ÖFB-Präsident Gerhard Milletich hat seine erste Teamchefbestellung hinter sich gebracht. Und mit einem prominenten Namen hat er den Ruf bestätigt, ein Macher zu sein. Der Burgenländer freut sich auf die neue Ära, den neuen Teamchef und verfolgt unverändert alte Ziele. Es soll in seiner Regentschaft nicht nur die Qualifikation für eine EM gelingen, er hat auch die erste WM-Teilnahme seit 1998 im Visier.
KURIER: Wie zufrieden sind Sie mit der Teamchef-Lösung?
Gerhard Milletich: Es geht nicht darum, ob ich zufrieden bin. Vielmehr bin ich überzeugt davon, dass diese Bestellung den ÖFB und den österreichischen Fußball weiterbringt. Ich habe das Gefühl, dass man hier einiges verändern kann.
Ist der ÖFB über seinen Schatten gesprungen?
Vielleicht. Wenn es an den Strukturen etwas zu verändern gilt, dann will ich das angehen. Mit dieser Entscheidung können wir definitiv etwas verändern und verbessern. Wir haben Spieler, die uns in den nächsten Jahren viel Freude bereiten können.
Es hat lange die Forderung gegeben, dass diese Mannschaft von der Leine gelassen werden müsste. Hat man dem Rechnung getragen?
Ich möchte nicht über Taktik und Philosophien sprechen, das obliegt der sportlichen Führung. Aber natürlich sollte man die Stärken der Spieler einsetzen.
Die neue Ära startet mit der Nations League. Was erwarten Sie?
Wesentlich ist, dass sich der neue Teamchef alles in Ruhe ansehen und sich ein Urteil bilden kann, damit man für die EM-Quali gerüstet ist. Es geht jetzt nicht um den Erfolg des Moments. Ziel ist, dass wir uns für die Turniere qualifizieren. Dazu ist es nötig, die richtige Mannschaft zu finden.
Sportdirektor Peter Schöttel stand in der Vergangenheit durchaus immer wieder in der Kritik. Nach der Teamchef-Bestellung haben Sie ihn öffentlich gelobt. Hat das sein Standing verbessert?
Der Prozess generell war gut. Wir haben über den Namen Ralf Rangnick vor allem in der finalen Phase sehr ausführlich gesprochen, als wir die Möglichkeit sahen, einen Trainer zu bekommen, der davor noch unmöglich schien. Peter Schöttel, Generalsekretär Thomas Hollerer, Geschäftsführer Bernhard Neuhold und ich haben uns da ausgetauscht. Wir waren alle der Meinung, dass wir es versuchen müssen. Und Schöttel hat das so umgesetzt, wie wir uns das gewünscht haben.
Hat es Sie letztlich überrascht, dass so ein Kaliber doch finanzierbar ist?
Es ist schwer, so einen Trainer als Teamchef nur über das Finanzielle zu holen. Er hat einen echten Willen, beim ÖFB tätig zu sein, Geld spielt da tatsächlich eine untergeordnete Rolle. Wenn jemand will und beim Wirtschaftlichen zurücksteckt, dann wird so etwas möglich.
Wie sehr half dabei, dass die EM 2024 ausgerechnet in Rangnicks Heimat Deutschland und nicht anderswo stattfindet.
Das war sicher förderlich. Da ist ohne Zweifel schon auch ein persönlicher, emotionaler Anreiz dabei.
War Rangnick für Sie immer ein Wunschkandidat?
Ja, ich hatte Rangnick am Radar, er war mein Wunsch-Kandidat Nummer 1. Obwohl ich nicht wusste, ob dies überhaupt zu realisieren ist. Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund hat uns dabei sehr geholfen, weil er den direkten Draht zu Rangnick besitzt. Wie man sieht, hat es sich ausgezahlt. Freund hat hier eine sehr wichtige Rolle gespielt.
War Freund letztlich der Teamchef-Macher?
Das würde ich so nicht sagen, vielmehr hat er einen Weg geebnet, um an die Sache herangehen zu können.
Rangnick hat bei all seinen Stationen auch Strukturen in den Vereinen angegriffen. Wie weit ist das beim ÖFB auch gewünscht?
Darüber habe ich mit Peter Schöttel gesprochen, ich gehe davon aus, dass sich Rangnick auch in den anderen Nationalteams einiges ansieht. Wenn man so eine Person in seinen Reihen hat, dann ist es notwendig, den Gesichtspunkt und die Veränderungswünsche des neuen Teamchefs heranzuziehen. Das muss er mit Sportdirektor Schöttel besprechen, denn beide sind für den sportlichen Bereich zuständig.
Wie sind die Kompetenzen aufgeteilt, wie weit hat Rangnick freie Hand? Schöttel ist nicht sein Vorgesetzter.
Ich bin überzeugt, dass beide sehr gut kooperieren und im Sinne des österreichischen Fußballs alles umsetzen werden.
Sie haben keine Bedenken, dass es knirschen könnte?
Ich sehe kein Problem. Es sind Fachleute, die Verantwortung übernehmen sollen.
Zuletzt gab es immer wieder konstruktive Forderungen, darunter vom KURIER-Kolumnisten Marc Janko, die ÖFB-Strukturen weiterzuentwickeln. Was halten Sie davon?
Es steht jedem frei, seine Meinung zu äußern. Und wenn derjenige eine Plattform hat, dann geht das in Ordnung. Kommentare sind gut, solange sie der Sache dienen. Konstruktive Kritik von außen kann hilfreich sein.
Es war Ihre erste Teamchef-Bestellung – gleich mit einem großen Namen, der für einen Aha-Effekt sorgt. Klingt das gut für Sie?
Grundsätzlich ja, aber das war nicht der Grund für die Entscheidung. Wichtig war, dass wir Impulse setzen.
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