Kraft, Tschofenig, Hörl: Wie die drei ÖSV-Stars die Tournee dominieren
Favoritencheck: Vor dem dritten Bewerb der Vierschanzentournee am Bergisel prägen die drei Überflieger die Szene. Was sie gemeinsam haben und was sie unterscheidet.
Andreas Widhölzl wird auf dem Trainerturm gerade von einigen Kollegen beneidet. Wenn er mit der Fahne wachelt, dann liegt immer etwas in der Luft: weite Sprünge, Flugshows, Siege. Nun winkt sogar ein historischer Dreifacherfolg bei der Vierschanzentournee.
„So, wie’s im Moment läuft, müssen wir Trainer nicht oft eingreifen. Es ist alles angerichtet, die Chance war noch nie so groß“, sagt der Chefcoach der österreichischen Überflieger vor dem Bergiselspringen (13.30 Uhr, live ORF 1).
Der prestigeträchtige Sieg bei der Tournee ist die letzte wichtige Skisprung-Trophäe, die dem Tiroler in seiner Trainerlaufbahn noch fehlt, deshalb ist Widhölzl auch nicht wählerisch.
„Hauptsache, einer von unseren Leuten gewinnt“, betont der ehemalige Tourneesieger (1999/’00) und gibt Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Stefan Kraft einen Rat mit für die letzten beiden Tourneebewerbe in Innsbruck und in Bischofshofen.
„Wichtig ist, dass sie ausblenden, was gerade alles rundherum passiert. Sie sollen sich einfach auf sich konzentrieren.“
Weltcupsiege: 3 Podestplätze: 12 Bestes Tournee-Ergebnis: 8 Geflogene Meter in diesem Winter: 3.131,5 Instagram-Follower: 14.300 Aktuelle Tournee: Platz 1, 622,5 Punkte
Jan Hörl (26)
Weltcupsiege: 5 Podestplätze: 17 Bestes Tournee-Ergebnis: 4 Geflogene Meter in diesem Winter: 3.108 Instagram-Follower: 16.700 Aktuelle Tournee: Platz 2, 614,6 Punkte
Stefan Kraft (31)
Weltcupsiege: 44 Podestplätze: 123 Bestes Tournee-Ergebnis: 1 Geflogene Meter in diesem Winter: 3.090 Instagram-Follower: 125.000 Aktuelle Tournee: Platz 3, 613,8 Punkte
Was sind die Vorzüge der drei österreichischen Sieganwärter? Was spricht für wen? Daniel Tschofenig, Jan Hörl und Stefan Kraft im Tournee-Favoritencheck.
Daniel Tschofenig
Der Tournee- und Weltcupleader gibt nicht nur der Konkurrenz Rätsel auf, auch so mancher Skisprungtrainer wundert sich, wie Tschofenig um alles in der Welt nur so weit fliegen kann. „Mein Sprungstil ist kontrovers“, weiß der 22-jährige Kärntner.
Oder wie es Chefcoach Widhölzl ausdrückt: „Alle Trainer, die Tschofenigs Sprünge sehen und analysieren, sagen: Das ist ein bisschen eigen, es sieht anders aus.“
Während die meisten Skispringer relativ flach den Aufsprunghang entlang gleiten, wählt Tschofenig eine andere Flugkurve.
Im Flow
„Ich bin immer höher als die anderen“, erklärt der 22-Jährige. Normalerweise kostet das Geschwindigkeit, aber Tschofenig ist es in diesem Winter gelungen, diesen Stil zu perfektionieren. Den Rest macht das unbändige Selbstbewusstsein.
„Du kommst in einen Flow hinein und weißt, dass es funktioniert“, sagt Tschofenig.
Trainer Widhölzl selbst hat keinen persönlichen Favoriten auf den Tourneesieg, zwischen den Zeilen kann man aber einiges herauslesen, wenn der Tiroler etwa erklärt:
„Tschofenig hat aus meiner Sicht die stabilste Grundtechnik. Bei ihm schauen die Sprünge immer gleich aus. Und er ist ein wahnsinniger Wettkämpfer.“
„Unser kleines Känguru“ – diesen Kosenamen hat Andreas Widhölzl dem Zweiten der Tourneewertung verpasst. Jan Hörl verblüfft bei den internen Leistungstests regelmäßig mit den besten Absprungwerten. „Er ist sehr spritzig und körperlich extrem gut beisammen“, betont der ÖSV-Cheftrainer.
Jan Hörl ist in den letzten Jahren von einem liebenswerten Hallodri zu einem ernsthaften Springer gereift, der dabei seine Pfeifmirnix-Mentalität aber nicht verloren hat. „Ich bin als Skispringer erwachsen geworden“, sagt der 26-jährige Pongauer.
Für Jan Hörl, den Vorjahressieger auf dem Bergisel, spricht seine Risikobereitschaft. „Er ist keiner, der auf Sicherheit springt, sondern der angriffslustigste von allen“, sagt Andreas Widhölzl.
Auch wenn der letzte österreichische Tournee-Sieger (2014/’15) in der Gesamtwertung und im Weltcup nur der drittbeste ÖSV-Adler ist, genießt er kraft seiner Erfolge einen Sonderstatus.
„Er ist der Leader im Team“, sagt Trainer Widhölzl. Das große Plus des Oberstdorf-Gewinners: Stefan Kraft hat noch viel Luft nach oben und fliegt noch lange nicht am Limit. Kraft will und kann der lachende Dritte sein. „Mir ist die Jägerrolle ja sowieso lieber. Weil da kann ich attackieren und muss abliefern.“
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