Franco Foda als ÖFB-Teamchef: Eine Erfolgsbilanz mit Misstönen
In seinem vierten Jahr als ÖFB-Teamchef sah sich Foda viel Kritik ausgesetzt. Wie erfolgreich war seine bisherige Amtszeit aber tatsächlich? Eine Zwischenbilanz.
Österreichs Nationalteam hat das Länderspiel-Jahr erstmals seit 2016 nicht mit einer positiven Bilanz abgeschlossen. Nach dem 4:1-Erfolg am Montagabend in Klagenfurt gegen die Republik Moldau stehen für die Auswahl von Teamchef Franco Foda sieben Siege, zwei Remis und sieben Niederlagen zu Buche. Das Torverhältnis lautet 24:23. Durch WM-Qualifikation und EM in einem Jahr waren insgesamt 16 Länderspiele zu absolvieren - ein Rekord in der ÖFB-Geschichte.
In den vergangenen zehn Jahren gab es ansonsten nur ein Jahr ohne positive Länderspiel-Bilanz. Das EM-Jahr 2016 beendeten die Österreicher unter Fodas Vorgänger Marcel Koller mit drei Siegen, drei Remis und sechs Niederlagen klar negativ.
Trotz der enttäuschenden WM-Qualifikation zeigte sich Foda nach dem finalen Erfolg gegen Moldau zufrieden. "Wir haben sehr viel erreicht", sagte er und meinte unter anderem die Qualifikation für die EM, die Endrunde selbst, aber auch den Sieg in der Nations League. Und dann ist da ja auch noch der Punkteschnitt, der Foda in dieser Kategorie lange als den bisher erfolgreichsten ÖFB-Teamchef auswies.
Teamchef-Diskussionen
Und doch wurde die Kritik in den letzten Monaten immer lauter, die Teamchef-Diskussion immer präsenter. Zumindest Neo-ÖFB-Präsident Gerhard Milletich stärkte dem Deutschen den Rücken und verkündete nach dem Spiel gegen Moldau, dass Österreich mit Foda auf jeden Fall ins WM-Play-off im März gehen wird. Er habe nach vier Wochen im Amt nicht vor "aufzumischen", so Milletich. Und er sieht mit Foda eine "reelle Chance" auf die WM-Teilnahme.
Wie aber fällt die Zwischenbilanz der Ära Franco Foda nun tatsächlich aus? Wie erfolgreich ist er im Vergleich mit seinen Vorgängern? Wie lassen sich die bislang 27 Siege unter seiner Führung einordnen? Und wie sehr profitiert Foda eigentlich vom hohen Legionärsanteil im ÖFB-Team?
Der KURIER warf einen Blick auf die Statistiken des Nationalteams und versucht eine Einordnung.
Klar ist: Das Länderspiel-Jahr 2021 hat Foda seinen Status als Nummer eins unter den ÖFB-Teamchefs gekostet. Noch vor knapp einem Jahr hielt er bei einem Punkteschnitt von 2,07 Zählern pro Spiel und lag damit klar vor Karl Stotz, der von 1978 bis 1981 in 24 Partien auf einen Schnitt von 1,88 Punkten kam. 2021 musste sich Foda allerdings mit 1,44 Punkten pro Spiel zufrieden geben, womit er nach knapp vier Jahren als Teamchef hinter Stotz zurückfiel und nun bei 1,87 Zählern hält.
Nicht nur, was den Punkteschnitt angeht, ist Foda im Spitzenfeld der ÖFB-Historie zu finden. Der 55-jährige Deutsche kann in den letzten vier Jahren auch auf einen der besten Werte bei den erhaltenen Gegentreffern (siehe Grafik "Torschnitt der ÖFB-Teamchefs") verweisen. Die Österreicher kassierten unter Foda lediglich 48 Gegentore in 46 Spielen, was einem Schnitt von 1,04 Gegentreffern pro Spiel entspricht.
Damit liegt Foda gleichauf mit Stotz, lediglich Helmut Senekowitsch (Teamchef von 1976 - 1978) schnitt in der Vergangenheit besser ab.
Doch wie beim Punkteschnitt ist auch hier Vorsicht geboten. Denn auch hier zehrt Foda noch etwas von den Ergebnissen der ersten drei Jahre seiner Amtszeit. So musste das ÖFB-Team in diesem Jahr 23 Gegentreffer hinnehmen und damit fast genauso viele wie in den drei Jahren zuvor gemeinsam (24). Hielt man 2018 bis 2020 noch Schnitt von weniger als einem Gegentor pro Spiel, so stieg dieser Wert 2021 auf 1,44. Tiefpunkte waren etwa das 0:4 gegen Dänemark Ende März oder das 2:5 in Israel Anfang September.
