Welches Team ist dermaßen breit aufgestellt und hat einen so großen Fundus an Skispringern wie der ÖSV? Fünf von sechs Podestplätzen bei den beiden Tourneebewerben sprechen Bände, dazu waren schon fünf ÖSV-Springer in diesem Winter in den Top 3 zu finden. Da springt ein Maximilian Ortner kurzfristig für den verletzten Daniel Huber ein und landet bei seinem zweiten Weltcupeinsatz gleich auf dem Podest. Manuel Fettner wurde aus dem Tournee-Team gestrichen, obwohl er einen sechsten Platz vorweisen konnte und im Gesamtweltcup an 13. Stelle lag. „Unsere Leute pushen sich gegenseitig und treiben das Niveau nach oben. Ich muss dann leider immer Leute aus dem Team streichen“, sagt Cheftrainer Andreas Widhölzl.
Tradition
Beginnend mit Trainerlegende Baldur Preiml hat sich über die letzten 50 Jahre in Österreich eine Skisprungkultur entwickelt und etabliert, die Ihresgleichen sucht. Das Know-how wird in der Nordischen Familie von Generation zu Generation weitergegeben, ehemalige Skisprungstars werden Cheftrainer oder bekleiden andere wichtige Funktionen. Von Toni Innauer bis Andreas Felder, von Heinz Kuttin bis Andreas Widhölzl, der als Coach nun sogar noch erfolgreicher ist als seinerzeit als Springer. Die rot-weiß-rote Skisprung-DNA ist ein Unterschied zum Ski Alpin, wo kaum einmal ein namhafter Ex-Läufer eine Trainerkarriere einschlägt.
Material-Vorteil
Nicht nur der Wind ist ein entscheidender Faktor im Skispringen, der Sport ist inzwischen hochtechnologisch geworden. Es geht um Aerodynamik und Luftwiderstand, das Feintuning zwischen Ski, Bindung und Schuh ist Millimeterarbeit. Der ÖSV überlässt diesbezüglich nichts dem Zufall: Windkanaltests sind ohnehin Standard, in der hauseigenen Forschungsabteilung werden Prototypen entwickelt. Als Manuel Fettner 2022 zu Olympia-Silber und Teamgold sprang, waren sein Sprunganzug, seine Bindung, seine Schuhe sowie die Sprungkeile allesamt Marke ÖSV-Eigenbau.
Infrastruktur
Österreich ist ein echtes Dorado für Skispringer. Bergisel, Bischofshofen, Seefeld, Hinzenbach, Villach – die Dichte an weltcuptauglichen Sprungschanzen ist für ein kleines Land wie Österreich enorm. Dazu gibt es praktisch flächendeckend vom Ländle bis in die Steiermark zahlreiche kleinere Anlagen, auf denen der Nachwuchs das Skisprung-ABC erlernen kann. Einziges Manko: Die Wiener Stadtadler, einer der engagiertesten Skisprungvereine des Landes, müssen noch immer stundenlang zum Training in benachbarte Bundesländer reisen.
Sportschulen
Die größte und renommierteste Talenteschmiede des Wintersports ist immer noch Stams. Im dortigen Skigymnasium reiften und reifen Teenager zu Weltmeistern, Olympiasiegern, auch Tournee-Leader Daniel Tschofenig ist ein Stams-Absolvent. Mit Saalfelden und Eisenerz gibt es weitere nordische Schwerpunktschulen.
Stellenwert
Das Skispringen steht innerhalb des ÖSV sehr hoch im Kurs und ist ähnlich professionell aufgezogen wie die Sparte Ski Alpin. Das unterscheidet Österreich etwa von den Norwegern, wo das Skispringen im Schatten der Langläufer und Biathleten steht. Für den ÖSV ist das Skispringen längst zu einer Cash-Cow geworden, gerade die Tournee-Springen spülen viel Geld in die Kasse. Mittlerweile finanzieren Ski Alpin und Skispringen die übrigen ÖSV-Sportarten.
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