Der Wacker-Investor: Die Spur führt nach Bremervörde

Der Wacker-Investor: Die Spur führt nach Bremervörde
Wer ist Matthias Siems? Einem Mysterium auf den Fersen.

Seit Matthias Siems beim FC Wacker aufgetaucht ist, umwehen den „finanzstarken Partner“ Rätsel. Wer ist dieser Mann eigentlich? Warum meidet der Geldgeber die Öffentlichkeit? Wieso möchte er nicht fotografiert werden? Und weshalb ist über ihn in den Weiten des World Wide Web so wenig zu finden?

„Wir sind auch aktiv dahinter, um uns zu verstecken“, hatte Matthias Siems seinerzeit im KURIER-Interview gesagt und damit die Spekulationen um seine Person nur weiter angeheizt. Er entstamme einer alteingesessenen, vermögenden Kaufmannsfamilie aus Hamburg, das sollte als Information reichen.

Schlammschlacht in Tirol

Die Entwicklungen der vergangenen Wochen und die Pressekonferenz der Wacker-Vorstände haben dafür gesorgt, dass der österreichische Zweitligist - und damit zwangsläufig auch Matthias Siems - plötzlich über die Landesgrenzen hinaus Thema wurden. Der Zufall wollte es, dass beim Traditionsverein just die Wogen hoch gingen, als gerade eine Hundertschaft deutscher Journalisten wegen der DFB-Nationalmannschaft in Seefeld weilte. Prompt berichtete sogar der „Spiegel“ über die „Schlammschlacht in Tirol“ und den mysteriösen Investor aus Hamburg.

Auch in Bremervörde im Landkreis  Rotenburg  wurden die Berichte über Matthias Siems mit Interesse gelesen. In der beschaulichen Kleinstadt mit knapp 20.000 Einwohnern, 50 Kilometer westlich von Hamburg gelegen, kennt jeder jeden. Und so war die Verwunderung groß, als plötzlich in den Medien von einem Matthias Siems die Rede war, der in Tirol als Spross einer alteingesessenen, vermögenden Hamburger Kaufmannsfamilie in Erscheinung tritt.

Matthias Siems ist in Bremervörde offenbar kein Unbekannter, wie Einheimische aus der Region erzählen, die sich in den letzten Tagen beim KURIER gemeldet haben. Hanebüchen sei demnach die Story von der alteingesessenen vermögenden Hamburger Kaufmannsfamilie, sagt einer.

Vielmehr sei besagter Matthias Siems ein Ur-Bremervörder, der in jungen Jahren auch im lokalen Fußballklub Bremervörder SC spielte und einst als durchaus vielversprechender Ruderer galt. In der 50-Jahr-Festschrift der Ruderabteilung des TSV Bremervörde sind auch Erfolge von Matthias Siems vermerkt: Landesmeister 1991 und 1992 im Einer.

Selbstsicheres Auftreten

Zur Verifizierung erhielt der KURIER auch ein Foto des Matthias Siems aus Bremervörde übermittelt. Darauf ist jener Mann zu sehen,  der Anfang April im Hotel Leipziger Hof in Innsbruck zur Privataudienz bat und seine Visionen und Investitionspläne (neues Stadion, Wohnungen) präsentierte.

Der KURIER versuchte in Erfahrung zu bringen, was es mit Bremervörde und der Geschichte der vermögenden, alteingesessenen Hamburger Kaufmannsfamilie auf sich hat.

Auf die schriftliche Anfrage, ob er eigentlich aus der Kleinstadt Bremervörde stamme, und nicht aus Hamburg, und beim dortigen Fußballverein spielte, ging Matthias Siems nicht ein. Dafür ließ er über seine Anwälte ausrichten, dass „unser Mandant (mütterlicherseits) einer alteingesessenen Hamburger Kaufmannsfamilie entstammt“. Ob vermögend, oder nicht – darauf gab es keine Antwort.

