Ein rascher, unbürokratischer Arbeitsmarktzugang wurde ukrainischen Staatsbürgern versprochen. Mit dem EU-Aufenthaltstitel, der „blauen Karte“, erhalten Geflüchtete eine vorerst auf ein Jahr befristete Beschäftigungsbewilligung. Unter den Geflüchteten befinden sich aber Tausende Jugendliche, die noch gar keine Berufsausbildung haben. Zugleich gibt es rund 10.000 Lehrstellen, die aktuell nicht mit Inländern besetzt werden können.
Bewilligung nur befristet
Das Problem: Eine Lehre dauert drei oder vier Jahre, die Sonder-Aufenthaltsgenehmigung für Ukrainer ist aber auf ein Jahr befristet. Und Asylwerbern wurde bisher die Lehre verwehrt, weil ja ihr Bleibestatus noch unklar ist. Die Neos und die Wirtschaftskammer (WKO) drängen daher auf eine rasche Lösung der Lehrlingsfrage. Die Neos fordern konkret eine eigene Rot-Weiß-Rot-Karte (RWR-Karte) für Lehrlinge aus Drittstaaten.
Neos-Lehrlingssprecher Yannick Shetty erinnert daran, dass die schwarzblaue Regierung bereits 2019 die Lehre für Asylwerber erleichtern wollte. Ein damals vorgelegter Gesetzesentwurf wurde aber nicht mehr beschlossen, weil bekanntlich die Regierung platzte. Mit der RWR-Card könne man junge Ukrainer für eine Ausbildung in einem Mangelberuf motivieren. Das sei „eine Win-Win-Situation für Betriebe und Lehrlinge gleichermaßen“.
Bleibeperspektive
Auch die Wirtschaftskammer (WKO) will den ukrainischen Jugendlichen über einen eigenen Aufenthaltstitel eine vollständige Lehrausbildung in Österreich ermöglichen. „Nach Abschluss der Lehre soll ein nahtloser und erleichterter Umstieg auf die Rot-Weiß-Rot–Karte ermöglicht werden“, heißt es aus der WKO. Für die Jugendlichen soll dadurch eine Bleibeperspektive geschaffen werden. In vielen Berufen bzw. Regionen könne der Bedarf an Lehrlingen nicht mehr über das Inland gedeckt werden.
Die Arbeiterkammer (AK) sieht ebenfalls Handlungsbedarf bei den ukrainischen Jugendlichen, warnt aber zugleich vor einer generellen Aufweichung der Zuwanderungskriterien für den Arbeitsmarkt. „Die RWR-Karte für die Ausbildung zu öffnen, wäre ein Systembruch“, meint Johannes Peyrl, Migrationsexperte bei der AK Wien. Sprich: Die Aussicht auf eine berufliche Ausbildung in Österreich könnte viele Migranten aus Drittstaaten anlocken.
Die AK fürchtet außerdem, dass ukrainische Flüchtlinge ausgenützt werden könnten. AK-Wien-Direktor Christoph Klein pocht daher auf eine verpflichtende Vorab-Meldung beim AMS, wenn ein Betrieb einen Flüchtling einstellt. Damit könne festgestellt werden, in welchen Branchen und Jobs die Menschen untergekommen sind und bei arbeitsrechtlichen Verstößen rascher eingeschritten werden. Zudem müsse das derzeit wenig abschreckende Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetz (LSDBG) verschärft werden.
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