So stark wie noch selten stehen die Wiener Talente vor einem Derby im Rampenlicht. Lange hat es geheißen, dass im Nachwuchs gut gearbeitet wird. Jetzt ist das bei Rapid und bei der Austria im Profibereich auch sichtbar geworden.
Das 335. Wiener Derby vor ausverkauftem Haus wird ab 17 Uhr (live Sky) von der Renaissance des Wiener Jugendstils geprägt werden. Innerhalb weniger Monate haben sich die Eigenbauspieler Niklas Hedl, 21, Martin Moormann, 20, und Bernhard Zimmermann, 20, bei den Grünen Stammplätze erspielt. Erwartet wurde das eigentlich nur vom erst 18-jährigen Yusuf Demir.
Sieben Einberufungen ins U-21-Nationalteam sind der Lohn. „Das ist wunderbar – für die Burschen und auch als Bestätigung für unseren Weg“, sagt Sportchef Barisic. „Bei der Freude über Zimmermann, Moormann und Hedl geht völlig unter, dass unser Abwehrchef Aiwu auch erst 21 Jahre jung geworden ist“, betont Trainer Feldhofer.
23,3 Jahre jung
Sie alle gemeinsam drücken den Altersschnitt der Stammelf auf nur 23,3 Jahre. Das ist rekordverdächtig in der langen Vereinsgeschichte.
Austria-Trainer Manfred Schmid hat den Jugendstil seit vergangenem Sommer bei den Violetten forciert. Matthias Braunöder, 19, Muharem Huskovic, 19, und Aleks Jukic, 21, wurden rasch zu Leistungsträgern. Dazu nimmt Leipzig-Leihgabe Eric Martel, 19, eine Schlüsselrolle ein, der 20-jährige Can Keles schoss das Siegestor gegen den WAC.
Im Schnitt war die Austria-Mannschaft zuletzt nur noch 25,3 Jahre alt.
Was gibt es über die Nachwuchsteamspieler in Grün und Violett zu wissen, außer, dass sie sehr talentiert sind? Der KURIER stellt die neuen Hoffnungsträger vor.
Grüne Aufsteiger
„Es waren Lücken zu schließen. So wie das unsere jungen Spieler geschafft haben, können wir glücklich sein“, sagt Rapid-Trainer Ferdinand Feldhofer. Bernhard Zimmermann, Martin Moormann und Niklas Hedl haben bislang gezeigt, dass sie mehr sind als nur Lückenbüßer. Immerhin heißen ihre prominenten Vorgänger Taxi Fountas, Max Ullmann und Richard Strebinger – die in Hütteldorf allesamt keine Rolle mehr spielen. Heute wartet auf das Eigenbau-Trio im Derby die für die Fans immer noch wichtigste Belastungsprobe.
Bernhard Zimmermann hatte es immer schon eilig. Von der dritten Klasse in Korneuburg ist der Stürmer direkt in die 5. Klasse des BORGL St. Pölten gewechselt. So wie einst Christoph Baumgartner hat der heute 20-Jährige im St. Pöltner Sport-Gym eine Klasse übersprungen, ohne Probleme mit den Noten zu bekommen.
„Das hab’ ich gar nicht gewusst“, sagt Feldhofer und erklärt: „Intelligent und extrem fleißig – das ist für einen Trainer bei einem Talent wie Zimmermann der best case.“
Martin Moormann ist ein Beispiel dafür, wie wichtig das richtige Timing in einer Karriere ist: Marko Dijakovic zog im internen Ranking an dem von einer Schambeinentzündung gebremsten Weinviertler vorbei. Die beiden sind nicht nur gleich alt, sondern gehören auch zur seltenen Spezies, zwei Positionen gleich gut spielen zu können: Linker Außenverteidiger und Innenverteidiger. Das Duo wechselte sich bei Rapid II teils sogar während einer Partie auf den beiden Positionen ab.
„Die beiden hätten um Einsätze gekämpft und sich die Spielzeit wohl aufgeteilt“, erzählt Feldhofer. Doch plötzlich platzte im Oberschenkel von Dijakovic ein Blutgefäß. Während der nun topfitte Moormann Spiel um Spiel macht, kann sein jahrelanger „Rapid-Zwilling“ wohl erst nächste Saison wieder mit Einsätzen rechnen.
