Es wäre wohl für alle Beteiligten besser, wenn der FC Wacker in zweiter Instanz die Lizenz nicht erhalten würde. Das sagte einer, der beim Innsbrucker Traditionsverein unter Vertrag steht, 24 Stunden vor der Entscheidung des Protestkomitees.
Weil dann das Dahinwurschteln weiter gehen würde, meinte er. Weil sich dadurch an der prekären Gesamtsituation nichts ändern und sich das absehbare Ende nur noch länger hinauszögern würde.
Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
Tatsächlich sind die Mitarbeiter, Spieler, Sponsoren und Fans die Vorkommnisse rund um diesen Verein längst satt. Die vielen leeren Versprechungen, die falschen Hoffnungen, die geweckt wurden und all die blauäugigen Beteuerungen.
Was wurden in den vergangenen Jahren rund um den FC Wacker nicht alles für Luftschlösser gezeichnet: Die Europacup-Teilnahme im Jahr 2020 (Mission 2020); ein modernes Trainingszentrum in Mieming; ein neues Tivolistadion aus Holz; gleich scharenweise, heilsbringende Investoren aus dem Ausland.
Es war alles mehr Schein als Sein, viel großes Gerede ohne Inhalt. All das hat dazu geführt, dass der FC Wacker nun auch in zweiter Instanz keine Spielerlaubnis für die Bundesliga erhalten hat. Der zehnfache Meister steht vor dem finanziellen Exodus und dem sportlichen Ende im Profifußball.
Es ehrt die Vereinsverantwortlichen, dass sie sich immer noch kämpferisch zeigen und den Gang zur letzten Instanz überlegen, dem Ständigen Neutralen Schiedsgericht.
Wir prüfen aktuell alle Möglichkeiten und Lösungsansätze, um binnen der nächsten acht Tage (Anm. Frist für Schiedsgericht) gegen das Urteil Einspruch einzulegen. Sofern es uns gelingt Lösungen zu erarbeiten, werden wir selbstverständlich versuchen diese dem Schiedsgericht vorzulegen und so die Zulassung für die zweite Spielklasse zu erwirken, wird Wacker-Präsident Kevin Radi in der offiziellen Aussendung zitiert.
Die Aussicht auf Erfolg ist überschaubar. Das wissen die älteren Semester unter den Tiroler Fußballfans aus leidvoller Erfahrung: Auch 2002 gingen die Funktionäre des FC Tirol den ganzen Instanzenweg bis zum Ständigen Neutralen Schiedsgericht. Jeder weiß, wie die Geschiche damals ausgegangen ist: Mit dem Konkurs des FC Tirol und dem Absturz des Meisters in die Drittklassigkeit.
Viele Parallelen
Wie sich die Geschichten überhaupt gleichen. Es mögen andere Zeiten und andere Protagonisten gewesen sein, doch die Zutaten und Nebengeräusche des Absturz des FC Wacker ähneln dem Crash von 2002. Es geht um Überheblichkeit und Irrglauben, auch damals wollten die Verantwortlichen bis zum bitteren Ende der Realität nicht ins Auge sehen und schwadronierten von Lösungen und Rettungsankern.
Das Protestkomitee hat den Beteuerungen der Wacker-Verantwortlichen jedenfalls keinen Glauben geschenkt. Es war bezeichnend, dass Präsident Kevin Radi und seine Vorstandskollegen am Montag im Beisein des angeblichen Investors aus Süddeutschland nicht mehr bei der Liga vorsprechen durften.
Wie hätte das Protestkomitee die Pläne der Wacker-Bosse auch für bare Münze nehmen sollen, wenn beim Verein seit Wochen schon ein Zahlungsversprechen nach dem anderen platzt? Kaum jemand rechnet noch damit, dass der Geldgeber aus Stuttgart die vereinbarten 3 Millionen Euro je nach Tirol überweisen wird.
Diesen Vorwurf müssen sich sämtliche Wacker-Vorstände, die in den vergangenen 18 Monaten am Ball waren, gefallen lassen: Diese sehnsüchtige und ständige Hoffnung auf einen Geldregen eines Investors - beim FC Wacker gaben sich in einem Jahr Matthias Siems, Michail Ponomarew und Thomas Kienle die Klinke in die Hand - zeugt nicht nur von purer Verzweiflung, sondern vor allem auch von Naivität.
Hat sich denn nie jemand gewundert, warum ausgerechnet ein Zweitligist aus Österreich regelmäßig den Lottosechser knacken und in den Genuss eines finanzstarken Fußball-Philanthropen kommen kann?
Der FC Wacker hätte viel früher die Reißleine ziehen und an einer finanziellen Exit-Strategie arbeiten müssen, war am Mittwoch in Innsbruck zu vernehmen. Der Klub befand sich schon im Herbst in einer extremen Schieflage, mittlerweile sind die Äußenstände besorgniserregend. Auf 3 Millionen Euro könnte sich der Schuldenberg bis zum Saisonende erhöhen, schreibt die Tiroler Tageszeitung. Es droht die Insolvenz.
Anders als 2002
Nach dem Konkurs des FC Tirol im Sommer 2002 hatte es im Land eine breite Laola-Welle der Solidarität mit dem Serienmeister gegeben. Die lokale Wirtschaft und die Landespolitik machten mobil, innerhalb weniger Wochen wurde im Doppelpass mit WSG Wattens ein neuer Verein aus der Taufe gehoben.
Der FC Wacker wird nun mit Sicherheit keine ähnlich breite Unterstützung erfahren. Einerseits weil die Innsbrucker nicht mehr wie damals die sportliche Nummer 1 im Land sind, sondern nur ein gestandener Zweitligist - in sieben der letzten acht Saisonen spielte der FCW nur zweitklassig - andererseits weil die Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit mittlerweile von den Entwicklungen beim Traditionsverein zusehends genervt sind.
Das ist aber nicht das einzige Problem, vor dem der Verein steht. Der FC Wacker ist auch ein Klub ohne Heimat. In der Vergangenheit war das Tivolistadion das Zuhause des zehnfachen Meisters. Ob die riesige Arena die richtige - und finanzierbare - Spielwiese für einen künftigen Drittligisten mit Amateurfußballern ist, darf bezweifelt werden.
Andererseits hat der FC Wacker keine Alternativen. Denn in Innsbruck gibt's keinen Ausweichplatz, der die 2.000 treuen Wacker-Fanseelen beherbergen könnte, die den Klub trotz aller Wirren und Krisen bei allen Heimspielen noch anfeuern - und die auch über die Zukunft des Traditionsklubs mitentscheiden werden.
Die Marken- und Bildrechte der Marke FC Wacker liegen nämlich bei den Fans der Tivoli Nord.
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