Credit Suisse: Kann das Schweizer Bankenvirus eine Pandemie werden?
Zuerst drei US-Banken, die Pleite gegangen sind, und nur eine Woche später die Schweizer Großbank Credit Suisse, die in solch finanzielle Schwierigkeiten geraten ist, dass sie vom Rivalen UBS mit staatlicher Unterstützung (und Druck) übernommen werden musste. Auch wenn die Fälle nichts miteinander zu tun haben, ist binnen weniger Tage die Bankbranche weltweit in Aufruhr geraten. Und mit ihr Börsianer und Kunden. Viele stellen sich die Frage, ob das alles in eine Finanzkrise wie 2008 münden könnte. Und ob sie ihre Gelder besser abziehen sollten.
Die meisten Beobachter halten die Sorgen für unbegründet. Ja, die Kursstürze erinnern an die dunklen Tage des September vor 15 Jahren. Auch damals standen Verluste im knapp zweistelligen Prozentbereich an der Tagesordnung. Vor allem nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers gab es keinerlei Halten mehr, die Kurse stürzten ab, und die Kunden begannen, ihre Ersparnisse abzuziehen.
"Too big to fail"
Doch die Zeiten haben sich geändert. Geschichte muss sich nicht wiederholen, sofern man aus ihr lernt. 2008 hat man Lehman pleite gehen lassen, das wäre bei einer Bank dieser Größenordnung – Stichwort „too big to fail“ – heute undenkbar. Und wie das Beispiel Credit Suisse zeigt, sind Aufseher und Politiker dahinter, dass schnell und unbürokratisch Lösungen gefunden werden, wenn es eng wird.
Auch die Vorsorgen für einen Ernstfall wurden in den vergangenen Jahren verschärft. Risikogeschäfte müssen mit mehr Eigenkapital unterlegt sein als früher; und ob die Institute die Anforderungen noch erfüllen, wird anhand regelmäßiger „Stresstests“ überprüft. Bei diesen werden Szenarien durchgespielt, bei denen die Banken unter Druck gesetzt werden. Die größten Institute Europas werden nicht nur von den jeweiligen Aufsichten ihres Landes kontrolliert, sondern auch von der Europäischen Zentralbank.
Und die Credit Suisse leidet unter keinem Systemproblem. Auslöser für den Crash waren hausgemachte Fehler und keine Immobilienkrise wie 2008.
Enge Vernetzung
Also alles in Butter? Nein. Denn die Vernetzung ist noch enger als damals. Nicht nur zwischen den Banken, sondern auch über soziale Netzwerke, die es damals noch nicht gab. So beklagen sowohl die Chefin der Schweizer Finanzmarktaufsicht als auch der CS-Aufsichtsrat Gerüchte in den sozialen Medien, die das „Fass zum Überlaufen“ gebracht hätten. Und auch auf Produktseite wird es zum Problem, wenn diese in alle Welt verkauft werden (etwa die AT1-Anleihen der CS, siehe Artikel links).
Ein definitives Ende der aktuellen Bankenkrise sieht Wifo-Ökonom Thomas Url noch nicht, die „Schweizer Angelegenheit“ sei aber wohl erledigt. Er rechnet aber damit, dass in den USA noch einige Institute durch abströmende Einlagen in eine Liquiditätskrise kommen werden.
Abschreibungen
Und infolge der schnell steigenden Geldmarktzinsen verlieren Anleihen in den Portfolios der Banken an Buchwert, was bei vielen zu Abschreibungen führen dürfte. Das Problem wird aber erst im Laufe des Jahres sichtbar.
„Niemand kann zu diesem Zeitpunkt ausschließen, dass es auch in Deutschland und Europa zu einer Bankenkrise kommen wird“, sagt Marcel Fratscher, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Meine größte Sorge ist, dass es zu einer Panik in den Kapitalmärkten und bei Anlegern und Sparern kommt, da niemand weiß, welche Banken noch in Schieflage geraten könnten.“ Ein Bankrun wäre die Folge – wie 2008.
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