ÖFB-Star Barbara Dunst: "Frauenfußball hat eine Dynamik angenommen"

ÖFB-Star Barbara Dunst: "Frauenfußball hat eine Dynamik angenommen"
Barbara Dunst ist ein Fixpunkt im ÖFB-Team, fehlt aber verletzt. Sie spricht über den neuen Trainer, den Frauenfußball in Österreich und Ziele mit dem Nationalteam.

Das ÖFB-Frauen-Nationalteam startet mit dem heutigen Nations-League-Spiel in eine neue Ära. Die 87-fache Teamspielerin Barbara Dunst muss verletzt zusehen. Die Mittelfeldspielerin steckt nach ihrem Kreuzbandriss Anfang Dezember mitten in der Reha und ist schon in Kontakt mit dem neuen Teamchef Alexander Schriebl.

KURIER: Das Wichtigste zuerst. Wie geht es Ihnen?

Barbara Dunst: Ich habe die Verletzung von der ersten Minute voll angenommen, fühle mich sehr wohl in der Reha, werde hier wirklich sehr gut betreut, fast jeden Tag vier bis fünf Stunden – volles Programm von Krafttraining über Behandlung bis hin zu Regenerationsphasen. Ich bin jetzt so in meiner Reha-Bubble, voll fokussiert auf mich und es macht mir echt Spaß.

Wovon hängt es ab, ob man eine Verletzung „annehmen“ kann, wie Sie sagen? Haben Sie Erfahrung?

Nein, ich habe gar keine Erfahrungen mit Verletzungen, habe noch nie eine Rehaphase durchlebt. Aber leider habe ich sehr viel in meinem Umfeld mitbekommen, weil sehr gute Freundinnen von mir – wie Lisa Makas, Laura Wienroither, Kathi Naschenweng oder Tanja Pawollek von Frankfurt – solche schweren Verletzungen schon durchlebt haben. Ich habe mich mit ihnen unterhalten und dachte mir damals, es könnte durchaus sein, dass mich so etwas auch mal trifft, das gehört zum Sport dazu.

Was bedeutet es sportlich für Sie?

Sportlich ist in erster Linie schade, dass ich bis Ende der Saison nicht mitwirken kann, was die Vereinsziele angeht, die mir persönlich sehr wichtig waren. Mein Vertrag geht bis 2025, vor allem der zweite Platz war für mich vor der Saison einfach so eine Sache, die ich gerne erreichen wollte. Wir haben zwar die Champions-League-Gruppenphase nicht erreicht, aber es gab zum Zeitpunkt der Verletzung ja noch den Pokal und die Meisterschaft – und die ist ja noch möglich.

…und mit der Nationalmannschaft?

Das größte Ziel war für mich natürlich die Europameisterschaft und das sitzt jetzt natürlich schon sehr tief, da bin ich ehrlich. Da wäre ich sehr, sehr gerne hingefahren. Aber es ist jetzt eben so, muss man auch akzeptieren. Deswegen freut es mich, dass es für die Mädels gleich mit der Nations League weitergeht. Das ist ein cooler Wettbewerb! Und ich hoffe, mit all den Veränderungen im Team, dass sie jetzt einmal befreit aufspielen können und die Nations League nutzen, um zu zeigen, dass Österreich mit dem Rückschlag gut umgehen kann.

Sind Sie in Kontakt mit dem neuen Teamchef Alexander Schriebl?

Wir haben ein Telefonat geführt, das war wirklich sehr positiv! Es war auch interessant, was die Spielphilosophie betrifft. Ich wünsche mir, dass die Mädels mitziehen, dass er mit ihnen gleich beim ersten Lehrgang voll auf einer Wellenlänge ist. Es ist klar, dass vielleicht nicht immer alles sofort funktioniert, aber es hat auf alle Fälle sehr positiv geklungen.

ÖFB-Star Barbara Dunst: "Frauenfußball hat eine Dynamik angenommen"

Barbara Dunst, 27, arbeitet an der Rückkehr nach einem Kreuzbandriss im Dezember

Wie will er denn spielen?

