Rad-Artist Fabio Wibmer: "Habe richtig Schiss gehabt"
Er springt über urbane Hindernisse, balanciert auf schwindelerregenden Höhen und verwandelt die wildesten Trails in seine persönliche Bühne. Die Rede ist von Rad-Artist Fabio Wibmer.
Mit einer Mischung aus Präzision, Kreativität und Furchtlosigkeit hat der 29-Jährige die Welt des Freeride- und Trialbikings revolutioniert. Seine spektakulären Videos begeistern Millionen und zeigen nicht nur sportliches Können, sondern erzählen Geschichten voller Spannung und Humor. Und das wird honoriert: Sein Video „The Streif is my Playground“, bei dem er auf eisiger Piste mit dem Rad die Streif in Kitzbühel hinunterrast und dabei Stunts macht, ist das YouTube-Video des Jahres 2024 in Österreich.
KURIER: Was geht Ihnen eigentlich durch den Kopf, wenn Sie da auf zwei Rädern die Streif hinunterrasen?
Fabio Wibmer: (lacht) Gar nicht so viel. Ich versuche einfach immer konzentriert zu sein und das Trainierte bestmöglich umzusetzen, um jegliche Fehler zu vermeiden. Aber das erste Mal, als ich da oben am Start gestanden bin, hatte ich schon richtig Schiss und hab infrage gestellt, ob das alles so funktioniert, wie wir es geplant haben – zum Glück hat es das.
Wie bereiten Sie sich auf die Stunts vor, haben Sie ein Ritual?
Ganz, ganz wichtig ist einmal, dass ich gut geschlafen habe, denn nur dadurch kann ich voll konzentriert und fokussiert sein. Aber prinzipiell ist es immer das Gleiche: Ich schaue, dass ich aufgewärmt und in einer guten körperlichen Verfassung bin und mir selbst vertraue. Je mehr man nachdenkt, umso schwieriger und komplexer wird es. Das probiere ich zu vermeiden, indem ich mir selbst einrede, dass ich komplett auf mein Training vertrauen kann.
Wie sieht so ein Aufwärmen bei Ihnen aus?
Gar nicht so spektakulär, meistens ein bisschen stretchen und dann natürlich auch mit dem Rad aufwärmen. Heißt, am Hinter- und Vorderrand rumspringen, um auch den Körper warm zu bekommen. Wenn man stürzt, macht es nämlich einen großen Unterschied, ob man aufgewärmt ist oder nicht.
Zu Ihrem Job gehören natürlich trotzdem auch Verletzungen. Wie schwierig ist es nach solchen wieder zurückzukommen?
Bei einem relativ einfachen Knochenbruch geht es schnell bis man wieder zurück ist. Bei komplexeren Sachen, wie wenn zum Beispiel Bänder involviert sind, wird es mühsam. Ich hatte zwei solche Bänderverletzungen gleich hintereinander und habe in der Zeit fast eineinhalb Jahre nichts gemacht. In dieser Zeit war es mental nicht leicht für mich, wenn ich nur daheim liege und quasi nichts machen darf. Da braucht es dann auch eine lange Zeit, bis man wieder das Vertrauen hat, dass man auch stürzen kann ohne sich dabei zu verletzen. Ich hab dann immer versucht mir mein Ziel vor Augen zu halten, was ich noch alles machen will, welche Projekte ich noch umsetzen will. Wenn man sich an das erinnert, dann geht es auch viel leichter sich wieder zu motivieren.
Wie schwierig ist es eigentlich eine Unfallversicherung für so einen Job zu bekommen?
Das ist tatsächlich nicht so einfach (lacht). Ich bin glücklicherweise schon ganz lange bei derselben, weil mein Vater früher bei einer Versicherung gearbeitet hat und dadurch war das ganze sehr einfach.
Wenn Sie nicht gerade mit dem Rad unterwegs sind, was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit?
