Frohnatur
Töchterchen Mia ist mittlerweile 14 Monate alt und sie kommt ganz nach ihrer Mutter, die immer ein Lächeln im Gesicht hat. „Mia ist eine richtig fröhliche Puppe“, sagt Tamara Tippler.
Die Steirerin hat sich ganz bewusst für diese ungewöhnlichen Schritte entschieden: Nämlich während der Karriere ein Kind zu bekommen und dann wieder Rennen zu fahren. „Ich wollte nicht im hohen Alter Mama werden“, erklärt die 33-Jährige. „Und die Leidenschaft fürs Rennfahren ist noch immer riesig. Ich glaube, dass ich noch nicht alles gezeigt habe.“
Härtetest
Tamara Tippler durchlebt gerade die schwierigste Zeit bei ihrem Comeback. Es ist vermutlich zugleich auch die härteste Zeit als Mama. Denn so lange getrennt war sie von ihrer Mia noch nie. Vor zwei Wochen ist die Steirerin mit ihren Teamkolleginnen zum Abfahrtstraining nach Nordamerika gereist, wo am kommenden Wochenende in Beaver Creek die ersten Speedrennen auf dem Programm stehen. „Für mich ist es sicher viel zacher als für Mia. Bis jetzt war ich nämlich immer nur drei, vier Tage weg.“
Ihr letztes Weltcuprennen hat Tamara Tippler im März 2023 in Kvitfjell bestritten. Sie wusste damals bereits von ihrer Schwangerschaft, heute gibt sie zu: „Als Schwangere zu fahren, war schwierig.“ Das hat man der Steirerin auch angemerkt: In zwei der letzten vier Rennen kam sie nicht ins Ziel, einmal verzichtete sie auf den Start.
Besserwisser
Tamara Tippler hat keine Ahnung, was die knapp zwei Jahre Abwesenheit mit ihr als Rennläuferin gemacht haben. „Man kann das nicht mit einer Verletzungspause vergleichen. In meinem Körper hat sich viel verändert: Mental und hormonell, das wird manchmal unterschätzt.“ Trotzdem bekam auch sie schon zu hören. „Du warst ja eh nicht verletzt. Ein Kaiserschnitt ist aber schon eine große Operation.“
Überhaupt die ganzen Besserwisser und Kritiker. Auf Social Media zerrissen sich einige das Maul über Tippler. Wie könne sie als Mama bloß wieder Rennfahren. Sie möge sich doch, bitteschön, um ihr Kind kümmern. „Hinterrücks wird viel geredet, aber ins Gesicht traut’s dir dann eh keiner sagen.“
Der Steirerin ist wichtig, dass sie sich im fernen Nordamerika auf das Skifahren konzentrieren kann. Es könnte fatal enden, würden ihre Gedanken auf der Abfahrtspiste abdriften. „Zu wissen, dass daheim alles läuft, beruhigt mich extrem. Die ganze Familie hilft zusammen und schaut auf Mia.“
Konzentration
Tippler hat in den letzten Monaten gelernt, strikt zwischen Privatleben und Sport zu trennen. Wenn sie daheim ist, dann dreht sich alles um Mia, „mit einem Kind ist immer etwas los. Da ist nix mit Couchliegen und Relaxen.“
Sobald sie aber auf Trainingskurs ist und in die Skischuhe steigt, dann ist der Fokus ganz auf das Rennfahren gerichtet. „Das war ein wichtiger Faktor, dass ich das trennen kann“, betont die 33-Jährige. „Wenn ich das nicht mehr können sollte, dann macht es absolut keinen Sinn, weil es dann gefährlich wird.“
Da kommen unweigerlich Erinnerungen an Ulli Maier hoch. Die Rauriserin war im dritten Monat schwanger, als sie 1989 Weltmeisterin im Super-G wurde. Zwei Jahre später wurde sie als Mutter noch einmal Weltmeisterin, 1994 verunglückte sie in der Garmischer Abfahrt tödlich.
Vorbildfunktion
Natürlich ist sich auch Tamara Tippler der Gefahren bewusst. Die Freude am Rennfahren ist aber größer als die Sorge, dass ihr etwas passieren könnte. Vielmehr möchte sie zeigen, dass es sehr wohl möglich ist, Skikarriere und Kind zu vereinen. „Ich will jetzt aber nicht die Super-Mama sein. Vielleicht kann ich aber für die eine oder andere Frau ein Vorbild sein.“
Und sportlich? Da hat sich Tippler, die zehn Mal auf dem Podest stand, hohe Ziele gesetzt. Sie will zur Heim-WM. „Ich fahre nicht um Platz 30. Aber das Schöne ist: Wenn ich heimkomme, dann ist der Mia egal, ob die Mama gut oder schlecht gefahren ist.“
Kommentare