Bei Niklas Hedl wird nach fünf Einsätzen noch auf den ersten Fehler gewartet. Dass der seit Donnerstag 21-Jährige abhebt, ist unvorstellbar: „Ich wohne noch zu Hause.“ Papa Raimund hat es selbst miterlebt, was es heißt, bei Rapid um die Nr. 1 zu kämpfen und bespricht sich mit seinem ältesten Sohn (der 19-jährige Tobias stürmt für Rapid II) täglich.
Schneller als geplant
Viele waren überrascht, dass Richard Strebinger ablösefrei nach Warschau durfte – er wartet weiter auf einen Einsatz für Legia. Doch Barisic sagte bereits im Herbst: „Niki ist jetzt schon besser, als es Papa Mundi jemals war.“ Intern wurde Hedl immer als künftige Nr. 1 gehandelt.
Durch die Verletzung von Paul Gartler, just als die langjährige Nr. 2 doch Strebinger verdrängt hatte, ging alles schneller als geplant. Wenn Hedl auch noch im Derby überzeugt, wird er nach der Länderspielpause zur offiziellen Nr. 1 aufsteigen.
Blühende Jungveilchen
Mach aus der Not eine Jugend. Die Austria schlug im Sommer einen Weg ein, der sich extremer als erwartet gestaltete. Aufgrund der Finanzprobleme setze man vermehrt auf den Nachwuchs, der sich nun in der Kampfmannschaft freigeschwommen hat. Trainer Manfred Schmid ist ein Freund des Wurfs ins kalte Wasser, „weil sich die Burschen so schnell wie möglich an die Bundesliga gewöhnen müssen“. Die Basis muss eine gute Grundausbildung in der Akademie, sowie Spielpraxis bei den Young Violets sein.
Die Fans gehen den Weg mit, finden ihn mittlerweile alternativlos und sympathisch: 2000 werden live in Hütteldorf dabei sein, so viele wie nie zuvor im Allianz Stadion.
Matthias Braunöder dribbelte sich als 19-Jähriger in die Herzen der Anhänger. Körperlich weist er internationale Top-Werte auf, ist laufstark, kampfkräftig, und kann darüber hinaus auch gut kicken. Trainer Schmid sieht in Braunöder Ähnlichkeiten zu ihm als jungen Austria-Spieler von damals.
Sportdirektor Manuel Ortlechner sieht den „Fall Braunöder“ als ideales Beispiel, wie gute Ausbildung im Nachwuchs irgendwann einmal in der ersten Mannschaft Früchte trägt: „ So wollen wir künftig Talente integrieren.“
Braunöder absolvierte zuletzt den Grundwehrdienst im Bundesheer, was ihn aber nicht vom Training abhielt. Oft rief er nach „Dienstschluss“ das Trainerteam an und bat um eine abendliche Einheit im Stadion. An das Allianz Stadion hat Braunöder beste Erinnerungen. Beim 1:1 am 5. Dezember brachte er die Austria in Minute eins in Führung.
Aleksandar Jukic gilt schon länger als großes Talent, diese Saison konnte der 21-Jährige durchstarten. Zuletzt war er verletzt, weshalb ein Startelf-Einsatz heute fraglich ist.
Vor allem seine Einstellung zu seinem Beruf habe sich gewandelt, betonen die Verantwortlichen, die ihm Qualitäten wie eine besonders ausgefeilte Schusstechnik zuschreiben. Jukic kann bei positiver Entwicklung ein Spieler werden, der den Unterschied ausmacht.
Früh reif
Murahem Huskovic hatte anfänglich Probleme, das ungewohnte Pensum in der Liga körperlich zu verarbeiten. Die Anlaufzeit ist vorüber, der 19-Jährige hat Schwung aufgenommen in der Offensive, ist ein Stürmer, der die Räume sucht, weite Wege geht.
Aber nicht nur seine sportliche Entwicklung ist der Führung ein Anliegen, auch bei der bevorstehenden Matura soll Huskovic Reife zeigen. Schmid: „Wir schauen drauf, weil es uns wichtig ist, dass er diesen Abschluss macht.“ Ortlechner bestätigt: „Er soll jetzt nicht noch auf der Zielgeraden stolpern.“
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