Der Mehrheitseigentümer der Energie AG ist das Land Oberösterreich mit 52,8 Prozent. Damit wird schon einiges klarer. Bei Jobvergaben im staatsnahen Umfeld gelten in Österreich immer noch andere Gesetze als bei privaten Unternehmen. Und die E-Wirtschaft war seit jeher eine Spielwiese der Landesfürsten, daran hat sich nichts geändert.
Nicht nur in der gesamten Energieszene spöttelt man über die Vorgänge rund um den oberösterreichischen Landesversorger. Auch in breiteren Wirtschaftskreisen ist man sehr verwundert, selbst mit der ÖVP sympathisierende Manager und Unternehmer schütteln nur noch den Kopf.
Die Hintergründe für die peinliche Posse um die Vorstandsbesetzungen haben, erraten, mit der Landtagswahl am 26. September zu tun. Natürlich bestreiten dies alle Beteiligten vehement, an der Spitze Aufsichtsratspräsident und ÖVP-Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner. Die Dementis sind freilich nicht sehr glaubwürdig.
Die Vorgeschichte: Der Vertrag des langjährigen Vorstandsvorsitzenden Werner Steinecker, 64, läuft Ende Februar 2022 aus, ebenso wie Technikvorstand Stefan Stallinger, 46. Beide werden der ÖVP zugerechnet, Stallinger derselben CV-Verbindung wie Landeshauptmann Thomas Stelzer. Kolar gilt als SPÖ-nahe, hat sich aber angeblich mit der FPÖ arrangiert.
Der Aufsichtsrat ist ein Spiegelbild der politischen Verhältnisse in OÖ. Die Tickets des Landes werden von ÖVP, SPÖ (aus der Zeit der großen Koalition) und FPÖ besetzt.
Die ÖVP spielt ganz offensichtlich auf Zeit. In OÖ dürften sich die Machtverhältnisse deutlich verschieben und solange die neue Landesregierung nicht steht, wird die Vorstandsfrage nicht entschieden. Stelzer spekuliert mit der absoluten Mehrheit, was Wunschbesetzungen im Landesversorger stark erleichtern würde. Als sein Top-Favorit wird Stallinger kolportiert.
Zuerst, berichten Aufsichtsräte, hätten die drei Vorstände ohne Ausschreibung um ein Jahr verlängert werden sollen. Dann kamen offenbar doch Zweifel auf, man bestellte beim Land ein Rechtsgutachten. Mit dem Ergebnis: Man kann nicht um ein Jahr verlängern, aber beim Vorliegen wichtiger Gründe kann verkürzt ausgeschrieben werden. Die privaten Aufsichtsräte sollen ganz und gar nicht amused gewesen sein.
Vorsitzender Achleitner argumentiert gegenüber dem KURIER mit „unternehmensseitigen Zielen, die eine befristete Ausschreibung sachlich rechtfertigen“. Neben altersbedingten Übergängen (Steinecker) sollten die Laufzeiten der Vorstandsverträge gleichgestellt werden. Dafür solle es eine Ausschreibung für den Gesamtvorstand im 1. Quartal 2022 geben, eine Wiederbestellung sei nicht ausgeschlossen. So könnte, folgert Achleitner, schon jetzt, wo sich ein Personalwechsel an der Spitze abzeichne, dafür gesorgt werden, dass die Energie AG einen Vorstand bekomme, der dann auch sofort zu arbeiten beginnen könne.
Eine Harmonisierung von Vorstandsperioden hat grundsätzlich Vor- und Nachteile und wird in der Wirtschaft völlig unterschiedlich gehandhabt. Bei der Energie AG geht es um eine Differenz von lediglich zwei Monaten. Dafür der ganze Aufwand?
Fragt sich, ob eine einjährige Bestellung tatsächlich im Interesse des Unternehmens ist. Kein ernst zu nehmender Manager von außen würde sich auf ein Jahr bewerben. Vorstände mit derart kurzer Ablaufzeit gelten als Lame Ducks, lahme Enten, die extern und intern wenig ernstgenommen werden. Das sieht Achleitner anders, „dann würden Vorstände generell im letzten Jahr ihrer Funktionsperiode nicht mehr handlungsfähig sein“. Dem aktuellen Vorstand attestiert Achleitner „ausgezeichnete Arbeit“. Das wird auch in der Branche so gesehen.
Mit der aktuellen Ausschreibung ist die Trescon Personalberatung beauftragt. Dieses Honorar könnte sich das Unternehmen eigentlich sparen.
andrea.hodoschek
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