ÖFB-Star Sarah Zadrazil: "Deutschland hat wichtige Schritte gemacht"

FUSSBALL FRAUEN: UEFA EM QUALIFIKATION: ÖSTERREICH - ISLAND
In der Nations League geht es für die ÖFB-Frauen zum Abschluss in Wien gegen Deutschland. Eine, die dort wohlbekannt ist, ist Sarah Zadrazil.

Zweimal ging es vergangenes Jahr für die Österreicherinnen in der EM-Qualifikation gegen Deutschland, heuer wurden die gut bekannten Nachbarinnen dem ÖFB-Team in der Nations League zugelost.

Sarah Zadrazil verpasste alle drei bisherigen Partien gegen Deutschland. Heute Abend im Franz-Horr-Stadion (20.30 Uhr/live ORF Sport+) soll es jetzt endlich klappen. 

Die 32-jährige Zadrazil, die zum ÖFB-Nationalteam gehört, seit sie 17 ist, ist bei den Gegnerinnen wohlbekannt. Sie spielt seit neun Jahren in Deutschland, hat heuer mit Bayern München Meisterschaft und Cup gewonnen und zuletzt das hoch dotierte World-Sevens-Turnier in Portugal. 

Mit den Bayern sind Sie im Hoch. Das Team hat das Double gewonnen und Sie haben eine zentrale Rolle in einem hochkarätigen Team. Was ist der Grund für den Erfolg?

Unser Teamgefüge und unser Teamgeist. Und was wir für eine harmonische Mannschaft sind – mit Toptalenten und enorm viel Qualität. Wir haben eine extreme Breite im Kader, das ist der Grund, warum wir in der Rückrunde so souverän waren. Es macht extrem viel Spaß, mit dieser Mannschaft auf dem Platz zu stehen. Mit Supercup, Pokal, Meisterschaft und dem World-7-Turnier haben wir in dieser Saison vier Titel gewonnen – eine extrem erfolgreiche Saison. Ich freue mich auf die nächste Saison, wo wir auch in der Champions League die nächsten Schritte gehen können, man hat heuer schon gesehen, wie knapp wir dran sind.

Welchen Stellenwert haben Fußballerinnen in Deutschland? Werden Sie auf der Straße erkannt? 

Zum Glück ist es noch nicht so, dass wir in München immer und überall erkannt werden. Wir haben doch noch einige Freiheiten und eine gewisse Anonymität. Ich weiß das sehr zu schätzen, denn das ist im Männerfußball anders. 

Merken Sie ein wachsendes Interesse?

Natürlich merkt man, dass der Frauenfußball wächst und dass die individuelle Rolle und der Marktwert immer höher werden. Aber der Bekanntheitsgrad ist noch im Rahmen.

Haben Sie das Gefühl, es hat ein Umdenken in Unternehmen, Medien usw. gegeben, dass Frauenfußball als eigene Größe, eigene Chance wahrgenommen wird? Raus aus dem Schatten des Männerfußballs?

Ich denke schon, dass viele Firmen den Frauenfußball mittlerweile anders einordnen und ihn als Chance sehen und uns daher auch stark unterstützen. Da sind wir schon aus dem Schatten des Männerfußballs herausgekommen. Das liegt sicher auch an der rasanten Entwicklung, dass Unternehmen das Potenzial sehen. Es ist sicher noch Luft nach oben, aber es hat ein gewisses Umdenken gegeben in den letzten Jahren.

Auch in Deutschland hat es lange Diskussionen gegeben um die Wertigkeit von Frauenfußball. Was hat dazu geführt, dass der Stellenwert höher wurde?

