70 Milliarden Tonnen: Rekordfund von Phosphat in Norwegen

70 Milliarden Tonnen: Rekordfund von Phosphat in Norwegen
Eine Investorengruppe will in Norwegen das offenbar weltweit größte Vorkommen an rohstoffreichem Gestein erschließen.

Die Region um die Kleinstadt Egersund im Südwesten Norwegens sieht aus wie in der Tourismuswerbung. Bunte Häuser, viel Grün, eine malerische Küstenlandschaft. Doch die Idylle könnte bald gestört werden, denn darunter lagert ein riesiges Vorkommen von Phosphatgestein mit Vanadium und Titan. Kritische Rohstoffe, die Europa derzeit importieren muss.

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Als kritisch definiert die EU wichtige Rohstoffe aus wenig stabilen Ländern oder aus Staaten, die unsere Werte nicht teilen. Allen voran China und Russland. „Die Pandemie hat gezeigt, wie fragil unsere Lieferketten für Chips und Komponenten aus Asien sind. Und der Ukraine-Krieg zeigt, dass Russland seine Rohstoffe als Waffen einsetzt“, sagt der Schweizer Investor Michael Wurmser, Gründer und Vize-CEO des Rohstoffunternehmens Norge Mining.

70 Milliarden Tonnen: Rekordfund von Phosphat in Norwegen

Bei Phosphat könnte Europa in einigen Jahren tatsächlich unabhängig werden, ist Wurmser im Gespräch mit dem KURIER zuversichtlich. Die EU hat für dieses Projekt bereits Förderungen in Milliardenhöhe in Aussicht gestellt, in Form von nicht rückzahlbaren Garantien über die Europäische Rohstoffallianz Erma.

Größer als erwartet

Diese werden auch notwendig sein. Norge Mining hatte vom norwegischen Staat fünf Förderlizenzen erstanden. Doch nach Probebohrungen und Strahlenmessungen zeigte sich, dass man die Größenordnungen des Vorkommens gewaltig unterschätzt hatte. Das Fördergebiet ist dreimal so groß wie Paris.

Das Gesamt-Volumen an rohstoffreichem Gestein wird auf mindestens 70 Milliarden Tonnen geschätzt, das wäre das bis dato weltweit größte bekannte Vorkommen. „Das hatte niemand erwartet. Wir wurden plötzlich zum geopolitischen Player“, schildert Wurmser.

70 Milliarden Tonnen: Rekordfund von Phosphat in Norwegen

Am wichtigsten ist das Phosphatgestein, der Fund könne den Bedarf von ganz Europa auf Jahrzehnte abdecken. „Europa wäre politisch nicht mehr erpressbar und könnte zusätzlich noch exportieren. Der Bergbau ist in Europa zurück“. Zum Vergleich: Derzeit ist China mit einer Förderung von knapp 28 Millionen Tonnen weltweit die Nummer eins (siehe Grafik). Bis die Förderung anläuft, dauert es allerdings noch.

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70 Milliarden Tonnen: Rekordfund von Phosphat in Norwegen

Anfang 2025 ist der Baubeginn der Mining-Anlagen geplant, ab 2027/28 könnte dann die Förderung anlaufen. Kalkuliert wird derzeit mit Investitionskosten von mindestens 2,5 Milliarden Euro. Das internationale Interesse sei laut Wurmser enorm.

In Österreich führte der ehemalige Devisenhändler in den vergangenen Monaten erste Gespräche mit dem RWA-Konzern (Raiffeisen Ware Austria), der als Händler für das Phosphat auftreten würde. Titan wird in der Luftfahrtindustrie benötigt, für Batterien und in der Rüstungsbranche. Vanadium ist in großen Batterien für Windkraft und Solarenergie.

Da der Abbau Klimaschützer und Umweltorganisationen auf den Plan rufen wird, betont Wurmser die Nachhaltigkeit und schwärmt von „grünem“ Phosphor. „Wenn am Anfang der Wertschöpfung keine Nachhaltigkeit dargestellt wird, ist die ganze Wertschöpfung inklusive des Produktes am Ende der Kette nicht nachhaltig“. Fazit: Das CO2 werde verflüssigt und am Meeresgrund eingelagert. Diese Technologie (Carbon Capture and Storage, CCS) ist freilich auch umstritten.

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