Wie fruchtbar ist die Frau von heute?

Beim ersten Kind sind Frauen in Österreich im Schnitt 29,1 Jahre alt.
Immer mehr Frauen wollen immer später Mütter werden. Auch die Lebenserwartung steigt in der westlichen Welt aufgrund von guter Gesundheitsversorgung an. Sind Frauen deshalb automatisch länger fruchtbar? Ein Experte klärt auf.

Ex-Spice-Girl Geri Halliwell gibt mit 44 ihre zweite Schwangerschaft bekannt. Sängerin Janet Jackson erwartet mit 50 ihr allererstes Kind. Die Liste "reifer Mütter" ist in Hollywood lang. Bei den Promis scheinen späte Schwangerschaften en vogue zu sein. Doch auch hierzulande verlegen Frauen und Paare die Familienplanung immer weiter nach hinten. Die Statistiken sprechen für sich: 1984 waren Frauen bei der Geburt ihres ersten Kindes in Österreich im Schnitt 23,8 Jahre alt. In den vergangenen 30 Jahren ist diese Zahl auf 29,1 Jahre angestiegen.

Frauen nicht länger fruchtbar

Spät, das heißt auch über 40, noch Kinder zu bekommen, ist heutzutage nicht nur gesellschaftsfähig, sondern dank des medizinischen Fortschritts auch machbar geworden. Die Annahme, dass die weibliche Fruchtbarkeit durch die immer besser werdende Gesundheitsversorgung und höhere Lebenserwartung in unseren Breiten sich nach hinten verlängert hat, ist hingegen ein Irrglaube, wie Dr. Mathias Brunbauer, Leiter der Kinderwunschklinik Wien, erläutert.

"Die Fruchtbarkeit der Frau hat sich nicht verändert, wobei man auch bedenken muss, dass mit dem Einsetzen der Menopause ohnehin nicht die letzte befruchtungsfähige Eizelle produziert wird." Man könne daher auch mit 40 plus noch ein Kind austragen, obwohl biologisch gesehen das ideale Alter weiterhin zwischen 25 und 35 Jahren liege.

Grund für die unveränderte Fruchtbarkeit sei vor allem die Tatsache, dass bei allen Frauen sämtliche Eizellen schon im Embryonalstadium angelegt werden. "Man wird also mit einer fixen Reserve geboren. Ab der Pubertät beginnen die Eizellen dann zu reifen. Ab dann läuft ein genetisches Programm im Hintergrund ab, das fortwährend Eizellen reifen lässt. Irgendwann zwischen 35 und 45 sind sie dann verbraucht", so Brunbauer.

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"Eizellen sind nicht mehr so fit"

Neben dem natürlichen Verschleiß und der Abnahme der Qualität gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die die Fruchtbarkeit der Frau beeinflussen. Rauchen, Übergewicht und Kunststoffrückstände in Nahrungsmitteln und der Umwelt sind hierbei zuallererst zu nennen. Auch die Qualität der Spermien leidet darunter. So haben dänische Langzeitstudien beispielsweise gezeigt, dass die Spermienqualität im Laufe der vergangenen zehn Jahre bei Männern merklich abgenommen hat.

Generell wird in Fachkreisen vermutet, dass durchgemachte Schwangerschaften die Fruchtbarkeit tendenziell verlängern. Eine Frau, die also bereits ein Kind geboren hat, kann auch weit nach ihrem 40. Geburtstag auf natürliche Weise noch leichter schwanger werden. "Es scheint als würden Schwangerschaften den Prozess des Eizellenverschleißes etwas bremsen." Dokumentierte Fälle von Frauen die nach dem 45. Lebensjahr zum allerersten Mal durch künstliche Befruchtung schwanger geworden sind und das Kind ausgetragen haben, gibt es Brunbauer zufolge hingegen nicht.

Fruchtbarkeitstests seien eine Möglichkeit, die individuelle Fruchtbarkeit bestimmen zu lassen. Eine mehr oder weniger zuverlässige Prognose stellt auch der Vergleich mit der eigenen Mutter dar. Mit herkömmlichen Fruchtbarkeitstests könne man Brunbauer zufolge jedoch nur Prognosen für die kommenden ein bis zwei Jahre treffen. Zudem erfassen derartige Testverfahren nur die Quantität der Eizellen, nicht aber deren Qualität.

Genau die ist es jedoch, die bei späten Schwangerschaften besonders relevant ist. Bekommt man mit über 40 noch ein Kind, so steigen die damit verbundenen Risikofaktoren für Mutter (Schwangerschaftsdiabetes, Bluthochdruck) und Kind (Fehlgeburt, Behinderung) natürlich an. "Die Eizellen sind dann einfach nicht mehr so fit, das muss man bedenken."

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Wenn der Storch auf sich warten lässt

Wer bei regelmäßigem Geschlechtsverkehr ein Jahr lang nicht verhütet, der sollte schwanger werden. So definiert die Weltgesundheitsorganisation WHO den Regelfall. Bleibt der Kinderwunsch bei einem Paar über einen längeren Zeitraum unerfüllt, so sollte man zunächst Ruhe bewahren – und strategisch vorgehen. "Bei jungen Menschen kann man sich ruhig noch etwas Zeit lassen, bevor man konkrete medizinische Maßnahmen ergreift. Geht die Frau schon auf die 40 zu, so kann man durchaus auch schon nach einem halben Jahr zusammen mit dem behandelnden Arzt nach Lösungen suchen", so Brunbauer.

Nur nicht stressen

Generell müsse man bei Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch sehr vorsichtig vorgehen, um den Stress möglichst gering und den natürlichen Ablauf der Zeugung aufrecht zu erhalten. Da bedeutet konkret: Ursachen abklären und nicht in Panik verfallen. Oft ist die Fruchtbarkeit einer oder beider Partner nur herabgesetzt. Eine Schwangerschaft lässt dann lediglich länger auf sich warten und ist nicht ausgeschlossen.

"Ist die Eizellenreserve bei der Frau schon deutlich vermindert, so sollte man jedoch keinesfalls warten, bis die letzte verbraucht ist und stattdessen eine künstliche Befruchtung in Betracht ziehen", erklärt Brunbauer.

In Österreich übernimmt der IVF-Fonds etwa 70 Prozent der Kosten für Behandlung und Medikamente werden bei vier Versuchen. Für die Kostenübernahme gibt es unterschiedliche Kriterien. Wesentlich ist, dass die Frau das 40. Lebensjahr und der Mann das 50. Lebensjahr nicht überschritten haben und entweder weiblicherseits und/oder männlicherseits eine Fruchtbarkeitsstörung vorliegt (z.B. verschlossene Eileiter, PCO-Syndrom, Endometriose, eingeschränkte Samenqualität, etc.). Leihmutterschaften sind in Österreich nicht möglich. Das Einfrieren von Eizellen ist hierzulande nur erlaubt, wenn die Fruchtbarkeit der Frau in der Zukunft prognostizierbar deutlich reduziert sein wird – beispielsweise aufgrund einer Krebserkrankung.

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