3-G-Pflicht im Job wird zur Zerreißprobe für Betriebe
Strapazierte Nerven im Büro, große Verunsicherung und Ängste in der Belegschaft, bröckelnde Teams und überforderte Führungskräfte, die plötzlich als Kontrollore agieren sollen: Die verschärften Covid-Maßnahmen am Arbeitsplatz (3-G-Pflicht) stellten für viele Unternehmen eine Zerreißprobe dar, wie es sie noch nie gegeben hat, sagt Arbeitspsychologe Andreas Hermann im Gespräch mit dem KURIER.
Vor allem die Personalverantwortlichen seien massiv gefordert. „Bei der 3-G-Pflicht hat die Politik die Verantwortung voll an die Betriebe delegiert und daher bleibt die Umsetzung wieder an den Personalabteilungen hängen. Neben dem Gesundheitspersonal sind die HR-Verantwortlichen für mich die wahren Heldinnen und Helden der Corona-Krise“, meint Hermann. Der Gründer und Geschäftsführer der Innsbrucker Business Beat GmbH hat sich auf Tools zur Mitarbeiterbefragung spezialisiert.
Mitarbeiter einbinden
Wie können Arbeitgeber die 3-G-Pflicht bzw. künftige 2,5-G-Regel am besten umsetzen? Indem sie mit gutem Beispiel vorangehen, ihren Beschäftigten den Grund für die Maßnahmen erklären und sie bei der Umsetzung auch aktiv einbinden, empfiehlt der Experte. Ob die Regeln befolgt werden, hänge letztlich davon ab, wie einsichtig die Mitarbeiter sind und ob es ihnen ermöglicht wird, die Regeln umzusetzen, etwa durch einen niederschwelligen Testzugang.
„Wir werden die beiden Lager zwischen den Geimpften und Ungeimpft nicht mehr versöhnen können“, ist Hermann überzeugt. Entscheidend sei daher, die Maßnahmen im Betrieb nicht nur zu kommunizeren, sondern auch zu erklären, warum es sie braucht. So gebe es in jedem Betrieb Mitarbeiter, die gefährdet sind, weil sie eine Immunschwäche haben oder sich nicht impfen lassen können.
Was die vorgeschriebenen Nachweis-Kontrollen anbelangt, ortet Hermann auch viel Widerstand durch Vorgesetzte, ihre Abteilung diesbezüglich zu überwachen. „Die sagen, es sei nicht ihr Job“. Hier könnten technische Lösungen, etwa elektronische Zutrittssysteme, das Problem lösen. Solche Zutrittssysteme seien etwa aus Sicherheitsgründen in vielen Ländern längst üblich und würden auch bei uns zur Normalität werden.
Innere Kündigungen
Werden die 3-G-Regeln schlecht oder nur einseitig umgesetzt, riskieren Arbeitgeber viele Kündigungen, ist Hermann überzeugt. In der jetzigen Krise seien viele Mitarbeiter frustriert und demotiviert, fühlen sich nicht wertgeschätzt und suchen daher nach Alternativen. Die Wechselbereitschaft habe enorm zugenommen: „Es gibt jetzt schon viele innere Kündigungen aufgrund des Drucks.“ Umso wichtiger sei es, die Mitarbeiter, aktiv in Entscheidungen einzubinden.
Abstimmen lassen!
Als Beispiel nennt er Umfragen, ob und in welcher Form die Weihnachtsfeier stattfinden soll. „Eine Option wäre hier, die Weihnachtsfeier im Frühjahr oder Sommer nächsten Jahres nachzuholen“. Andere Themen für Mitarbeiterbefragungen seien Arbeitsplatzfragen wie die Organisation von Homeoffice, Desk Sharing oder hybrides Arbeiten. Business Beat beschäftigt derzeit 14 Mitarbeiter. Zu den Referenzkunden zählen XXXLutz, Tyrolit oder Siemens.
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