Die Sichtbarkeit war ein wichtiger Schritt, um das Image des Frauenfußballs zu verbessern. Mittlerweile kann man alle Spiele der deutschen Liga im Fernsehen verfolgen. Es wird in großen Stadien gespielt, die Vermarktung ist viel besser. Die Übertragungen der Spiele sind besser. Man spielt Pokalfinale in einem ausverkauften Stadion in Köln. Das macht alles das Produkt Frauenfußball besser und ich denke, dass Deutschland da zuletzt richtig gute Schritte gemacht hat. Vor allem England zeigt, was da möglich ist, steckt noch mehr Geld hinein. Da darf man keine Grenzen setzen.

Was hat Deutschland diesbezüglich Österreich voraus? Und warum?

Die Finanzierung und die Möglichkeiten, die man in den einzelnen Vereinen hat. Es wäre wichtig, in Österreich jetzt die nächsten Schritte zu gehen, was die Infrastrukturen betrifft. Damit man professionell arbeiten kann. Man sollte eine eigene Profiliga schaffen, dass wirklich alle Mädels auch in Österreich das hauptberuflich machen können, weil es einfach ein extremer Zeitaufwand ist, wenn man die Doppelbelastung hat. Man müsste den Mädels Topbedingungen bieten, da ist Deutschland schon einen Schritt voraus. Nicht alle Vereine, aber die meisten. Man kann sich rein auf den Fußball konzentrieren. Wir haben am FC Bayern Campus Topbedingungen. Nur so kann man professionell arbeiten. In Österreich sollte man auch in der Breite bzw im jungen Alter anfangen, in den Frauenfußball zu investieren. Dass man den jungen Mädels mehr Möglichkeiten gibt, Fußball zu spielen. Da muss man anfangen, denn alles, was von unten nachkommt, macht den Profibereich besser.

Sie sind in einer Zeit Teamspielerin geworden, in der für Fußballerinnen vieles noch nicht selbstverständlich war. Wie haben Sie den Wandel erlebt und was wären die nächsten Schritte zum „equal play“?

Wie schon erwähnt, sicher die Profiliga. Aber auch sonst einfach gute Bedingungen, gute Plätze, gute Stadien. Es macht einen Unterschied, wenn das Spiel übertragen wird und man ist in einem ausverkauften Stadion und nicht auf irgendeinem Dorfplatz. Insofern hat Österreich noch viel Potenzial. Ich habe miterlebt, wie es war und wie es mittlerweile ist. Ich werde nie vergessen, wo ich herkomme und was ich erlebt habe, aber es ist auch gut, dass es mittlerweile so ist, wie es ist. Wir haben hart dafür gekämpft. Aber es ist immer noch Luft nach oben.

Was braucht es in Österreich, um wieder einen Hype für Frauenfußball auszulösen, wie wir ihn z. B. 2017 erlebt haben?

Gute Frage. Wir würden uns alle wünschen, dass der Frauenfußball in Österreich wieder mehr Anerkennung bekommt. Und dass auch bei Länderspielen uns mehr Zuschauer unterstützen und gesehen wird, was für Potenzial im Frauenfußball steckt. Es ist schade, dass es in Österreich so schwierig ist, die Zuschauer zu gewinnen. Was es dafür braucht, ist vermutlich Erfolg. Wenn der Erfolg stimmt, ist auch die Unterstützung da. Das ist uns leider mit der EURO nicht gelungen. Wir müssen deshalb versuchen, uns für die WM zu qualifizieren, um wieder bei einem Großevent dabei zu sein. Wir müssen uns auf das konzentrieren, was wir beeinflussen können, und das ist unsere Leistung.

Was würden Sie sich für junge Mädchen in Österreich wünschen, die ihre Leidenschaft im Fußball finden?

Dass sie die Möglichkeit haben, unter Topbedingungen zu arbeiten und sich weiterzuentwickeln. Dass ihnen keine Steine in den Weg gelegt werden, sondern dass man es ihnen so leicht wie möglich macht – so wie vielleicht auch den Jungs in Österreich. Weil der Frauenfußball viel Potenzial hat. Er braucht die richtigen Bühnen und die richtigen Möglichkeiten. Dass man durch den Frauenfußball auch die jungen Mädels erreicht.

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