Fußball in Reinkultur: Warum die Europacup-Finalturniere überzeugen

Fußball in Reinkultur: Warum die Europacup-Finalturniere überzeugen
Offensivdrang bis hin zu hoher Intensität: Die Spiele der Champions und Europa League bieten mehr Unterhaltung als gedacht.

Während das Europacupjahr 2020/’21 mit der Qualifikation bereits im Gang ist, kommt die Vorsaison gerade erst in die entscheidende Phase. In dieser Woche werden in Portugal (Champions League) und in Deutschland (Europa League) die neuen Würdenträger im europäischen Fußball ermittelt. Heute Abend matchen sich RB Leipzig und Paris SG in Lissabon um den Einzug ins Champions-League-Finale, das am Sonntag stattfindet. Im zweiten Duell stehen sich dann am Mittwoch Bayern und Lyon gegenüber.

Wegen der Corona-Krise fällt die Entscheidung im Europacup diesmal in Turnierform. Welche Erkenntnisse haben die bisherigen Partien gebracht? Was ist positiv aufgefallen? Der KURIER gibt einen Überblick.

  • Kurzweilige K.o.-Phase

Das Turnier-Format, das eigentlich nur als Notlösung und letzter Ausweg ins Spiel gekommen ist, hat sich mehr als bewährt. Der Fußballfan fühlt sich an die K.o.-Phase einer WM oder EM erinnert, die Entscheidungsspiele bergen nicht nur Brisanz, sie waren zumindest bisher auch allesamt äußerst kurzweilig und unterhaltsam. Grundsätzlich wäre es durchaus überlegenswert, dieses Turnier-Format ab dem Viertelfinale zu etablieren, doch dagegen werden sich wohl die UEFA und die Klubs wehren. Auch wenn der Terminkalender noch so dicht ist – mehr Spiele bedeuten für alle Beteiligten zwangsläufig mehr Einnahmen. Und darauf wird vermutlich niemand verzichten wollen.

    • Offensivdrang

    Vielleicht liegt’s am K.o.-Format, dass fast alle Teams ihre Visiere nach oben klappen und einen vermehrten Drang verspüren. Nach vorne. Die bisherigen Spiele boten jedenfalls eine Unzahl an guten Torchancen und sehr viele Volltreffer.

      • Deutsche Trainer

      Hansi Flick (FC Bayern), Julian Nagelsmann (Leipzig) und Thomas Tuchel (Paris) – erstmals in der Geschichte der Königsklasse stellt ein Land im Semifinale gleich drei Trainer. „Es ist ein wunderbarer, erfolgreicher Moment für den deutschen Fußball“, sagt DFB-Direktor Oliver Bierhoff. Für Julian Nagelsmann liegt die Ursache auf der Hand. „Unsere Trainerausbildung ist gut.“

        Barcelona vs Bayern Munich
        • Corona-Müdigkeit

        Es kann kein Zufall sein, dass jene vier Mannschaften im Champions League-Semifinale stehen, die in den vergangenen Wochen die längsten Erholungsphasen hatten. Die Spieler von Lyon, Paris SG und Leipzig bestritten in den vergangenen zwei Monaten gerade einmal drei Partien. Die Bayern hatten in diesem Zeitraum im Schnitt alle zehn Tage ein Match. Zum Vergleich: Bergamo und Manchester City mussten alle vier Tage antreten, der FC Barcelona und Atlético Madrid jeden fünften Tag. Entsprechend ausgelaugt wirkten diese Teams dann auch. Atalanta verspielte gegen Paris in der Nachspielzeit eine 1:0-Führung.

          • Intensität

          Wer bisher glaubte, Kicker könnten ausschließlich in vollen Stadien zur Hochform auflaufen, wurde in der vergangenen Woche eines Besseren belehrt. Während auf den Rängen die absolute Stille herrscht, geben die Protagonisten auf dem Platz umso mehr den Ton an. Es wird mindestens genauso viel gelaufen wie in Spielen vor Zuschauern, die Zweikämpfe werden nicht weniger hart geführt. Die Intensität servierte den Fans im Patschenkino packende Partien und ließ auch die fehlenden Schlachtgesänge und Jubelchöre vergessen.

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            • Angenehme Ausnahme

            Lyon stand freilich Fortuna bei in den erfolgreichen Spielen gegen Juventus und Manchester City. Wer aber zwei solche Kaliber eliminiert, der besitzt Qualität. Dass Frankreich mit Paris SG sogar noch einen zweiten Halbfinalisten ins Rennen schicken kann, überrascht jedenfalls nur bedingt, da das Starensemble einfach zur europäischen Elite zählt. Bei den erfolgsverwöhnten Spaniern hatten die großen Klubs seit einiger Zeit schon mehr mit sich als mit den Gegnern zu tun.

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