Zoran Barisic: "Dann soll er mir das auch ins Gesicht sagen"
Auf Zoran Barisic warten heikle Entscheidungen. Über den Weg dorthin spricht der 50-jährige Rapid-Sportdirektor im KURIER-Interview.
KURIER: Sie betonen seit März, dass sich Rapid im Überlebenskampf befindet. Wird der Verein auch das zweite Corona-Jahr überleben?
Zoran Barisic: Ja! Aber trotzdem befinden wir uns in einem Überlebenskampf, weil wir noch immer nicht wissen, wann Fans ins Stadion dürfen. Wir planen jetzt bis Saisonende ohne Zuschauereinnahmen. Alles andere wäre verantwortungslos. Dazu ist unklar, wie sich der Transfermarkt entwickelt.
Um wie viele Millionen wird das Sport-Budget für die kommende Saison sinken?
Wir haben in meiner ersten Saison eingespart, wir sparen jetzt ein und es wird nächste Saison bei den Gehaltskosten noch einmal deutlich nach unten gehen müssen. Für eine genaue Zahl gibt es noch zu viele offene Fragen.
Bislang sollten erfolgreiche Rapidler mit Gehaltserhöhungen zu Vertragsverlängerungen bewegt werden. Das ist jetzt nur noch schwer möglich. Spüren Sie bei den Spielern dafür Verständnis?
Teils, teils. Auch im Fußball geht es ums Business. Die meisten Spieler trachten danach, mit ihren Managern so schnell so viel Geld wie möglich zu verdienen. Bei Angeboten aus Ligen mit höheren Budgets wollen und können wir nicht mitgehen.
Rapid ist nur noch in einem Bewerb vertreten. Wo liegt das Ziel? Nach Platz 2 wird es wohl nicht Rang 3 sein.
Warum nicht? Wenn ich über den Überlebenskampf spreche und dann eine Platzierung als Ziel ausspreche, passt das für mich nicht zusammen. Der zweite Platz war das absolute Maximum, da wurden viele Schritte auf einmal genommen.
Was spricht gegen die Wiederholung von Platz 2 als Ziel?
Seither haben wir an Qualität verloren. Trotzdem sind wir nur einen Punkt hinter dem Ersten. Wenn wir gut starten, wird in der Meistergruppe alles möglich sein. Ich will nicht zu goschert sein. Damit mache ich’s nicht jedem recht. Aber das ist mir egal.
In der Jahrestabelle 2020 ist Rapid Zweiter, vier Punkte vor dem LASK und nur fünf hinter Salzburg. Ist der letzte Abschnitt umso ärgerlicher?
Wir ärgern uns selbst am meisten. Allerdings hat jedes Team so eine Phase im Jahr. Wir haben das analysiert: Es hat eine große Rolle gespielt, dass für eine Position mit Ljubicic und Petrovic gleich zwei wichtige Spieler länger ausgefallen sind. Da hat uns nach einem harten Jahr dann die Substanz gefehlt.
Werden Sie es bei den Verhandlungen mit Kapitän Dejan Ljubicic wie einst bei Stefan Schwab bis zum Saisonende mit einer Verlängerung versuchen?
Stefan Schwab hatte bereits knapp vor dem Lockdown ein sehr, sehr gutes Angebot. Wegen Corona mussten wir dann umplanen. Dennoch hätte er zu gleichen Bezügen verlängern können – das wir in Anbetracht unserer Situation sehr fair. Aber wir müssen auch respektieren, dass er sich für Saloniki entschieden hat. Dejan Ljubicic wurde 2020 fast unverzichtbar für uns. Auch bei ihm werden wir an unsere finanziellen Grenzen gehen. Dann entscheidet er.
Es wäre symbolisch eine schwere Niederlage, wenn der zweite Kapitän in Folge ohne Ablöse - bei Ljubicic bliebe nur die Ausbildungsentschädigung - Rapid verlässt.
Okay. Aber soll ich für eine Vertragsverlängerung die Existenz des Vereins in Gefahr bringen? Wenn das jemand wirklich will, dann soll er mir das ins Gesicht sagen.
Sie haften so wie Geschäftsführer Christoph Peschek persönlich für die Klub-Finanzen. Wie oft sorgen Sie sich deswegen?
Immer wieder. Das begleitet uns. Wir sind unseren Mitarbeitern dankbar, dass sie den finanziellen Ausblick stets an die Corona-Situation anpassen. Die Fans fehlen extrem. Das Wichtigste ist, dass die Liquidität gesichert bleibt. Das ist bei uns der Fall.
Im Sommer betonten Sie den großen Zusammenhalt. Zuletzt galt das für Taxi Fountas offensichtlich nicht mehr. Ist das noch auszuräumen?
Tatsächlich hat die Mannschaft ihren Erfolg 2020 nur geschafft, weil der Zusammenhalt so groß war. Rund um Taxi hat es dann Reibereien gegeben, das kann passieren. Nach der Handverletzung ist es für ihn nicht gelaufen, er war auch mit sich selbst unzufrieden. Der Abschluss war aber sein Assist auf Ercan Kara mit gemeinsamer Freude übers Tor gegen Admira. So soll es sein.
Also passt der Zusammenhalt mit Fountas noch?
Ja, davon gehen wir aus. Und wenn nicht, gibt es Konsequenzen.
Der Vertrag von Trainer Didi Kühbauer läuft mit Saisonende aus. Gibt es einen Zeitpunkt, bis zu dem eine Entscheidung gefallen sein muss?
Nein. Das ist auch mit dem Präsidium so besprochen. Ich weiß ja, wie schnell es geht: Von „Wann verlängert ihr endlich?“, bis „Wann haust ihn raus?“ hab’ ich alles gehört. Wir lassen uns da nicht unter Druck setzen.
Wenn ein Spieler sagt: "Kühbauer möchte mich ab Sommer. Vor der Unterschrift möchte ich aber wissen, ob er Trainer bleibt." Was sagen Sie ihm dann?
Es geht um Rapid, wir dürfen nie von einer Person abhängig sein. Wir sind für viele Spieler interessant, unabhängig von den Trainern. Unser Trainerteam weiß auch, dass sie damit umgehen müssen, dass es noch keine Entscheidung gibt.
Es geht Ihnen ja nie nur um Punkte. Wonach wird dann am Ende entschieden, ob der Vertrag des Trainers verlängert werden soll?
Neben dem natürlich wichtigen sportlichen Erfolg zählt – und da möchte ich öffentlich bewusst nicht weiter ins Detail gehen – die sportliche Entwicklung der Mannschaft und die Entwicklung einzelner Spieler. Mich interessiert: Welche Zukunft hat Rapid? Dafür müssen die richtigen Schritte gesetzt werden.
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