ÖSV-Präsident Schröcksnadel: „Heuer geht es um den Skisport als Ganzes“
Peter Schröcksnadel geht in seine letzte Saison als ÖSV-Präsident. Einen wichtigen Triumph durfte der Langzeit-Boss schon vor dem Weltcup-Auftakt in Sölden einfahren: Saalbach-Hinterglemm bekam den Zuschlag für die Ski-WM 2025.
KURIER: Was bedeutet die Heim-WM 2025 für den Skiverband?
Peter Schröcksnadel: Ich behaupte, diese WM ist für den gesamten österreichischen Sport und Tourismus ein wichtiges Zukunftsereignis. In so turbulenten Zeiten, wie wir sie jetzt gerade erleben, ist eine WM ein Lichtblick und eine Perspektive. Weil ich auch überzeugt bin, dass 2025 wieder eine normale WM sein wird, so wie wir es kennen. Und natürlich veranstalten wir als Verband Weltmeisterschaften, um Geld für den Sport zu verdienen. In dieser Hinsicht ist eine Heim-WM das Beste, was uns passieren kann.
Hätte es den ÖSV denn finanziell getroffen, wenn Saalbach nicht den Zuschlag bekommen hätte?
Nein, wir sind sehr gut aufgestellt. Was uns sicher mehr treffen würde, wäre ein Winter, in dem viele Weltcupveranstaltungen abgesagt werden müssten. Natürlich fallen immer wieder Rennen wegen Schneemangel oder Schlechtwetter aus, aber wenn eine Pandemie eine gesamte Saison verhindern würde, würde das alle hart treffen. Wir leben schließlich von den Fernseheinnahmen und den Werbepartnern, die dort präsentiert werden. Und wenn das nicht möglich ist, dann wäre das ein großes Problem.
Sind Geisterrennen wie jetzt in Sölden also noch das geringste Übel?
Der Skisport war früher ein reiner Fernsehsport. Es waren bei den Rennen ja nicht immer so viele Zuschauer wie heute in Kitzbühel oder in Schladming. In Nordamerika kannst du immer noch im Ziel jeden per Handschlag begrüßen. Natürlich hätten wir gerne viele Fans, weil es für gute Stimmung sorgt. Aber ich glaube, der Skisport kann eher ohne Fans leben als der Fußball.
Sind die Zuschauereinnahmen für den ÖSV denn nicht so wichtig?
Sagen wir einmal so: Die Zuschauererlöse machen keinen wesentlichen Teil unseres Einkommens aus. Das trifft uns auch deshalb nicht so hart, weil wir einen enormen finanziellen Aufwand haben, wenn wir zum Beispiel in Sölden Tribünen und VIP-Zelte aufbauen.
FIS-Direktor Markus Waldner spricht davon, dass es heuer um das Überleben des Skisports geht.
Das ist vielleicht drastisch ausgedrückt. Aber die Situation ist sicher heikel. Wenn wir diese Saison nicht gut managen, dann bekommen alle Verbände enorme Probleme. Heuer geht es um den Skisport als Ganzes.
Wie sehr hat Corona eigentlich Ihr Leben verändert?
Gar nicht so sehr. Ich bin grundsätzlich keiner, der auf Empfänge geht oder unter die Leute muss. Ich fahre viel alleine mit dem Auto, und beim Fischen behindert’s mich auch nicht. Was aber sehr wohl der Fall ist: Corona drückt auf die Psyche. Allein zu wissen, man kann nicht dorthin gehen, wo man hin möchte. Ich glaube, in dieser Hinsicht geht’s uns allen gleich. Deshalb sehe ich auch ein gewisses Risiko, wenn das Ganze überstanden ist und wir wieder ein normales Leben haben.
Inwiefern?
Ich glaube, dass dann jeder plötzlich wieder alles machen möchte. Das war ja schon im Sommer zu erkennen. Kaum gab es gewisse Freiheiten, haben es viele schon wieder übertrieben. Die Leute werden danach eine enorme Reiselust haben und quer über den Globus fliegen. Ich fürchte, dass das der österreichische Sommertourismus, der heuer echt gut gelaufen ist, zu spüren bekommt. Dann wird keiner mehr sagen, wie schön’s daheim ist.
Sie sind selbst im Tourismus engagiert und betreiben Skigebiete. Wie sehr trifft Sie die Corona-Krise?
Ich habe keine Ahnung, wie der Winter laufen wird. Grundsätzlich denken und planen wir sehr vorsichtig, weil niemand abschätzen kann, wie sich die Situation entwickelt und wie es mit den Reisewarnungen aussieht. Davon hängt viel ab. Grundsätzlich halte ich den Skisport für sehr sicher: Er findet im Freien statt, wenn man Abstände einhält und die Gondeln lüftet, sollte das Ansteckungsrisiko sehr gering sein.
Das Problem waren ja bekanntlich die Après-Ski-Bars.
In unseren Skigebieten haben wir sowieso kein Après-Ski, das wollen wir nicht. Corona sollte zum Nachdenken anregen: Was ist wirklich notwendig? Brauchen wir das überhaupt alles? Es wäre wünschenswert, wenn das Skifahren an sich wieder an Gewicht gewinnt und das Rundherum nicht so wichtig ist.
Haben Sie einen Wunsch für Ihre letzte Saison?
Ich wünsche mir vor allem einmal, dass wir diese Saison finanziell gut überstehen. Dass wir in unserem Team weniger Verletzungen haben als in den letzten Jahren. Und natürlich wünsche ich mir, dass wir den Nationencup gewinnen. Wenn auch noch der Übergang zum neuen Team klaglos funktioniert und alle sagen „das haben sie super gemacht“, wäre es perfekt.
Das heißt, Ihr Abschied ist unwiderruflich?
Ich hör’ im nächsten Sommer auf, da fährt die Eisenbahn drüber.
Was muss Ihr Nachfolger können?
Er sollte idealerweise unabhängig von politischen Einflüssen sein, und eine gewisse kaufmännische Erfahrung schadet sicher auch nicht. Mein Nachfolger, wer auch immer das sein mag, muss aber vor allem seine eigene Linie finden. Da werde ich mich nicht einmischen, aber was ich schon machen werde: Ich werde es beobachten.
Ist das ÖSV-Präsidenten-Amt begehrt?
Ich glaube, dass keiner sieht, was da alles dahintersteckt. Es war ja nicht immer so, dass der Verband so gut dagestanden ist wie heute. Was die wenigsten wissen: Wir waren als ÖSV ja eigentlich nichts, wir hatten einen Haufen Schulden. Jetzt ist der Verband gut aufgestellt, gut organisiert, in dem Sinne soll er auch weitergeführt werden. Wenn ich mir eines wünschen darf: Es sollte einen einstimmigen Kandidaten und keine Kampfabstimmung geben. Alles andere wäre für die Zukunft des ÖSV sehr schlecht.
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