Fußball und politischer Protest im Iran: WM oder Gefängnis

Fußball und politischer Protest im Iran: WM oder Gefängnis
Irans Fußballteam hat aufregende Trainingstage in Österreich hinter sich. Immer mehr Nationalspieler kritisieren das Regime - und riskieren damit viel.

Nach dem Trainingslager in Österreich war auf einmal alles anders. Bis das iranische Nationalteam am Mittwoch aus Schwechat abgereist war, blieb Sardar Azmoun – zumindest öffentlich – allein. Allein mit seiner Solidarität für die Proteste in seiner Heimat: „Schämt euch, wie leichtfertig Menschen ermordet werden“, hatte er auf Instagram geschrieben. „Lang leben die iranischen Frauen!“

Der Goalgetter hatte damit Treffsicherheit bewiesen. Tausende teilten seinen Post und ließen den Stürmer hochleben. Immerhin hatte der 27-jährige Leverkusen-Legionär gerade, kurz vor der Weltmeisterschaft, die für Iran keine Selbstverständlichkeit ist, seinen Rauswurf aus dem Nationalteam riskiert.

Instrumentalisiert

Sport im Iran, insbesondere auch Fußball, hat eine lange Geschichte der Instrumentalisierung durch das von Islamisten geprägte Regime. Das bekräftigten auch US-Diplomaten in geheimen Dokumenten, die 2010 von Wikileaks veröffentlicht wurden: Präsident Ahmadinejad nutze die Popularität des Fußballs für eine Annäherung an die Wähler, hieß es da. Und nicht nur er, schon viele vor ihm. Die Rekrutierung junger Spieler verlief oft über die Revolutionsgarde, schreibt Autor Ronny Blaschke in seinem Buch "Machtspieler", in dem er ein Kapitel dem Fußball im Iran widmet. Viele Nachwuchsfußballer sind also schon über die Miliz indoktriniert worden.

Iran-Proteste
Auslöser: Am 16. September wurde Mahsa Amini (22) in Teheran verhaftet, weil sie ihren Hidschab nicht korrekt trug. Sie starb in Polizeigewahrsam

Fußball-Prestige
Die WM-Teilnahme und die Spiele gegen Erzfeind USA, England und Wales haben hohen politischen Prestige-Wert für Irans Regime

Stadionverbot für Frauen
Seit 1981 durften Frauen im Iran nicht mehr zu Männer-Fußballspielen ins Stadion. Erst in den vergangenen Jahren wurde das – nicht gesetzlich verankerte – Verbot aufgrund von internationalem Druck gelockert

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