Rapid-Trainer Didi Kühbauer: "Der Gegner war mein Feind"
Zum Saisonauftakt geht es gegen einen alten Bekannten: Toni Polster und seine Wiener Viktoria aus der Ostliga kommen in der ersten Cup-Runde am Freitag nach Hütteldorf. Markus Schopp, ein anderer Kollege aus vielen gemeinsamen Nationalteam-Einsätzen, hat Didi Kühbauer den Weg frei gemacht an die Spitze der Trainer-Liste: Weil der Hartberg-Coach nach Barnsley gewechselt ist, wurde der 50-jährige Rapidler zum längstdienenden Chefcoach in Österreichs oberster Spielklasse. Zeit für einen Rückblick, Ausblick und grundsätzliche Gedanken über den nervenaufreibenden Beruf des Trainers im Profifußball.
KURIER: Mit zwei Jahren und neun Monaten im Amt sind Sie der längstdienende Trainer in der obersten Spielklasse. Ist diese Kurzlebigkeit für Sie erschreckend, oder sehen Sie es als Auszeichnung für Ihre kontinuierliche Arbeit?
Didi Kühbauer: Es ist auf jeden Fall arg! Auch für die besten Trainer geht es im ersten Jahr nur um den Erfolg: Wenn die Ergebnisse nicht stimmen, setzen sie dich auf die Straße. Dass ich nach knapp drei Jahren schon die Nummer eins bin? Nein, damit hätte ich wirklich nicht gerechnet.
Welche Bedeutung hat dieser selten gewordene Zeitraum für Sie?
Es zeigt mir, dass wir vieles richtig gemacht haben. Rapid wurde von Corona am härtesten getroffen, aber wir sind gut damit umgegangen, haben uns weiterentwickelt.
Pep Guardiola erklärte einst, drei Jahre bei einem Verein wären genug. Oder bevorzugen Sie Christian Streich, der zehn Jahre im Amt ist?
In Freiburg haben sie mit Christian Streich eine Philosophie. Natürlich gibt es ein Auf und Ab, aber sie ziehen es gemeinsam durch. Dieses Modell gefällt mir besser als die Aussage von Pep Guardiola.
Trotzdem muss es nach drei Jahren mit tagtäglichem Kontakt Abnutzungserscheinungen geben. Sehen Sie hier keine Gefahr?
Eine Abnutzung ist immer da. Die entscheidende Frage ist: Wie viele Spieler sind unzufrieden? Wir haben ein sehr gutes Mannschaftsklima. Wir müssen uns nicht jeden Tag drücken, aber Respekt ist wichtig. Ich versuche das mit klaren Aussagen zu schaffen: Die Spieler sollen wissen, woran sie sind. Das ist eine meiner wichtigsten Aufgaben.
Sie haben zuletzt Jonas Auer mit einem Anruf überzeugt, bei Rapid zu unterschreiben. Wie kommunizieren Sie mit Transferkandidaten?
Ich will mit jedem vor der Unterschrift länger reden und glaube, dass ich gute Sensoren habe: Wenn ein Spieler unbedingt zu Rapid will, wird er dir alles Mögliche erzählen. Aber ich will hören, was er sich wirklich denkt und wie er sich selbst bei Rapid sehen würde. Und dann kommt noch eine Warnung dazu.
Welche denn?
Neben den hohen Ansprüchen ist bei Rapid der Druck noch einmal höher als woanders. Kevin Wimmer brauch’ ich nix mehr erzählen, aber viele von den Jungen können sich das vorab nicht vorstellen. Plötzlich kennt dich jeder – das ist im Erfolg wunderbar. Aber wenn es nicht gut läuft, musst du im Kopf stark sein. Außerdem müssen sie versuchen, die virtuelle Welt und was dort gepostet wird, auszublenden. Manche schaffen das kaum noch, weil sie vom Internet gefangen wirken.
Ein Ziel war, die besten Talente zu bekommen. Gelingt das – sofern nicht Salzburg mitbietet?
Wenn Rapid ruft, solltest du bessere Chancen haben als andere. Bei mir war’s damals immer klar: Da hat auch Salzburg keine Chance gehabt.
Wie meinen Sie das?
Ich habe wie von der Wiener Austria auch von Casino Salzburg ein Angebot bekommen. Präsident Quehenberger wollte mich zu ihrer eingeschworenen Truppe holen, aber das war für mich kein Thema.
Für welchen Bereich hätten Sie noch gerne Zugänge?
Wir könnten auf mehreren Positionen Zugänge vertragen, weil das Programm sehr herausfordernd wird. Aber ich bin auch ein Trainer – manchmal zu meinem eigenen Leidwesen – der auf den Klub schaut: Was ist finanziell möglich? Mir ist es eben nicht egal, was in ein paar Jahren nach mir mit dem Verein los ist.
Ercan Kara haderte nach einem abgelehnten Transfer-Angebot aus England. Hatten Sie Sorgen, dass Sie ihn emotional verlieren?
Erci ist ein hochintelligenter Bursche. Er weiß ganz genau, was er zu tun hat. Und das wird er jeden Tag machen, solange er bei Rapid ist.
Bei Taxi Fountas dauerte es länger, bis er sich wieder voll auf Rapid fokussiert hat. Ist er der Alte?
Ja. Taxi hat griechisches Temperament: Er ist ein lieber Kerl, aber auch aufbrausend – was nicht immer gut für ihn ist. Ich habe öfters weggeschaut, aber ich musste ihn auch mal „runterschießen“. Wenn er im Kopf klar bleibt und sein Temperament besser kanalisiert, würde seine Reise weiter nach oben gehen.
Waren Sie als Spieler auch so aufbrausend wie Fountas?
Natürlich war ich aufbrausend. Das war für mich nicht immer gut, auch ich habe überzogen. Aber es war gut für meine Mannschaften, weil ich ihnen geholfen habe: Der Gegner war mein Feind. Viele von ihnen waren vor und nach dem Match meine Freunde, aber sie wussten, dass sie es 90 Minuten lang nicht schön haben gegen mich.
In welchen Bereichen muss sich die Mannschaft verbessern?
Individuell haben wir viele talentierte Spieler, bei denen noch viel möglich ist. Bei Yusuf Demir wäre da ein besonders großer Schritt zu erwarten gewesen. Als Mannschaft werden die nächsten Schritte schon schwieriger, weil wir auf einem sehr guten Niveau unterwegs sind: Spielerisch wie auch beim Tempo. Aber ich sehe einen Bereich, wo speziell Salzburg große Vorteile hat.
Und zwar wo?
Bei der Zweikampfführung. Sie kommen mit hoher Geschwindigkeit in die Duelle und führen sie dann meist besser als wir. Da haben wir großen Verbesserungsbedarf.
Was ist im Europacup gegen Sparta Prag zu erwarten?
Das ist eine gute Mannschaft, die das Spiel machen will und dabei physisch sehr stark ist. Vor allem defensiv haben sie da richtige Einbauschränke. Es wird schwierig, aber wir werden unsere Chancen haben.
Am Freitag wartet das erste Pflichtspiel ohne Zuschauerbeschränkung seit März 2020. Wie empfinden Sie die Rückkehr der Fans?
Das ist einfach nur schön! Wenn ich zurückdenke, tut mir das für die Fans noch jetzt im Herzen weh: Wir haben so viele sehr gute Heimspiele abgeliefert – das wären Fußballfeste gewesen. Aber in einem leeren Stadion wirkt das halt nicht so. Fußball ist und bleibt Emotion.
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