Soweit ich das beurteilen kann: aktiven Fußball, Pressing, marschieren und so schnell es geht den Weg zum Tor suchen. Gar nicht lange herumfackeln.

Wie schnell kann man so etwas aufnehmen?

Das braucht natürlich Zeit. Es kann auch sein, dass in diesem Lehrgang noch nicht alles perfekt ist und im nächsten vielleicht auch noch nicht. Aber wir haben die Nations League und dann müssen wir einfach schauen, dass wir auf den Punkt funktionieren, wenn es dann wirklich drauf ankommt – da spreche ich von der WM-Quali und von der nächsten Europameisterschaft. Ich würde mir wünschen, dass Österreich ihm und den Mädels die Chance gibt, zu einer Gemeinschaft zusammenzuwachsen. Er will einen sehr aktiven Fußball spielen und das finde ich recht cool. Im Endeffekt geht es im Fußball um Tore und um den Sieg und da hat er schon sehr gute Ansätze. Die Art und Weise, wie er spielen will, das passt zu uns.

Ist es ein blöder Zeitpunkt, verletzt zu sein, wenn der Trainer wechselt?

Einen passenden Zeitpunkt gibt es nicht. Klar, ich verpasse jetzt vielleicht einige Prozesse am Anfang, das ist mir bewusst. Wenn ich wieder fit bin, werde ich versuchen, mich so in die Mannschaft zu fügen, dass es passt.

Kannten Sie Alexander Schriebl, bevor er bestellt wurde?

Der Name hat mir schon etwas gesagt. Aber weil es bei seiner Bestellung so rübergekommen ist, als kenne ihn niemand, bzw. als hätte er keinen krass erfolgreichen Lebenslauf, was das Trainerwesen angeht: Ich finde gerade solche Geschichten sind immer sehr besonders, wenn die Bestellung einer Persönlichkeit dann fruchtet mit der Nationalmannschaft, wenn er die Mädels mitreißt, sie einfach ins Boot holt. Mich hat das Gespräch total beeindruckt und motiviert, zurückzukommen. 

Sind Sie eigentlich noch in Kontakt mit Irene Fuhrmann?

Wir waren im Austausch, vor allem nach der Entscheidung, sie gehen zu lassen. Und sie hat mir auch geschrieben wegen meines Kreuzbandrisses. Es besteht ein ganz normaler Kontakt.

Wie schätzen Sie das Duell am Dienstag gegen Deutschland ein? Ein Land, in dem Sie und viele andere Österreicherinnen spielen und das in den Entwicklungsschritten im Frauenfußball Österreich einiges voraus ist…

Unabhängig von dieser „Rivalität“, wie man es manchmal nennt, glaube ich, dass das ÖFB-Team in Nürnberg ein richtig cooles Spiel erwartet, vor allem, was die Zuschauerzahlen angeht. Die sind hier in Deutschland schon um einiges höher als in Österreich. Es wird eine coole Atmosphäre und es ist auch richtig cool, sich auf so einer Bühne zu zeigen. Deutschland ist meiner Meinung nach eine Top-Nation mit super Spielerinnen. Da kann man sich auf hoher Ebene messen. Und viele Spielerinnen kennen die Gegnerinnen aus der Liga. Ich hoffe einfach, dass wir es schaffen, zu zeigen, dass wir trotzdem super viel Qualität in unseren eigenen Reihen haben – auch wenn wir leider nicht zur EM fahren.

Sie spielen seit Jahren in Deutschland und haben aus nächster Nähe mitgekriegt, wie sich der Frauenfußball dort entwickelt hat. Welchen Stellenwert hat er dort?

Auch in Deutschland ist es so, dass bei gewissen Themen noch gekämpft wird. Ähnlich wie bei uns, aber es hat schon enorme Sprünge gegeben. Die Nationalmannschaft ist erfolgreich, zuletzt etwa mit der Olympiamedaille. So etwas löst eine gewisse Euphorie im eigenen Land aus. Auch in Deutschland versucht man gewisse Modelle – wie zuletzt die Liga-Aufstockung. Die Vereine versuchen, professioneller zu werden, schaffen mehr Infrastruktur. Manche Vereine gehen in größere Stadien. Ich fühle mich sehr wohl in Deutschland, muss ich sagen.