Kein Torgarant
Fodas sehr passive und defensive Spielweise macht sich also in der Gesamt-Bilanz der erhaltenen Gegentreffer durchaus bemerkbar, in den letzten Monaten konnte sich der Teamchef aber selbst darauf nicht mehr verlassen.
Was die erzielten Treffer angeht findet sich Foda im Mittelfeld der erfolgreichsten ÖFB-Teamchefs wieder. Mit im Schnitt 1,61 Toren pro Spiel lässt er etwa einen Marcel Koller (1,5) oder Hans Krankl (1,52) hinter sich, bleibt aber deutlich hinter Herbert Prohaska (1,88).
Nun hat Foda also die Chance, trotz aller Enttäuschungen der letzten Monate, zu einem der erfolgreichsten Teamchefs der österreichischen Geschichte zu werden. Wenn er die Mannschaft nach der EM-Teilnahme auch noch zur WM 2022 in Katar führt, ist ihm dies sicher. Dazu kommt der bislang nach wie vor starke Punkteschnitt.
Warum dann aber die monatelange Kritik und die Teamchef-Diskussion? Warum hat Foda so einen schweren Stand bei vielen Fußball-Fans? Die Antwort dafür steckt auch in zwei Statistiken, die die Bilanz Fodas deutlich relativieren.
Magere Bilanz
Wirft man etwa einen Blick auf die Gegner, gegen die das ÖFB-Team in den letzten vier Jahren gefordert war, dann mussten Foda und seine Mannschaft in 46 Spielen nur sieben Mal gegen Nationen bestehen, die in der FIFA-Weltrangliste in den Top 25 zu finden sind. Die magere Ausbeute: Ein Sieg, ein Remis und fünf Niederlagen.
Das einzige Erfolgserlebnis gegen ein Top-25-Team gab es bei der EM: Österreich besiegte die Ukraine im letzten Spiel der Gruppenphase mit 1:0 und fixierte damit das Achtelfinale. Ehe schließlich gegen Italien das Aus kam. Allerdings: Gegen eine besser klassierte Mannschaft konnte das ÖFB-Team unter Foda noch nie gewinnen. Denn auch die Ukraine war zum Zeitpunkt des Aufeinandertreffens in der Weltrangliste als 24. einen Platz hinter den Österreichern zu finden.
Lediglich in drei Testspielen jubelte das Nationalteam über Siege gegen bessere Gegner. Die Erfolge gegen Uruguay (2:1 im November 2017), Deutschland (2:1 im Juni 2018) und Schweden (2:0 im September 2018) liegen aber bereits mehr als zwei Jahre zurück. In dieser Zeit gab es etwa auch die blamable 0:1-Niederlage gegen Lettland zum Abschluss der EM-Qualifikation im November 2019. Die Letten waren damals nur die Nummer 143 der Fußball-Welt.
Real, Bayern und Co.
Ein zweiter Aspekt, der Foda oft zum Vorwurf gemacht wird, ist die hohe Qualität im österreichischen Kader. Noch nie zuvor gab es so viele Legionäre in der Nationalmannschaft wie in den letzten Jahren. Das zeigt auch ein Blick auf die Statistik.
Waren unter Otto Baric Anfang der 2000er noch knapp 31 Prozent der eingesetzten Spieler in internationalen Ligen tätig, so hat sich dieser Wert in den letzten 20 Jahren kontinuierlich gesteigert. Marcel Koller konnte bereits auf eine 75-prozentige Legionärsquote zurückgreifen, unter Foda sind es aktuell fast 80 Prozent.
Sei es David Alaba bei Real Madrid, Marcel Sabitzer bei Bayern München oder Marko Arnautovic beim FC Bologna. Österreichs beste Spieler sind in nahezu allen Top-Ligen vertreten und zeigen dort ihre Qualitäten. Dass sich die Summe an starken Einzelspielern im Nationalteam nicht so recht niederschlägt wird auch dem Teamchef zum Vorwurf gemacht.
Unter anderem, weil Foda oftmals zuallererst defensiv denkt, während die Akteure auf dem Platz aber ein anderes Spiel - sprich eher offensiv - gewohnt sind. Dass die Mannschaft mutig und offensiv auftreten kann, zeigte sie bislang erst dann, wenn es wirklich ernst wurde. So etwa beim 4:2 gegen Israel. Es war am Ende die Erfüllung einer Pflicht, wie auch der 4:1-Erfolg gegen die Republik Moldau.
Foda sitzt jedenfalls wieder etwas sicherer im Trainerstuhl und hat nächstes Jahr die Chance in seiner Ära auch die WM-Teilnahme zu verwirklichen. Er würde damit österreichische Fußball-Geschichte schreiben.
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