Ex-Wacker-Boss Stocker: "Es können nicht nur Trottel am Werk gewesen sein"
Wenn Gerhard Stocker zugibt, dass er sich Sorgen um den FC Wacker Innsbruck macht, dann weiß man, was es geschlagen hat. Der Traditionsverein liegt dem 70-Jährigen am Herzen, sonst hätte er sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht so leidenschaftlich für das Wohl des FCW engagiert.
Gerhard Stocker war dabei, als es vor 20 Jahren nach dem Konkurs des Serienmeisters FC Tirol galt, innerhalb weniger Wochen einen neuen Verein ins Leben zu rufen und den Fortbestand des Profifußballs in Innsbruck (damals in der Regionalliga West) zu sichern.
Er war auch im Frühjahr 2017 zur Stelle und übernahm erneut die Obmannschaft, als der FC Wacker finanziell in den Seilen hing und die politischen Strippenzieher den Verein schon in Insolvenz schicken wollten.
Trotz besorgniserregender Altlasten gelang es Stocker der Bundesliga einen so stringenten Finanzplan vorzulegen, dass der FC Wacker damals die Lizenz erhielt.
Eine ähnliche Strategie würde sich Gerhard Stocker angesichts der misslichen Lage nun auch von der jetzigen Vereinsführung des FC Wacker rund um Neo-Präsident Kevin Radi erwarten. Die aktuelle Vorgehensweise kann der Alt-Präsident nicht nachvollziehen. "Ich verstehe nicht, warum Kevin Radi noch immer auf die Millionen des Investors hofft", sagt Stocker im KURIER-Gespräch.
Schmalspurbudget
Statt weiter auf die Geldspritze aus Stuttgart (angeblich 3 Millionen Euro) zu warten, die schon seit Monaten überwiesen sein hätte sollen, wäre es besser, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen und mit allen Gläubigern und der Politik eine Lösung zu suchen. "Die Situation heute ist mit der von 2017 vergleichbar", sagt Stocker.
Eine Insolvenz, die auf Grund der jüngsten Entwicklungen - am Donnerstag setzten die Wacker-Spieler dem Verein eine Zahlungsfrist - immer näher rückt, wäre für den Verein verheerend, meint Stocker. Es würde nämlich Monate, wenn nicht Jahre, dauern, bis ein Masseverwalter sich einen genauen Überblick verschafft und auch die rechtliche Situation rund um die ehemaligen "Investoren" (Matthias Siems, Michail Ponomarew) geklärt hätte.
So viel Zeit hat der FC Wacker aber nicht.Tatsächlich muss in den nächsten Tagen eine Lösung her, will der Klub die - überlebensnotwendige - Lizenz für die Bundesliga doch noch erhalten.
Stiller Ausgleich als Lösung?
Gerhard Stocker war immer ein Mann des Dialoges, seine Kritiker fanden ihn manchmal zu konsensorientiert, doch er plädiert dafür, das Gespräch mit sämtlichen Gläubigern zu suchen. "Das ist eine extreme Herausforderung, aber man sollte mit allen Lieferanten darüber reden, wie man die offenen Rechnungen langfristig begleichen kann. Ein stiller Ausgleich, bei dem man alle ins Boot holt."
Auch die Politik, die über die Subventionen und Sponsorleistungen der landesnahen Unternehmen verfügt. Gelder, von denen der FC Wacker stets auch abhängig war.
Mit Zuwendung hatten die Zuwendungen in der Vergangenheit freilich selten was zu tun. Es gab zwar einen Doppelpass zwischen dem Verein und der Politik,aber die Bälle aus dem Landhaus kamen häufig scharf und unpräzise zurück, um bei diesem Sprachbild zu bleiben. Es war stets mehr Zweckgemeinschaft als gepflegte Partnerschaft.
Es wäre jedenfalls zu billig und obendrein auch unfair und unseriös, die Ursachen für den ewigen Überlebenskampf des FC Wacker in den letzten zwei Jahrzehnten nur den Funktionären in die Schuhe zu schieben. "Es können in diesem Zeitraum nicht alles nur Trottel am Werk gewesen sein", sagt Gerhard Stocker.
Selbstverständlich wäre er bereit, am Schulterschluss aller Beteiligten, der nun für das Wohlergehen des FC Wacker notwendig sei, mitzuwirken. Dafür liegt ihm der Verein zu sehr am Herzen.
Etwas irritiert zeigt sich Gerhard Stocker vom neuen Wacker-Präsidenten Kevin Radi.
Er habe ihm in den vergangenen Wochen mehrmals Unterstützung angeboten. Etwa im Rahmen der Lizenzierung, beim Austausch mit den Verantwortlichen der Bundesliga. Immerhin war Gerhard Stocker dereinst Aufsichtsratsvorsitzender der Bundesliga und wird in den Gremien hoch geschätzt.
Kevin Radi hat sich nie bei Gerhard Stocker gemeldet.
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