Im März 1988 tauchte in Österreichs Fußball ein junger Spieler auf. Der 16-Jährige war technisch beschlagen und fiel optisch mit langen Haaren und wilden Locken auf. 33 Jahre später ist er immer noch präsent im österreichischen Fußball, als Trainer von Rapid. Dietmar „Didi“ Kühbauer wird am 4. April 50 Jahre alt. Der Burgenländer hat in all der Zeit vor allem eines gemacht – er hat keinen Fußballfan kalt gelassen.
Didi Kühbauer: Im Herzen war ich immer ein einfacher Mensch, für den die Familie das Wichtigste ist. Ich habe zwei wohlerzogene Kinder und eine Frau, die daran einen sehr großen Anteil hat.
Ihre ältere Tochter ist 16. In dem Alter haben Sie bei der Admira in der Bundesliga ihr Debüt gegeben. Wie viel haben Sie damals verdient?
2.500 Schilling (Anmerkung: 180 Euro, damals kostete ein Liter Milch 10 Schilling, nach heutiger Kaufkraft wären das rund 1.500 Euro). Aber ich habe damals nicht lange verhandelt, ich wollte nur Fußball spielen. Und ich hatte auch keinen Manager.
Den hat mittlerweile jeder junge Spieler.
Das ist nicht das Problem. Nur dass mancher junge Spieler den Managern mehr vertraut als dem Trainerteam, das ihn ja besser machen will. Die Manager sagen ihnen, dass sie sie zu diesem Klub bringen können oder zu jenem. Ich sage aber: Ein guter Spieler kommt immer weg. Ich habe keinen Manager gehabt, aber 1997, als ich von Rapid weggegangen bin, hatte ich Angebote von sechs guten Vereinen.
Heute fahren junge Spieler schon im Porsche herum. Welches war Ihr erstes Auto?
Ein Golf Cabrio. Ich habe damals gut gelebt und viele Freunde mitleben lassen.
Wie lange?
Ich habe für das Auto einen Kredit aufgenommen. Den habe ich abbezahlt und nie mehr Schulden gemacht. Die Zeit als Profi ist kurz, da sollte man auf andere Dinge schauen als auf Statussymbole. Es ist besser, eine Wohnung zu kaufen als ein dickes Auto oder Designerklamotten. Wobei viele der jungen Spieler cleverer sind als einige vor 30 Jahren.
Ich habe noch keinen angelogen. Ich sage ihnen ehrlich, was sie falsch machen und was sie besser machen können. Ich sage ihnen sogar, wenn ich der Meinung bin, dass sie weiterreisen sollen, um sich zu verbessern. Da schaue ich auf den Klub und nicht auf mich als Trainer. Viele Junge haben nichts gekostet oder wurden später teuer verkauft.
Didi Kühbauer wurde am 4. April 1971 geboren und wuchs mit drei Geschwistern in Mattersburg auf. Er ist verheiratet mit Ingrid und hat zwei Töchter, Emily (16) und Kim (13).
Er spielte bei der Admira in der Bundesliga erstmals am 13. März 1988 beim 0:1 in Innsbruck unter Trainer Gustl Starek. Der technisch beschlagene Jungstar entwickelt sich schon früh zu einem Führungsspieler. 1992 wechselte er zu Rapid, feierte unter Ernst Happel den ersten von 55 Teameinsätzen und trug bei der WM 1998 den österreichischen Teamdress. 1997 ging er zu Real Sociedad nach San Sebastián, 2000 zu Wolfsburg. Von 2002 bis zum Ende seiner aktiven Laufbahn spielte er in Mattersburg. Mit Rapid wurde er 1995 Cupsieger und 1996 Meister. 1996 verlor er mit Rapid das Finale im Europacup der Cupsieger gegen Paris SG 0:1.
