Kurzarbeit reloaded: Was Betriebe jetzt wissen müssen
Der vierte Lockdown wird Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit erneut in die Höhe treiben. Arbeitsminister Martin Kocher geht von mehr als 400.000 Arbeitslosen im November aus und rechnet mit einem Kurzarbeitsanstieg auf 350.000 bis 400.000 Betroffene. Zum Vergleich: Im November 2020 waren 360.000 Menschen in Kurzarbeit. Wie schlimm die Lage letztlich wird, hängt davon ab, ob im Handel das Weihnachtsgeschäft und im Tourismus die Wintersaison fortgesetzt werden kann.
Für tausende Betriebe wurde das teuerste, aber wirksame Kriseninstrument zum Job-Erhalt quasi über Nacht schlagend. Viele rätseln, was denn nun überhaupt gilt. Der KURIER verschaffte sich einen Überblick über die inzwischen recht unübersichtlichen Regelungen:
1. Welche Kurzarbeitsregel gilt jetzt überhaupt?
Es gibt in der Phase 5 zwei Varianten der Kurzarbeit. Eine für besonders betroffene Betriebe sowie behördlich geschlossene Betriebe (Tourismus, Handel, Dienstleister) und eine zweite für alle übrigen Betriebe (Industrie, Bau). Bei der ersten Variante kann die Arbeitszeit während der Lockdown-Zeit wieder auf null Prozent reduziert werden und die Betriebe erhalten die volle Kurzarbeitsbeihilfe. Bei der zweiten Variante gibt es eine Mindestarbeitszeit und einen Selbstbehalt, die Förderung beträgt maximal 85 Prozent.
2. Muss ein Umsatzentgang nachgewiesen werden?
Nein. Für behördlich geschlossene Betriebe sowie für Betriebe, die Kurzarbeit nur für die Zeit des Lockdowns beantragen, entfällt die Pflicht, den wirtschaftlichen Schaden durch eine Steuerberatung bestätigen zu lassen.
3. Für wie lange soll überhaupt die Kurzarbeitsbeihilfe beantragt werden?
Die Wirtschaftskammer empfiehlt, sie gleich bis zum geplanten Ende des Lockdowns (12.12. bzw. 17.12. in OÖ) zu beantragen. Falls der Lockdown wider Erwarten kürzer dauert, müsste der Antrag verbessert werden.
4. Kann die Beihilfe auch rückwirkend beantragt werden?
Ja. Die Antragstellung ist für alle Unternehmen, die Kurzarbeit während des Lockdowns beginnen, 14 Tage rückwirkend ab Beginn der Kurzarbeit möglich. Die Frist endet mit Ablauf des 14. Tages nach Beginn der Kurzarbeit, spätestens mit 15. Dezember (OÖ: 19. Dezember).
5. Wie viel Geld erhalten die Arbeitnehmer?
Arbeitnehmer erhalten je nach Einkommenshöhe 80, 85 oder 90 Prozent ihres bisherigen Bruttoentgelts. Es gebührt am Monatsende immer die garantierte Bruttoersatzrate (80/85/90%), unabhängig davon, wie viel Stunden geleistet wurden. Das AMS ersetzt dem Arbeitgeber die kurzarbeitsbedingten Mehrkosten. Tatsächlich geleistete Stunden müssen aber abgegolten werden. Für Einkommen über 5.370 Euro wird keine Beihilfe gewährt.
6. Können Lehrlinge in Kurzarbeit geschickt werden?
Ja, sie erhalten dann 100 Prozent der bisherigen Lehrlingsentschädigung. Die Verpflichtung, mindestens 50 Prozent der Ausfallzeit für Aus- und Weiterbildung zu nutzen, entfällt für die Monate November und Dezember 2021.
7. Gibt es eine Mindestbeschäftigungsdauer?
Ja. Für die Beihilfe muss ein Arbeitnehmer zumindest einen vollen Kalendermonat im Betrieb beschäftigt sein. Damit kann für viele Saisonniers, die erst mit Anfang November eingestellt wurden, keine Kurzarbeit beantragt werden. Arbeitsminister Kocher lehnte eine diesbezügliche Forderung von Touristikern mit Hinweis auf das EU-Beihilfenrecht und wegen Missbrauchsgefahr ab.
8. Wie wird möglicher Missbrauch kontrolliert?
Durch die Finanzpolizei. Heuer wurden bis Ende Oktober mehr als 4.500 Betriebe und 12.800 Arbeitnehmer in Zusammenhang mit der Kurzarbeit kontrolliert. Dabei wurden 300 Übertretungen festgestellt und Geldstrafen in Höhe von 520.000 Euro beantragt.
9. Darf während der Kurzarbeit gekündigt werden?
Jein. Grundsätzlich gilt eine Behaltepflicht bis einen Monat nach Kurzarbeit-Ende. Es gibt jedoch Ausnahmen, etwa wenn der Fortbestand des Unternehmens gefährdet ist oder Betriebsrat bzw. Gewerkschaft zustimmen.
10. Wie lange kann Kurzarbeitsbeihilfe bezogen werden? In direkt betroffenen Branchen steht die ungekürzte Beihilfe bis Jahresende zu. Die zweite Variante läuft mit Ende Juni 2022 aus.
Weitere Detailinfos zur Kurzarbeit bietet die Wirtschaftskammer sowie die Arbeiterkammer und Gewerkschaft unter jobundcorona.at
Kommentare