Ukrainische Flüchtlinge: AK fürchtet Lohn- und Sozialdumping
Ukrainische Flüchtlinge dürfen mit Sondeaufenthaltstitel sofort in Österreich arbeiten. Wie viele dies in den nächsten Wochen und Monaten tun werden ist noch unklar, vor allem in den Niedriglohnbranchen wird aber schon eifrig um Arbeitskräfte geworben. Die Arbeiterkammer (AK) fürchtet angesichts des freien Arbeitsmarktzuganges eine Ausbeutung der Beschäftigten und fordert daher eine verpflichtende Meldung beim AMS sowie eine Verschärfung des Lohn- und Sozialdumping-Bekämpfungsgesetzes (LSDBG).
Skandale wie im Vorjahr beim Maskenhersteller Hygiene Austria oder bei den Paketzustellern von Amazon dürften sich nicht wiederholen, so AK-Wien-Direktor Christoph Klein bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. Eine verpflichtende Meldung beim AMS, wenn eine ukrainische Arbeitskraft eingestellt wird, sei daher nötig. Damit könne festgestellt werden, in welchen Branchen und Jobs die Menschen untergekommen sind und bei arbeitsrechtlichen Verstößen rascher eingeschritten werden. "Wir fürchten sonst, dass wir wieder mit ausbeuterischen Verhältnissen konfrontiert werden", so Klein.
Korrekte Einstufung
Der ÖGB verwies zuletzt darauf, dass bei vielen Job-Inseraten für Ukrainie-Flüchtlinge die verpflichtende Gehalts-Angabe fehle. Auch die korrekte Lohn- und Gehaltseinstufungen müssten gemacht beziehungsweise eingehalten werden. "Es reicht nicht zu kontrollieren, ob die Anmeldung eines Arbeitnehmers erfolgt ist, auch die Einstufung muss überprüft werden", betonte ÖGB-Chef Wolfgang Katzian.
Abschreckende Strafen
Das bestehende LSDBG ist aus der Sicht der AK nicht abschreckend genug, weil das Strafausmaß zuletzt herabgesetzt wurde. Der Strafrahmen müsse unbedingt erhöht werden, fordert Klein. Auch müsse es mehr Kontrollen vorort geben.
123 Verfahren gegen Hygiene Austria
Im Beschäftigungsskandal beim Maskenhersteller Hygiene Austria wurden und werden inzwischen 123 Verfahren geführt. Der Gesamtstreitwert liegt bei rund einer halben Million Euro. In knapp der Hälfte der Fälle wurden den Arbeitnehmern bereits Nachzahlungen geleistet oder bereits vollstreckbare Zahlungsbefehle erlassen.
Allerdings haben trotz dieser Zahlungsbefehle die meisten Beschäftigten noch kein Geld bekommen, weil ihre unmittelbaren Arbeitgeber offenbar nicht mehr zahlungsfähig seien, berichtet Bianca Schrittwieser, Leiterin der Abteilung Arbeitsrecht der AK Wien.
Schaden für Steuerzahler
Zwei von mehreren Sub-Firmen, die Personal bereitgestellt hatten, sind insolvent, die Ansprüche der Beschäftigten müssen beim Insolvenz-Entgelt-Fonds (IEF) eingefordert werden. Das heißt der Steuerzahler bleibt auf den finanziellen Schaden durch den Skandal sitzen.
„Der Fall Hygiene Austria hat wieder einmal gezeigt, wie wichtig die wirksame Bekämpfung von Schwarzbeschäftigung und Lohndumping ist, um Arbeitnehmer:innen vor Ausbeutung sowie die korrekt entlohnenden österreichischen Firmen vor einem schmutzigen Preiskampf zu schützen, den sie nicht gewinnen können“, sagt Schrittwieser.
System Amazon
Vor allem Geflüchtete oder Migranten würden auch als Paketzusteller bei den Amazon-Partnerfirmen oft ausgebeutet. Arbeitsrechtsverletzungen im Kleinstransportgewerbe sind laut AK an der Tagesordnung. AK und Gewerkschaft fordern schon länger eine Haftung des Erstaufttraggebers, also Amazon.
Amazon weist die Vorwürfe in einer Stellungnahme entschieden zurück. „Die Behauptungen entsprechen keinesfalls der Realität für die Hunderte Menschen, die bei Lieferpartnern:innen in Österreich beschäftigt sind und jeden Tag Pakete zu Amazon Kund:innen bringen. Wir hören zu, untersuchen und handeln, wenn wir hören, dass ein Partner:in die Erwartungen nicht erfüllt.“
Mehr als 2 Millionen Beratungen
Insgesamt hat die AK im Vorjahr 2,1 Millionen Beratungen durchgeführt und für ihre Mitglieder 423 Millionen Euro in den Bereichen Arbeitsrecht, Steuerrecht, Konsumentenschutz, Insolvenzen und Sozialversicherung herausgeholt. Die Zahl der AK-Mitglieder lag zu Jahresende 2021 bei rund 3,9 Millionen.
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