Im Frühjahr 2009 saß er erstmals als Cheftrainer auf der Bank, bei den Admira Amateuren. 2010 übernahm er die Profis, stieg mit ihnen 2011 auf und hörte im Sommer 2013 in der Südstadt auf. Schon im Herbst 2013 wurde er vom WAC engagiert, wo er bis 2015 tätig war. Er arbeitete danach als TV-Experte, bis er 2018 den Job bei St. Pölten übernahm und im Oktober 2018 von Rapid geholt wurde. Das Sonntag-Spiel beim WAC ist sein 251. als Trainer in der Bundesliga.
Es gibt immer wieder Spieler, die es im Profifußball geschafft haben, ohne in einer Akademie zu sein. Wie bei Sasa Kalajdzic zu sehen ist.
Die Akademien sind gut, aber kein Allheilmittel. Man darf ihnen dort nicht die Individualität nehmen. Wer als Junger den Weg über den Erwachsenenfußball genommen hat, muss den harten Umstieg zum Profifußball meistern wollen. Den Eindruck hatte ich bei Kalajdzic, weshalb ich ihn auch holen wollte. Wobei einige an ihm gezweifelt haben.
Sie haben ein gutes Auge für junge Spieler, viele starteten unter Ihnen eine sehr gute Karriere. Wie suchen Sie Spieler aus?
Ich will vor allem ihre guten Fähigkeiten ausbauen und nicht nur an den Schwächen arbeiten. Auch wenn das manchmal notwendig ist. Ich schaue auch, wie sie auftreten und will wissen, wie sie als Person sind.
Am Beispiel Yusuf Demir?
Der ist ein großartiger Fußballer, der ein Riesentalent geschenkt bekommen hat. Um ein Großer zu werden, muss er aber noch an einigen Dingen arbeiten. Man muss aber auch sehen, dass er erst 17 Jahre alt ist. Wenn er alles beherzigt, hat er eine große Karriere vor sich.
Wie war der Umgang mit den Jungen Ende der 80er-Jahre?
Es war härter. Du warst in der Hackordnung ganz unten, du hast in der Kabine nichts sagen dürfen. Viele Trainer haben sich mit den Jungen nicht so intensiv beschäftigt. Ich habe mir von anderen Spielern viel abgeschaut. Wie behauptet der den Ball, wie setzt der andere seinen Fußball-IQ ein, um zum Beispiel mangelnde Schnelligkeit wettzumachen?
Derzeit wird in leeren Stadien gespielt, wo man jedes Wort versteht. Stört Sie das?
Ich finde vor allem die leeren Stadien bedrückend. Mir tut es um unsere Fans leid. Meine Burschen machen es wirklich gut, da hätten die Fans eine Riesenfreude.
Eine Vertragsverlängerung und der 50er. Da fällt das Wort Geschenk.
Es nettes Wortspiel, aber es wird niemand glauben, dass einem im Profifußball etwas geschenkt wird. Da geht es um Punkte und Leistung.
Und wie schaut Ihre Leistung bei Rapid aus?
Wir liefern ehrliche Arbeit ab und haben den Abstand zu Salzburg verringert. Als Ziel bleibt der Titel, denn irgendwann will jeder Erster werden. Auch wenn Salzburg ganz andere Möglichkeiten hat.
Bei Ihnen drängt sich eine letzte Frage auf: Sie waren stets ein Reibebaum und sind es noch. Woran liegt das?
Ganz ehrlich? Mich macht es müde, immer und immer darüber reden zu müssen. Da ist ein Bild entstanden, da kann ich nicht mehr raus. Ich will mich nicht rechtfertigen, ich habe nie den Drang gehabt, dass ich in der Öffentlichkeit aufscheinen muss.
Aber haben Sie früher keine Fehler gemacht?
Wer hat keine Fehler gemacht? Aber die Prüfungen, die du im Leben gehabt hast, verändern dich als Mensch. Im Grunde bin immer noch der, der ich war. Vor allem ein Familienmensch.
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