Die Vorreiter im Frauenfußball sind trotzdem andere…

Ich wünsche mir, dass es weiter so bergauf geht. Andere Nationen wie England treiben natürlich voll an. In den USA wird unglaublich viel in den Frauenfußball investiert, da werden mittlerweile sehr hohe Ablösesummen bezahlt. Der Frauenfußball hat eine gewisse Dynamik angenommen. Und da muss auch Deutschland dranbleiben, das ist ihnen bewusst.

Österreich ist noch ein paar Schritte weiter hinten. Was würden Sie sich hier als nächsten Schritt wünschen?

Ich denke schon, dass es vom Erfolg der Nationalmannschaft abhängt, wie viel Dynamik wir in unserem eigenen Land auslösen können. So ehrlich muss man sein. Aber ich glaube auch, dass die etablierten Vereine – Austria Wien, Sturm Graz, wie sie alle heißen – die Offenheit besitzen müssen, sich für die Entwicklung des Frauenfußballs in Österreich auszusprechen. Sturm Graz ist für mich ein Paradebeispiel: Die Männer sind unglaublich erfolgreich gewesen, haben da international ein riesengroßes Ausrufezeichen gesetzt. Das war damals bei uns bei der Eintracht auch so. Und dann hat der Verein einfach gesagt, okay gut, wir möchten auch den Frauenfußball unterstützen und ein gewisses Budget an die Frauenabteilung abgeben. Das ist einfach so. Das würde ich mir für Sturm Graz auch wünschen. Das dauert vielleicht ein paar Jahre, bis sich das rechnet. Aber dann will man Entwicklungsschritte sehen. Und dann muss der Verein lernen, auch mit der Frauenabteilung zu wirtschaften.

Und da hakt es in Österreich noch?

Wahrscheinlich, ja, bei einigen Vereinen. Die Folge ist, dass viele Spielerinnen das Land schon in jungen Jahren verlassen, weil einfach die Qualität in anderen Ligen besser ist. Ich würde mir wünschen, dass es möglich ist, im eigenen Land gepusht zu werden. Wie in Deutschland zum Beispiel. Das Vereinsmodell von Austria Wien würde ich da auch gern positiv erwähnen. Sie machen wichtige Schritte, spielen auch im Stadion der Männer. Es ist kein Zufall, dass sich Spielerinnen wie Carina Wenninger, Kathi Schiechtl oder Virginia Kirchberger für den Verein entschieden haben. 

Würden Sie gerne in Österreich spielen?

Ich würde gerne irgendwann einmal in Österreich spielen und den österreichischen Frauenfußball vorantreiben und die Liga repräsentieren, aber es geht einfach von den Strukturen und den Gegebenheiten, von der Qualität einfach aktuell nicht. Das ist schade, aber ja, Geld spielt da natürlich eine große Rolle.

Welchen Einfluss haben Medien?

In Österreich sitzen bei Länderspielen 2.000 oder 3.000 Leute im Stadion, die das Spiel wirklich live sehen. Der Rest ist zu Hause vorm Fernseher oder liest es am nächsten Tag in der Zeitung. Die Medien haben da einen riesigen Einfluss. Klar: Der Sport braucht den Erfolg, den müssen wir bringen. Und es ist besonders bitter, wenn wir ohnehin schon kämpfen und dann gelingt es uns genau in dieser Phase nicht, uns zu qualifizieren. Es werden eben nur die Leistungen im Nationalteam gesehen. Die Leistungen, die Spielerinnen, die ganz früh ihr Land verlassen, bei ihren Vereinen im Ausland bringen, sieht man kaum. Du musst dich erst einmal in Deutschland oder in England durchsetzen vor einer deutschen Spielerin oder vor einer Engländerin. Das darf man auch nicht vergessen.

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