10-Millionen-Schaden? Rapids Poker im Sommerschlussverkauf
Der Plan war ungewöhnlich, hätte aber aufgehen können: Kein Geld durch Zuschauereinnahmen, dafür aber umso mehr UEFA-Prämien.
Doch nach dem 1:2 in Gent ist der Traum von der Champions League für Rapid geplatzt. Die fünf Millionen, die es allein für den Aufstieg ins Play-off gegen Kiew gegeben hätte, wären während der Corona-Krise dringend nötig gewesen. So bleibt, zum bereits achten Mal, die Europa League.
Auch nicht schlecht, aber zu 2,9 Millionen Startgeld wird weniger hinzukommen als früher: Keine vollen Stadien, momentan ist nicht einmal gesichert, ob die Gruppenphase in allen Ländern der qualifizierten Klubs ausgetragen werden kann.
Am härtesten von allen Vereinen Österreichs trifft Rapid die Zuschauerbeschränkung. Aktuell sind nur 3.000 Fans erlaubt. Tendenz negativ, es könnte bald auch wieder Geisterspiele geben.
Mit den Beschränkungen ohne Hoffnung auf Besserung könnte der Schaden für Rapid auf die gesamte Saison und alle Spiele gerechnet die 10-Millionen-Grenze erreichen, also in den zweistelligen Millionen-Bereich gehen.
Rundum-Minus
Zusätzlich zu ausbleibenden Ticket-Käufen und den zurückzuzahlenden Abos fehlt auch das Geld, das die im Schnitt 19.000 Fans rund ums Stadion ausgegeben haben. Für Dressen, Schals, Bier oder Essen.
Kein Euro überwiesen
Dass die Regierung einen Großteil des Schadens rückerstatten würde, ist nicht sicher. Derzeit gibt es noch nicht einmal eine Zusage, dass der Ende des Monats auslaufende Hilfsfonds für Profisport im Herbst fortgesetzt wird. Und von den insgesamt 35 Millionen, die sich derzeit im Fonds befinden, wurde noch nichts überwiesen. Kein einziger Euro, für keinen einzigen Profiverein.
Die Lage ist also verzwickt. Bislang hat Rapid für die gefragtesten Spieler stolze Preise aufgerufen. Besonders angesichts der Corona-Krise, die bei den meisten Vereinen für finanzielle Zurückhaltung sorgt.
Ob die Hütteldorfer jetzt den Sommerschlussverkauf ausrufen, oder doch bis zum Ende der Transferzeit am 5. Oktober möglichst hart verhandeln?
Sportdirektor Zoran Barisic bestätigt zwar, „dass sich im Hintergrund viel tut“, lässt sich aber wie gewohnt nicht ins Blatt blicken: „Es kann bei möglichen Abgängen genauso wie bei möglichen Zugängen als Ersatz noch einiges passieren.“
Pavlovic ohne Ablöse
Zusätzlich gilt es finanziellen Ballast loszuwerden. Andrija Pavlovic, einer der teuersten Spieler, ist nicht mehr Teil des Profikaders. 2018 eingekauft (inklusive Europa-League-Bonus um 1,6 Millionen), hat sich der Serbe schnell bei Trainern und Mitspielern unbeliebt gemacht. Wer will den Stürmer nach seiner Leihe auf Zypern?
Zuletzt machte eine türkische Zeitungsente die Runde (es gab keinen Kontakt zu Sivasspor). Am Dienstag hat sich Pavlovic mit einem anderen Verein geeinigt. Es gibt aber eine letzte Hürde. „Dieser Verein will – so wie andere Interessenten auch – keine Ablöse zahlen. Es liegt jetzt an Rapid“, sagt Georg Lederer von der Agentur „More than Sport“.
Lieber ein Ende mit Schrecken (Vertragsauflösung) oder Warten auf eine Ablöse, die vielleicht nie kommt?
Badji als Vorbild?
Barisic wird in den kommenden beiden Wochen gute Nerven brauchen. Dass der 50-Jährige einem Poker nicht abgeneigt ist, hat er im Winter bewiesen.
Aliou Badji wurde trotz schwacher Leistungen mit Gewinn um zwei Millionen nach Kairo weiterverkauft. Parallel dazu hat Barisic das 200.000-Euro-Schnäppchen mit Aufsteiger Ercan Kara ausverhandelt.
Kommentare