1.700 ukrainische Flüchtlinge im Job angekommen
Der Zulauf zum österreichischen Arbeitsmarkt hält sich (noch) in Grenzen. "Täglich kommen etwa 40 bis 60 neue Fälle zu uns. Wir sind derzeit nicht überlastet", berichtet AMS-Wien-Chefin Petra Draxl dem KURIER. Exakt 884 ukrainische Staatsbürger, 700 davon Frauen, sind in Wien als arbeitssuchend gemeldet.
Die Palette an Qualifikationen ist bunt gemischt. Eine Häufung gibt es bei Ärztinnen (35), Reinigungskräften (22) sowie Krankenpflegepersonal (20). Auch Verkäuferinnen, Buchhalterinnen und sonstige Büroangestellte sind gut vertreten. Beim AMS gemeldet hat sich aber auch ein Generaldirektor, ein Kapitän und eine Musicaldarstellerin.
"Weil wir halt viele Frauen haben, gibt es eine Häufung im Gesundheits- und im pädagogischen Bereich sowie bei Büroberufen, der Rest verteilt sich auf viele Branchen", erläutert Draxl. Die erhofften Technik- und IT-Fachkräfte seien aktuell nicht darunter.
Bewilligungspflicht
Nur etwa die Hälfte der 18.000 derzeit in Wien registrierten Geflüchteten stünden dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, schätzt Draxl. Der Rest seien Kinder, Pensionisten oder Mütter mit Kleinkindern. Die Datenlage ist unübersichtlich, da sich die UkrainerInnen mit Sonderaufenthaltstitel nicht beim AMS melden müssen und sich daher oft selbst nach einem Job umschauen.
Anders als in Deutschland wird für die Arbeitsaufnahme aber eine Beschäftigungsbewilligung vom AMS benötigt. "Damit wissen wir überhaupt erst, wie viele Ukrainer in Österreich arbeiten", sagt Draxl. Nach Meldung des Unternehmens überprüft das AMS die Einstellungsmodalitäten in der Regel in wenigen Tagen. 248 solcher Bewilligungen hat das AMS Wien bereits erteilt, weitere 297 befinden sich in Bearbeitung. Österreichweit sind es gut 1.700 Beschäftigungsbewilligungen. Die meisten würden zwischen 30 Stunden und Vollzeit arbeiten.
Hilfskräfte
Gleich einen Job annehmen können nur jene, die entweder gut Deutsch können oder eine Arbeit finden, wo dies nicht zwingend erforderlich ist. Viele kamen daher in der Landwirtschaft (als Erntehelfer), bei Gärtnereien oder als Hilfskräfte in der Gastronomie und Hotellerie sowie im Handel unter. Größte Arbeitsmarkthürden sind neben der Sprache derzeit die Kinderbetreuung und die Anerkennung der erworbenen Qualifikation.
Lohn- und Sozialdumping
Die Gewerkschaft warnte zuletzt vor einem Lohn- und Sozialdumping durch Unterentlohnung. In Österreich müssen bei der Gehaltseinstufung nämlich auch die Vordienstzeiten berücksichtigt werden. Bei Personen aus Drittstaaten ist dies rechtlich jedoch nicht vorgeschrieben - und in der Praxis auch schwer zu überprüfen. Das AMS kontrolliert bei der Job-Bewilligung zumindest, ob das kollektivvertragliche Mindestgehalt bezahlt wird.
Arbeitsminister Martin Kocher schätzt, dass etwa 10.000 bis 20.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge auf dem österreichischen Arbeitsmarkt gut integrierbar seien. Aktuell gebe es 124.000 offene Stellen beim AMS.
Zahlreiche heimische Unternehmen bieten Jobs für ukrainische Flüchtlinge an. Bei der AMS-Jobplattform "alle jobs" richten sich über 3.000 Stellenangebote auch explizit an geflüchtete Personen aus der Ukraine. Über die vor einem Monat von karriere.at und Partnern gestartete Jobplattform ukrainejobs.at wurden bisher mehr als 800 Bewerbungen versendet.
Verdrängungskampf
Dass die Betriebe nun ganz gezielt nach Arbeitskräften aus der Ukraine nachfragen und eiligst spezielle Job-Plattformen eingerichtet wurden, hat aber auch eine Schattenseite. Andere Flüchtlingsgruppen, vor allem junge Männer aus Syrien und Afghanistan, haben es laut Draxl dadurch schwerer, einen Arbeitsplatz zu finden. Sie stellen aber eine viel größere Gruppe als die Ukrainer dar und die meisten von ihnen wollen nicht so rasch wie möglich wieder in ihre Heimat zurückkehren.
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