftsführer Herbert Haas in einer Aussendung zitiert.
Die Zulieferer sollen von den Maßnahmen aber nicht personell betroffen sein. "Fodoora arbeitet österreichweit mit rund 3.000 Ridern zusammen. Diese sind von den Änderungen in keiner Weise betroffen," heißt es auf Anfrage des KURIER.
Proteste um Arbeitsbedingungen und Lohn
Ein Konflikt um den Kollektivvertrag der Fahrer und Fahrerinnen zieht sich bei den Anbietern schon länger hin – und spitzte sich vor kurzem zu, als die Rider vor Lieferando- und Foodora-Standorten in Wien, Salzburg, Graz, Innsbruck und Klagenfurt am 21. Mai protestierten. Sie forderten bessere Arbeitsbedingungen sowie eine Lohnerhöhung.
Trotz sechs Verhandlungsrunden gab es bisher keine Einigung: Die Gewerkschaft vida verlangte für die Boten ein Lohnplus von 8,7 Prozent, die Arbeitgeber waren nur zu einer Anhebung von 5,8 Prozent bereit.
Unterschiedliche Beschäftigungsmodelle
Uneinigkeit herrscht auch unter den Unternehmen: Während Lieferando seine Mitarbeiter anstellt, beschäftigt Foodora größtenteils freie Dienstnehmer. Die Gewerkschaft kritisiert dies als "Scheinselbstständigkeit". Der Bruttomonatslohn der Boten liege mit 1.730 Euro netto knapp an der Armutsgrenze, so der Vorwurf.
"Die aktuelle Entwicklung ist besorgniserregend. Die Löhne der Boten sind im Mai 2024 im Vergleich zu Anfang 2020 zwar um 15,5 Prozent gewachsen, aber die Preise haben sich im Schnitt um über 25 Prozent erhöht“, so Markus Petritsch, Vorsitzender vida, Fachbereich Straße, gegenüber KURIER. Die Gewerkschaft fordert, dass der Gesetzgeber gegen den Wettbewerbsvorteil von Unternehmen vorgeht, die hauptsächlich auf Freiberufler setzen. Zudem solle die Sozialversicherung verstärkt kontrollieren und Fälle von Scheinselbständigkeit prüfen.
Proteste in Europa auch bei Wolt
Foodora und Lieferando sind zwar die bekanntesten Anbieter hierzulande, aber nicht die einzigen. Noch recht jung am österreichischen Markt der Essens-Lieferdienste ist Wolt. Das finnische Unternehmen ist Teil des US-Konzerns Doordash und expandierte in den vergangenen Jahren in zahlreiche Länder. Seit 2023 hat die Wolt Austria GmbH ihren Sitz im 4. Bezirk in Wien.
Auch bei Wolt kam es in Europa immer wieder zu Protesten der Beschäftigten. Im Februar 2022 etwa demonstrierten die Fahrer und Fahrerinnen mit den hellblauen Taschen in Dänemark gegen ein neues Bezahlsystem. Dieses würde in Sachen Boni zu erheblichen Einschnitten im Lohn der Kuriere führen, zitierte die Copenhagen Post.
Der KURIER hat im Zuge all dieser Debatten bei den drei Lieferservices nachgefragt: Wie operieren sie, wohin liefern sie, wie werden die Fahrer und Fahrerinnen entlohnt und wie die Fortbewegungsmittel zur Verfügung gestellt? (Die Antworten wurden von den Unternehmen gegeben, wir geben sie teilweise gekürzt wieder.)
Der Frage-Antwort-Vergleich
In welchem Dienstverhältnis befinden sich die Fahrer und Fahrerinnen? Nach welchen Verträgen werden sie entlohnt?
foodora: Die große Mehrheit unserer 3.000 Rider entscheidet sich bewusst für eine Zusammenarbeit als freie Dienstnehmer. Sie sind vollversichert und werden wie alle anderen (unselbständig beschäftigten) Arbeitnehmer beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet. Sie sind somit kranken-, unfall-, pensions-, arbeitslosenversichert und unterliegen der Insolvenzentgeltsicherung. Sie erhalten daher unter den gleichen Bedingungen wie Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld, Krankengeld, etc. Ein Wechsel zwischen den Modellen ist zudem für verlässliche Fahrer:innen jederzeit möglich.
Lieferando: Österreichweit haben wir mehr als 1.000 Fahrerinnen und Fahrer. Lieferando stellt seine Boten in Österreich alle als echte Dienstnehmer regulär nach Kollektivvertrag an. Sie profitieren damit von Zulagen an Sonn- und Feiertagen sowie zur späten Stunde, 14 Monatslöhnen, Lohnfortzahlungen im Krankenstand, bezahlten Überstunden, einer arbeitgeberseitigen Versicherung, arbeitgeberseitig gestellten Arbeitsmitteln und anfallenden sozialversicherungspflichtigen Leistungen wie Unfall-, Kranken-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung.
Wolt: Wir arbeiten nicht mit Beschäftigungsverhältnissen, sondern ausschließlich mit freien Dienstnehmern. Wolt bietet vollkommene Flexibilität in der Zeiteinteilung. Man kann die Arbeit beginnen und beenden, wann immer man will, kombiniert mit der sozialen Absicherung eines freien Dienstnehmervertrages.