Mein Leben dreht sich eigentlich fast 24/7 ums Rad fahren mehr oder weniger, viel Zeit für andere Sachen bleibt da nicht. Aber natürlich versuche ich so viel Zeit wie möglich mit meiner Familie und Freundin zu verbringen.
Apropos Familie und Freundin: Was sagen eigentlich die zu Ihren riskanten Stunts?
Also der Mama erzähle ich nicht immer, was ich gerade vorhabe sondern zeige ihr meistens erst das fertige Video, dann geht es bisschen einfacher (lacht). Sie weiß aber auch das ich keinen kompletten Blödsinn oder Leichtsinn mache, sie vertraut mir da schon und Gleiches gilt auch für meine Freundin.
Wollten Sie als Kind auch schon immer Webvideo-Star werden?
Also YouTube-Star ist bei mir nie irgendwo auf der Liste gestanden (lacht). In der Schule hab ich mal ein Referat über die Cobra gehalten, das war immer so ein bisschen mein Traum. Ansonsten habe ich angefangen Sportmanagement zu studieren, allerdings dann aufgehört wegen der aktiven Sportausübung.
Deine Videos haben zumeist großen Erfolg. Machen Sie sich selbst Druck beim nächsten Video wieder genauso abliefern zu müssen?
Also wenn ich sagen würde ich hätte gar keinen Druck, dann würde ich lügen. Ich versuche mich immer neu zu erfinden, neu zu pushen, von dem her kommt der Druck eigentlich nur von mir selber. Man will sich ja weiterentwickeln bzw. soll jedes Video besser sein als das Vorige. Ich bin da auch froh, dass ich nicht an Wettkämpfe gebunden bin sondern meinen kreativen Prozess ausleben kann. Also wenn ich mal sag heute fühle ich den und den Trick nicht, dann können wir es einfach auf den nächsten Tag schieben.
Wieso sind Sie nicht weiter Rennen gefahren sondern haben sich für den Videoweg entschieden?
Das Filmen und Kreieren von Videos war eigentlich schon immer seit ich klein bin ein großes Thema und hat mir schon immer viel Spaß gemacht. Also neben dem Rennen fahren hab ich auch immer viele Videos gedreht. Der entscheidende Grund war dann, dass wenn man im Rennfahren der Beste sein will, alles dafür Hingeben muss. Da bleibt nebenbei keine Zeit für YouTube-Videos. Man muss quasi sein Leben zu 100% dafür ausrichten. Und da hab ich dann gesagt, ich mach eigentlich viel lieber Videos und deshalb hab ich mich dann für diese Karriere entschieden.
Sie mussten in der Vergangenheit für Videos auch schon Kritik einstecken. Wie gehen Sie damit um?
Ich nehme mir Kritik definitiv zu Herzen, versuche diese aber nicht zu stark an mich rankommen zu lassen. Ich wäge das dann auch immer mit den Personen die mir Nae stehen ab und lerne aus den Fehlern. Als eine Person, die in der Öffentlichkeit steht, hat man eine gewisse Vorbildwirkung bzw. will man ja selbst auch ein Vorbild für andere sein.
Sie leben mittlerweile in Monaco. Wieso sind Sie aus Innsbruck weggezogen?
Das Wetter zum Radfahren ist dort natürlich super, ich kann dort den ganzen Winter lang fahren. Das könnte ich in Österreich so nicht machen, also außer ich fahre auf Schnee natürlich (lacht). Wie ich noch in Innsbruck gewohnt habe, sind zudem pro Tag jeden Tag zwei bis drei Personen oder Familien vorbeigekommen und haben geklingelt oder beim Fenster hineingeschaut. Manche Leute sind auch einfach Stunden davor gesessen. Das war auf Dauer einfach sehr anstrengend. Und ganz ehrlich und offen gesagt sind die Steuern in Monaco natürlich auch ein lukrativer Grund.
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