Lucas Braathen: Viel Halligalli um den Skifahrer vom Zuckerhut

Lucas Pinheiro Braathen bei seinem Auftritt hoch über Sölden
Lucas Pinheiro Braathen startet als erster Brasilianer im Weltcup. Der 24-jährige Exzentriker mit Pop-Star-Qualitäten hat das Zeug, das Gesicht des Skisports zu werden.

Wer Lucas Pinheiro Braathen zuhört, der käme niemals auf die Idee, dass da einem ein Skiläufer gegenübersitzt. Der 24-Jährige kann wunderbar philosophieren über den Sinn und Unsinn des Lebens und zerbricht sich liebend gerne den Kopf über Dinge fernab der Skipisten. Mal verweist er auf Apple-Gründer Steve Jobs, den er seine Inspiration nennt, dann trägt er wieder Zitate aus seinem Lieblingsbuch Range von David Epstein vor, das außer ihm vermutlich kein anderer Läufer gelesen hat.

Es war also von vornherein klar, dass jemand wie er sich nicht einfach nur mit einem schlichten Olá zurückmeldet. Vielmehr zelebrierte Lucas Pinheiro Braathen sein Comeback nach einjähriger Wettkampfpause und der Ort der Präsentation in Sölden lässt schon erahnen, worum es dem ersten Brasilianer im Weltcup geht: Er will hoch hinaus. „Ich komme zurück, um der Beste zu sein“, sagte Braathen am Donnerstag im ice-Q in 3.048 Metern Seehöhe, dem höchstgelegenen Gourmet-Restaurant des Landes.

Großes Entertainment

Das Halligalli um den Skifahrer vom Zuckerhut, der sich entschlossen hat, Norwegen den Rücken zu kehren und fortan für das Heimatland seiner Mutter zu starten, hat Dimensionen angenommen, die man seinerzeit von Alberto Tomba kannte. 120 Reporter aus dem Aus- und Inland waren der Einladung des

24-Jährigen gefolgt – ein Beleg, welche Hoffnungen allerorts in den jungen Brasilianer gesetzt werden. Dieser Lucas Pinheiro Braathen soll – Mikaela Shiffrin hin, Marco Odermatt her – nichts weniger als das Gesicht des weltweiten Skisports werden.

Der extrovertierte Edeltechniker ist sich seiner Rolle durchaus bewusst. „Skisport ist Unterhaltung pur, und ich bin ein Showman“, betonte Braathen im Ötztal. Als hätte es dafür überhaupt noch eine Bestätigung gebraucht. Mit seinen gewagten Outfits und den knallbunten Fingernägeln, den Ausflügen auf den Laufsteg und hinters DJ-Pult wirkt Braathen wie ein bunter Farbtupfen im weißen, oft auch biederen Skisport. Jack Falkner, Erfinder der Gletscherrennen und Sponsor von Braathen, zieht gar Vergleiche mit Fußball-Ikone David Beckham.

Große Mission

Nach dem Abschied vom norwegischen Skiverband tingelt der Sieger von fünf Rennen mit einem achtköpfigen Privatteam durch den Weltcup, als Chefcoach fungiert Mike Pircher, der langjährige Erfolgstrainer von Marcel Hirscher. „Er hat 35 Schneetage in den Beinen und fährt gut, aber noch fehlt ihm vielleicht die Konstanz.“

Lucas Pinheiro Braathen sieht sich auf einer Mission. Er möchte nicht nur als Skifahrer wahrgenommen werden, sondern als Persönlichkeit, die Menschen bewegt und begeistert. „Ich will die Kinder inspirieren, damit sie ihre Träume verwirklichen.“

Ob die jungen Brasilianer auf der Copacabana fortan Wedeln statt Dribbeln, darf bezweifelt werden. Eines ist Lucas Pinheiro Braathen in der kurzen Zeit aber bereits gelungen: Einige Brasilianer haben schon von diesem tollkühnen Exoten auf zwei Brett’ln Notiz genommen.

Als ein deutscher Fernsehsender zuletzt die Menschen in Rio nach Braathen befragte, war zu hören: „Ist das nicht der Verrückte, der sich auf Ski stellt?“ Auch bei einer Pressekonferenz in Brasilien war der 24-Jährige ein gefragter Mann. „Ich wurde ständig gefragt: ,Wie fährt man Ski?‘“

Lucas Pinheiro Braathen hat die Neugier geweckt, der Riesentorlauf von Sölden wird live in Brasilien übertragen. Sobald der 24-Jährige die ersten Erfolge für sein Land einfährt, werden ihm seine Landsleute zu Füße liegen. „Brasilien hat eine brutale Sportkultur. Wenn sie einen Star haben, den sie unterstützen können, ist es völlig egal, was du machst. Ich will, dass die brasilianische Flagge ganz oben weht.“

Kommentare