Wie viel beträgt das Grundgehalt, bzw. wie errechnet sich die Entlohnung der Rider?
foodora: Freie Dienstnehmer verdienen im Durchschnitt 13,20,- Euro pro Stunde (exkl. Trinkgeld). Der Verdienst pro Bestellung setzt sich aus einem Fixum für die Abholung und Zustellung sowie einem flexiblen Kilometergeld für die zurückgelegte Distanz zusammen. Echte Dienstnehmer werden nach dem Kollektivvertrag bezahlt (Brutto-Monats-Lohn 1.730 Euro plus variabler Komponenten wie Zulagen oder Pauschalen, Anm.), auch hier kommt das Trinkgeld noch hinzu.
Lieferando: Der Lohn entspricht dem geltenden Kollektivvertrag für Fahrradboten. Wichtig: Als echte Dienstnehmer müssen sie im Gegensatz zu freien Dienstnehmern weder ihren bezogenen Verdienst selbst versteuern, noch sich selbst auf eigene Kosten versichern. Nur Lieferando hat ausschließlich fest angestellte Boten.
Wolt: Die Bezahlung erfolgt auf Basis von Zustellungen und zurückgelegter Distanz.
In welchem Stundenausmaß sind die Fahrer und Fahrerinnen beschäftigt?
foodora: Das Freie Dienstnehmer-Modell zeichnet sich dadurch aus, dass sich Rider ihre Zeit komplett frei und flexibel einteilen können.
Lieferando: Wir haben Fahrer mit unterschiedlichem Wochenstunden-Umfang. In der Regel können sie bei ihrer Anstellung frei zwischen diversen Varianten wählen, auch nachträgliche Änderungen sind möglich. Die beidseitig vertraglich vereinbarte Wochenarbeitszeit verschafft ihnen Einkommens- und Planungssicherheit, zumal sie diese garantiert ausbezahlt bekommen, unabhängig von der Auftragslage, ihrer Arbeitsgeschwindigkeit oder Betriebspausen.
Wolt: Wir arbeiten nicht mit Beschäftigungsverhältnissen, sondern ausschließlich mit freien Dienstnehmern. Wolt arbeitet nicht mit Schichten. Im Durchschnitt arbeitet ein Zustellpartner etwa 15 Stunden die Woche.
Welche Regionen umfasst das jeweilige Liefergebiet?
foodora: foodora liefert österreichweit in 40 Städten mit eigener Flotte und hat damit die breiteste Abdeckung direkter Logistik. Darüber hinaus stehen Kund:innen in mehr als 400 weiteren Städten bzw. Gemeinden eine Angebotsvielfalt zur Verfügung, bei welchen Restaurant- und Einzelhandelspartner die Zustellung direkt übernehmen.
Lieferando: Lieferando ist in Österreich in jeder Stadt bundesweit nutzbar.
Wolt: Wolt ist weltweit in 29 Ländern und mehr als 800 Städten tätig. In Österreich derzeit in Wien, Graz und Salzburg.
Woher stammen die Fahrzeuge, mit denen die Fahrer und Fahrerinnen unterwegs sind (bei foodora: Woher stammen die Magenta-farbenen Mopeds?)?
foodora: foodora-Fahrer sind ausschließlich auf Fahrrädern oder E-Bikes unterwegs. Bei den angesprochenen Mopeds handelt es sich rechtlich um E-Bikes (< 25 km/h). Diese werden von den Fahrern selbstständig beschafft. Freie Dienstnehmer:innen verwenden per Definition eigene Betriebsmittel. Als Abgeltung für die Abnutzung des Fahrrades bekommen alle Fahrer:innen, die mit dem eigenen Rad fahren, Kilometergeld.
Zusätzlich kooperiert foodora mit Anbietern für Kauf oder Miete von (klassischen, nicht mopedartigen) E-Bikes, wobei unsere Rider:innen vergünstigte Konditionen erhalten. An foodora direkt wird dabei keine Miete gezahlt bzw. verdient foodora nichts an derartigen Kooperationen. Die vergünstigten Konditionen werden von foodora für interessierte Rider:innen ausgehandelt und auch teilweise subventioniert.
Lieferando: Wir setzen primär auf (Elektro-)Fahrräder, insbesondere in Stadtzentren oder dicht bewohnten Stadtteilen. Unsere Flotte umfasst aber auch Roller und Pkw. In Städten wie Wien, Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt oder St. Pölten bieten wir Dienstfahrräder aus zentral gelegenen Hub-Standorten, wobei Fahrer auch ihr eigenes Rad nutzen dürfen, um damit direkt von zuhause aus starten zu können.
Wolt: Wolt-Zustellpartner/in kann werden, wer über ein Fahrrad, einen Pkw oder ein Moped verfügt. Das jeweilige Fahrzeug stammt vom Zustellpartner, und den Einsatz des Fahrzeugs vergüten wir mit einer Distanzkompensation. Rund 95 Prozent der Zustellpartner sind mit Fahrrädern unterwegs.
Erhalten die Fahrer und Fahrerinnen Trinkgeld bei ihren Auslieferungen?
foodora: Durchschnittlich verdienen Freie Dienstnehmer 13,20 pro Stunde, echte Dienstnehmer:innen entsprechend dem KV. In beiden Fällen kommt das Trinkgeld noch hinzu, das entweder bar oder online direkt über die App gegeben werden kann. Dieses Trinkgeld, abzüglich gesetzlicher Abzüge, kommt ausschließlich den Ridern zugute. Zum Gesamtdurchschnitt liegen uns keine Informationen vor.
Lieferando: Die meisten Konsument:innen geben Trinkgeld und schätzen den Service unserer Kolleginnen und Kollegen. Wir empfehlen die in der Gastronomie üblichen 10 Prozent, erfassen Trinkgelder jedoch nicht.
Wolt: Digital ist es sowohl bei der Bestellaufgabe als auch nach der Lieferung der Bestellung möglich, Trinkgeld zu geben.
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