Causa Chorherr: Strafprozess startet am 8. November
„Der Ort, wo das letztlich entschieden wird, ist eine öffentliche Gerichtsverhandlung, wo alle Aspekte beleuchtet und Zeugen gehört und schließlich ein/e unabhängige/r Richter/in einen Urteilsspruch fällt“, twitterte Christoph Chorherr, der frühere Wiener Grünen-Politiker, anlässlich der Anklageerhebung im November 2021. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass ich dort, fußend auf den Ermittlungsergebnissen darlegen kann, dass ich die Vorwürfe der Anklageschrift entkräften werde.“
Die Chance einer öffentlichen Verhandlung bekommen Chorherr und neun weitere Angeklagte, darunter der Industrielle Michael Tojner, die Immobilienunternehmer Günter Kerbler und Erwin Soravia sowie der Signa-Boss René Benko in wenigen Wochen. Der Wiener Richter Michael Tolstiuk hat für den Start der Hauptverhandlung am 8. November 2022 den Großen Schwurgerichtssaal am Straflandesgericht Wien reservieren lassen und elf weitere Verhandlungstage bis einschließlich 20. Dezember 2022 anberaumt.
Die Vorwürfe
Chorherr und die Immobilienunternehmer stehen im Verdacht des Amtsmissbrauchs bzw. der Anstiftung zum Amtsmissbrauch sowie im Verdacht der Bestechlichkeit und der Bestechung in unterschiedlichen Beteiligungsformen. Bei inkriminierten Zahlungen höher als 50.000 Euro beträgt die Strafdrohung ein bis zehn Jahre Haft. Außerdem wurden gegen 21 Firmen Geldbußen beantragt.
Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft Chorherr vor, dass er im Zuge seiner Tätigkeit als Planungssprecher der Wiener Grünen Spenden für den gemeinnützigen Verein s2arch lukriert hat, dessen Obmann er bis 2018 war.
Der Verein errichtete in Südafrika zwei Schulen und zwei Behinderten-Einrichtungen sowie mehrere Kindergärten. Die Angeklagten stehen im Verdacht, nur deshalb an den Verein gespendet zu haben, weil sie sich vom Amtsträger Chorherr angeblich Vorteile bei Immobilien-Widmungsverfahren versprochen hätten.
Der Verein hat von 2007 bis 2017 rund 3,72 Millionen Euro an Spenden eingenommen. Angeklagt sind ab er nur Spenden in Höhe von insgesamt 1,6 Millionen Euro.
Laut der 47 Seiten starken Anklage soll Chorherr als Amtsträger mit verschiedenen Widmungswerbern von Immobilienprojekten und mit den Sachbearbeitern der zuständigen Magistratsabteilung Gespräche geführt haben, um die Tätigkeit dieser Amtsträger mit dem „stets präsenten politischen Willen zu beeinflussen“. Schlussendlich soll er im Gemeinderat über konkrete Widmungsansuchen abgestimmt haben. Für seine Leistungen soll Chorherr „Schmiergeld“ in Form der Spenden-Zahlungen an den Verein s2arch erhalten haben.
Keine Enthaltung
Dabei soll er „Projekte von Einzahlern günstig behandelt“ haben. Außerdem dürfte er über Bauprojekte im Gemeinderat abgestimmt haben, obwohl er sich laut WKStA „jeglicher Tätigkeit zu enthalten gehabt hätte“. Sämtliche Spender sollen laut WKStA gewusst haben, dass der Verein im Einflussbereich von Chorherr steht. Der frühere Grüne soll es „unterlassen haben, die finanzielle Beziehung zu den Spendern offen zu legen“. Vielmehr soll er den Spendern „als gewogener Ansprechpartner der Politik zur Verfügung gestanden“ sein.
Indes hatte Chorherr eine sogenannte Diversion (Geldbuße, gemeinnützige Arbeit) beantragt, sprich die Beendigung der Causa ohne förmliches Verfahren und ohne Schuldspruch. Doch damit ist er bei der WKStA abgeblitzt.
Laut Strafrechtlern gibt es bei Amtsmissbrauch in Verbindung mit Bestechlichkeit bzw. Bestechung von Gesetzes wegen keine Diversion.
Das Sagen die übrigen Angeklagten
Auch alle übrigen Angeklagten bestreiten die Anschuldigungen. „Unser Mandant Michael Tojner sowie seine Unternehmen haben keine Handlungen gesetzt, die strafrechtlich in irgendeiner Form relevant wären“, kontert Tojners Anwalt Karl Liebenwein. „Die zulässig geleisteten Spendenzahlungen im geringsten Ausmaß standen in keinem Zusammenhang mit dem Widmungsverfahren Heumarkt und es gab keine Einflussnahmen, welcher Art auch immer.“ Man sei überzeugt, die Vorwürfe in der Hauptverhandlung restlos aufklären zu können.
In dieselbe Kerbe schlägt Kerblers Anwalt Johann Pauer: „Die Vorwürfe sind falsch und werden im Rahmen der Hauptverhandlung rasch zu entkräften sein.“ Immobilienentwickler Erwin Soravia, der 15.000 Euro spendete, lässt über einen Sprecher ausrichten, dass er korrekt gehandelt habe und er sich sicher ist, dass das vom Gericht bestätigen wird. Vom Sprecher René Benkos gab es kein Statement.
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