Abschwung: Am Ende des Tunnels ein grünes Licht
Die Konjunkturprognose, die die EU-Kommission in der Vorwoche präsentierte, hatte einige gute Nachrichten parat.
Ein Beispiel: Italien ist zwar mit einem Wirtschaftswachstum von 0,1 Prozent heuer und 0,4 Prozent nächstes Jahr das absolute Schlusslicht in der EU. Dennoch kann das hoch verschuldete Land ein Abrutschen in die Rezession vermeiden.
Ein Krisenjahr wie 2009, als bis auf Polen alle EU-Länder an Wirtschaftsleistung verloren haben, ist meilenweit entfernt. Nicht nur die EU wird sich aber an ein gemächlicheres Tempo als in den Vorjahren gewöhnen müssen.
Stark verflochten
Österreichs Bruttoinlandsprodukt wird heuer um 1,5 Prozent und nächstes Jahr um 1,4 Prozent wachsen, lautet die Prognose. Alles andere als rasant, aber dennoch spürbar besser als der Durchschnitt der Eurozone (1,1 bzw. 1,2 Prozent). Österreich hilft auch, dass die Wirtschaft mit jener in Osteuropa verflochten ist, wo es heuer teilweise noch Wachstumsraten von gut vier Prozent gibt.
Geht es nach der Industriestaaten-Organisation OECD, wird die gesamte Weltwirtschaft heuer nur um 2,9 Prozent und nächstes Jahr um 3,0 Prozent zulegen. Das wären die schlechtesten Werte seit zehn Jahren. Schuld daran sind unter anderem die Handelskonflikte, angesichts derer Investitionen verschoben oder gar abgeblasen werden. Wie sehr Zollstreitereien und wütende Präsidenten-Tweets aus den USA die Ex- und Importe belasten, ist am Welthandel abzulesen. Vor einem Jahr setzte hier eine Flaute ein, seit damals schrumpft der Welthandel (siehe Grafik oben).
Nicht eingerechnet
Der Internationale Währungsfonds (IWF) ist eine Spur optimistischer als die OECD, was die Konjunkturentwicklung betrifft. Die Weltwirtschaft werde heuer und nächstes Jahr um 3,0 bzw. 3,4 Prozent wachsen, lautete die Prognose bei der Herbsttagung Mitte Oktober. Ob der Wert für heuer hält, bleibt abzuwarten, ist er davor doch bereits vier Mal gesenkt worden.
Ob ein Nuller, Einser oder Zweier vor dem Komma steht – mit dem Bruttoinlandsprodukt wird nur erfasst, wie viele Waren und Dienstleistungen hergestellt werden, so Kritiker. Wie sehr die Umwelt belastet wird, wird nicht berechnet.
Mythos
Effizientes Wirtschaften und Umweltschutz schließen einander jedoch nicht aus: „Es ist ein Mythos, dass sich das widerspricht“, sagt Jens Burchardt, globaler Experte für Klimaauswirkungen und emissionsarme Technologien von der Boston Consulting Group (BCG). Europa importiere einen hohen Anteil fossiler Energieträger, was nicht nur für das Klima schlecht sei, sondern auch der Volkswirtschaft teuer komme. Besser wäre es, sich von diesen Energieträgern schrittweise zu verabschieden und sich innovativeren Technologien zuzuwenden.
Hier sei Europa in einigen Bereichen weltweit führend, wie bei Umwelttechnologien. Weg von Gasheizungen, hin zu Wärmepumpen und Windrädern, müsse die Devise heißen. „Die Unternehmen haben die Chance, sich in Technologien zu positionieren, von denen man weiß, dass sie wachsen werden“, sagt Burchardt. Um Österreich zu dekarbonisieren, müssten bis 2050 jährlich rund drei Milliarden Euro investiert werden. Das Bruttoinlandsprodukt würde dadurch um rund ein Prozent steigen, wodurch sich die Investitionen rechnen würden.
Regeln
„Märkte bringen nicht per se positive oder negative Ergebnisse, vielmehr ist es wichtig, dass die Regelwerke funktionieren“, sagt Sigrid Stagl, Umweltökonomin von der Wirtschaftsuniversität Wien. Wenn man zum Beispiel SUV-Fahren teurer machen würde, würde es wahrscheinlich immer noch ein paar Leute geben, die sich das leisten würden, doch würde sich diese Gruppe langsam auflösen.
Man dürfe nicht nur an Steuererhöhungen denken, sondern müsse ein ganzes Maßnahmenbündel schnüren; dazu gehören unter anderem neue Gesetze oder Standards für Industrieprodukte. Auch müsse man sich von Altem trennen. Man könnte aufhören, junge Leute für umweltunfreundliche Technologien, wie die Mineralölindustrie, auszubilden.
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