Rekordquoten und Rekordvorsprung: ÖSV-Adler schweben in ungeahnten Höhen
Wenn es stimmt, dass man aufhören sollte, wenn es am schönsten ist, dann müsste Andreas Widhölzl schleunigst das Weite suchen. Viel besser und schöner kann es für ihn als Chefcoach der österreichischen Skispringer eigentlich nicht mehr werden.
Kitschig ist noch ein Hilfsausdruck für das Skisprung-Märchen, das seine Athleten bei dieser Tournee geschrieben haben.
Drei Österreicher (Daniel Tschofenig, Jan Hörl, Stefan Kraft) im Endklassement auf dem Podest, getrennt nur durch läppische 4,1 Punkte oder umgerechnet 2,27 Meter – dieses phänomenale Ergebnis wird Eintrag in die Geschichtsbücher des Skispringens finden.
„Einfach traumhaft, dreimal dazu noch ein Dreifachsieg, das ist schon brutal gut. Da kann man nicht viel aussetzen“, jubelte Widhölzl.
Euphoriewelle
Widhölzls Weitenjägern und Trophäensammlern ist in den letzten Tagen das gelungen, wonach sich die ÖSV-Kollegen aus dem alpinen Skilager vier Wochen vor der Heim-WM in Saalbach-Hinterglemm so sehnen.
Sie sind auf einer Erfolgswelle unterwegs und haben hierzulande eine Euphorie ausgelöst, wie sie das Skispringen in dieser Form zuvor noch nicht erlebt hat. Nicht einmal zu Glanzzeiten der sogenannten Superadler rund um Gregor Schlierenzauer und Thomas Morgenstern.
Die Österreicher fliegen augenscheinlich auf die neuen Könige der Lüfte, der ORF verbuchte im Rahmen dieser Tournee Rekordquoten. 1,53 Millionen Menschen verfolgten den Finaldurchgang in Bischofshofen, das entspricht einem Marktanteil von 58 Prozent.
Der Dreikampf war aber auch mitreißend und hochdramatisch. Was wohl passiert wäre, hätte Stefan Kraft vor seinem Finalsprung nicht minutenlang ausharren müssen? Wer wohl heute der gefeierte Held wäre, hätte Jan Hörl im Finale die Landung nicht verwackelt?
Fehleranalyse
Die Stimmungslage in der Mannschaft wäre wohl ähnlich gewesen, nur mit vertauschten Rollen. Während Daniel Tschofenig aus dem Strahlen nicht mehr herauskam, machten Jan Hörl und Stefan Kraft gute Miene zum bösen Spiel.
„Wir haben gewusst, dass einer lachen wird und zwei natürlich ein bisschen enttäuscht sein werden. Ich kann absolut nachvollziehen, dass es sie anzipft“, sagt Trainer Widhölzl.
Hörl war aus dem Trio der Springer, der bei der Tournee am weitesten flog: 1.095,5 Meter. Sieger Daniel Tschofenig kam dem Pongauer noch recht nahe (1.092,5 Meter), während Stefan Kraft schon einen Respektabstand hatte (1.083 Meter).
Der Gesamtweltcupsieger kompensierte die fehlenden Meter mit seinen Haltungsnoten: Keiner gab so eine gute Figur ab wie Kraft, der bei der Tournee 457,5 Punkte erhielt.
In dieser Wertung wird deutlich, wo Jan Hörl den Tourneesieg verspielt hat: Er erhielt von den Wertungsrichtern nur 438,5 Zähler. Daniel Tschofenig war der Konstanteste (450,5 Punkte)und landete auch als einziger der drei ÖSV-Überflieger in jedem Tournee-Springen auf dem Stockerl.
256.530 Euro für Tschofenig
Mit dem größten Triumph seiner Karriere stieg der 22-jährige Kärntner im Preisgeldranking in andere Sphären. 100.000 Euro erhielt er für seinen Tourneesieg, in diesem Winter hat er 256.530 Euro verdient.
Die Übermacht der Österreicher lässt sich auch am Nationencup ablesen. Mit 4.029 Punkten hat das ÖSV-Team fast doppelt so viele Zähler wie Verfolger Deutschland.
Und Daniel Tschofenig und Jan Hörl haben allein jeweils mehr Punkte gesammelt als die gesamten Teams der großen Skisprungnationen Polen und Slowenien.
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