Er sei schon in jungen Jahren sehr selbstbewusst aufgetreten, sagt ein anderer KURIER-Informant aus dem Raum Bremervörde, der sich am Dienstag in Innsbruck meldete. Das deckt sich mit den Erfahrungen beim bisher einzigen Interview vor knapp zwei Monaten in Innsbruck, bei dem sich Siems als großer, internationaler Geschäftsmann präsentierte.

Auf die Frage, in welchen Geschäftsfeldern er tätig sei, meinte Matthias Siems damals im Originallaut: „Wir sind schwerpunktmäßig in der Herzchirurgie. Wir sind im e-sport engagiert. Wir hatten tolle Zeiten im medizinischen Canabis, da waren wir Vorreiter, wir sind im Bereich Unternehmensberatung, Real Estate, Logistik, was haben wir noch? Cyber Security sind wir groß. Hab’ ich was vergessen?“ fragte er und drehte sich demonstrativ zu seiner Assistentin, die ihn nach Tirol begleitet hatte.

Das selbstsichere Auftreten des Investors dürfte seinerzeit auch auf die Wacker-Vorstände Eindruck gemacht haben. Auch die Homepage der Taru Global Family Holding Trust GmbH in Hamburg, der Matthias Siems als  „President & Chief Exekutive Officer“ vorsteht, wirkt auf den ersten Blick beeindruckend und präsentiert schöne Bilder und tolle Zahlen. Von 171 Investitionen mit einem Gesamtvolumen von 1,72 Milliarden Euro ist da zu lesen, auf konkrete Projekte wird freilich nicht näher eingegangen. Auch der FC Wacker ist mit keiner Silbe erwähnt.

Es bleiben Fragen. Nicht nur, wer Matthias Siems wirklich ist. Sondern auch, was er mit dem FC Wacker vorhatte. Es ist ja keinesfalls so, dass er den Innsbruckern nur das Blaue vom Himmel versprochen hätte. Siems hat dem Verein sehr wohl auch einen Riesenbatzen Geld überlassen. 500.000 Euro gleich einmal bei der Vertragsunterzeichnung, später dann immerhin weitere 2,2 Millionen Euro, wie Präsident Joachim Jamnig gegenüber dem KURIER bestätigt. Auch deshalb habe man beim Verein lange Zeit den Eindruck gehabt, er wäre der richtige strategische Partner.

Wieso Matthias Siems sich bei Wacker engagiert hat, was er sich davon versprochen hat? Man kann nur mutmaßen. Im Interview erweckte Siems den Eindruck, als wäre ihm vor allem sein Investitionsprojekt am Tivoli-Areal  ein großes Anliegen, nicht nur einmal wurde er deshalb bei den Lokalpolitikern vorstellig. Das neue Fußballstadion und die geplanten  600 Wohnungen wird es freilich nicht geben, die Stadt Innsbruck winkte schon vor Wochen ab. Die Sache war den Politikern nicht geheuer, ist aus dem Rathaus zu hören.

Seither ist auch die Achse  Innsbruck – Hamburg unterbrochen, seither verkehren der FC Wacker und der Investor vermehrt nur mehr via Anwälte, seither ist auch der Geldfluss ins Stocken geraten. In einer Presseaussendung erklärte Matthias Siems, dass die Zahlungen seinerseits auch deshalb eingestellt wurden, weil beim Klub etwaige finanzielle Unregelmäßigkeiten im Raum stehen.

Das weisen die Klubvorstände entschieden zurück. Sie rechnen mittlerweile nicht mehr damit, dass der Doppelpass zwischen Hamburg und Innsbruck weiter gepflegt wird.

Er komme, um zu gehen, hatte Matthias Siems seinerzeit im KURIER-Interview noch gemeint.

„Jetzt können wir aufräumen“, sagt Sportvorstand Alfred Hörtnagl.

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