Warum die Tourismusbranche beim Ski-Weltcup auf deutsche Siege hofft
Wenn die Weltcup-Woche ansteht, dann hat Jakob Falkner ein Ritual, von dem ihn seit Jahrzehnten niemand abbringen kann. "Vor Mittwochnachmittag schaue ich mir keinen Wetterbericht an", erzählt der Seilbahnchef von Sölden, wo am Wochenende der Skiweltcup eröffnet wird.
1993 haben die ersten Gletscherrennen am Rettenbachferner stattgefunden. Bei strahlendem Sonnenschein. "Wir hatten damals Wetterglück. Denn wenn das erste Mal danebengegangen wäre, dann wäre das Rennen vielleicht schon wieder Geschichte gewesen", weiß Falkner.
Der Weltcup-Auftakt in Sölden ist längst eine Institution. Für den Tourismus und die Skiindustrie sind die Gletscherrennen sogar wichtiger als die Klassiker im Jänner.
KURIER: Warum hängt für die Skibranche so viel an diesem einen Sölden-Wochenende?
Jakob Falkner: Weil es die ersten Bilder sind, die vom Winter transportiert werden. Das löst Emotionen aus. Und Emotionen sind gerade in unserer Branche entscheidend. Urlaub ist Emotion.
Also etwas Schlimmeres als schlechtes Wetter – und womöglich gar eine Absage – könnte nicht passieren?
Genau. Ich kann mich noch gut an ein Rennen erinnern, als im deutschen Fernsehen direkt hintereinander Szenen vom Fußball und von unserem Rennen zu sehen waren.
Was war da genau zu sehen?
Beim Fußball war so ein Nebel, dass man das Tor nicht richtig gesehen hat. Eine richtige Herbststimmung. Der nächste Beitrag war dann der Weltcup-Auftakt in Sölden mit blauem Himmel und Pulverschnee. Jetzt kann man sich vorstellen, was das beim Zuschauer auslöst.
Apropos Zuschauer: Sölden werden die ersten Rennen seit Frühjahr 2020 sein, bei denen Fans zugelassen sind.
Und das ist nicht nur gut für die Bilder, sondern auch für die Seele. Weil es einfach wichtig und schön ist, dass man wieder mit Leuten zu tun hat und dass Stimmung aufkommt. Ich spüre, dass die Sehnsucht nach dem Skifahren groß ist. Gleichzeitig glaube ich aber nicht, dass wir die Zuschauerzahlen von früher erreichen werden.
Aus Sorge vor Corona?
Die Menschen sind noch gehemmt, überhaupt was Veranstaltungen betrifft. Da regiert bei vielen die Vorsicht, bei einigen sogar die Angst. Das wird sich sicher irgendwann einmal wieder legen.
Was wäre das ideale Szenario für den Weltcup-Auftakt?
Das Wichtigste ist, dass wir gute Rennen über die Bühne kriegen, dass das Wetter passt, und dass es ohne Blessuren abgeht – und damit meine ich auch Covid-Infektionen. Dann wäre die Mission eigentlich erfüllt.
Wäre dann auch egal, wer gewinnt?
Es weiß jeder, dass Deutschland für uns touristisch der wichtigste Markt ist. Insofern würden uns deutsche Siege helfen. Aber ich freue mich genauso, wenn ein Österreicher gewinnen sollte.
Das Weltcup-Wochenende läutet die Saison ein. Haben Sie eine Ahnung, wie der heurige Winter wird?
Ich habe zumindest aktuell weniger Sorgen. Aber natürlich weiß keiner, was die nächsten Monate bringen.
Würde der heimische Tourismus einen zweiten Lockdown-Winter überleben?
Ganz sicher nicht. Natürlich müsste man jetzt definieren, was überleben heißt. Aber es hätte definitiv fatale Auswirkungen, weil ich auch nicht glaube, dass der Staat in der Lage wäre, noch einmal Entschädigungen zu leisten wie im letzten Winter. Hätte es die nicht gegeben, dann würde es jetzt im Tourismus schon ganz anders aussehen.
Themenwechsel: Die Olympischen Spiele finden in China statt. Finden Sie das gut?
Für uns mag der Skisport das Allerwichtigste sein, aber weltweit gesehen ist er sehr klein. Das muss einem immer bewusst sein. Ich glaube an die Internationalität des Skisports, deshalb wird man am asiatischen Markt nicht vorbeikommen. Ich glaube zwar nicht an die 300 Millionen chinesischen Wintersportler, von denen gerne die Rede ist. Aber wenn’s 20 bis 25 Millionen sind, dann wäre das schon eine erkleckliche Zahl. Wir reden von einem Weltmarkt, der aktuell 120 Millionen Skifahrer umfasst.
Abschließend: Es sind die ersten Rennen ohne Peter Schröcksnadel als Präsident. Wie sehr fehlt er dem ÖSV?
Er war gefinkelt, hatte die nötige Bauernschläue, und er hat das Geld gebracht, das ist in meinen Augen sein größter Verdienst. Da wird ihm auch nicht so schnell einer das Wasser reichen können.
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