Fluggastrechte: Bedrohung für die Sicherheit der Passagiere?

Fluggastrechte: Bedrohung für die Sicherheit der Passagiere?
Airline-Manager beklagt, dass die Angst vor Strafzahlungen regelkonforme Sorgfältigkeit im Zweifel möglicherweise vermissen lässt.

Seit einigen Jahren sind Fluggastrechte in der Öffentlichkeit ein Thema. Aufgekommen ist das vor allem seit Fluggastrechts-Portale immer wieder auf Artikel EU 261/2004 hinweisen und Passagieren die Möglichkeit geben, zum Teil sogar automatisiert, ihr Recht einfach durchzusetzen und bei Verspätungen oder Annullierungen Entschädigungszahlungen zu bekommen.

Dass das für Verbraucher sehr gut klingt und Airlines darüber weniger glücklich sind, überrascht nicht. Trotzdem sorgen derzeit Airline-Manager für Aufsehen, die behaupten, diese Portale würden ein Sicherheitsrisiko darstellen, wie travelnews.ch berichtet.

Angst vor Zahlungen

Im Zuge der Jahreskonferenz der "European Regions Airline Association" in Prag erklärte Jesper Rungholm, CEO der  Chartergesellschaft Danish Air Transport (DAT): "Die Passagier-Entschädigungsregelung EU 261/2004 droht, uns aus dem Markt zu drängen und stellt die größte Bedrohung für die Sicherheit unserer Passagiere dar. Viele europäische Airlines, vor allem kleinere, haben dermaßen Angst davor, im Falle einer Verspätung heftige Entschädigungszahlungen leisten zu müssen, dass manche Crews oder auch Mechaniker die notwendige, regelkonforme Sorgfältigkeit im Zweifelsfall möglicherweise vermissen lassen."

Er betonte, dass Sicherheit nach wie vor höchste Priorität habe, das Personal aber wegen den Regelungen unter Druck stehe.

Ein Problem sehe Rungholm darin, dass die EU-Regelung an sich und die konsequente Durchsetzung mithilfe von Portalen, die Passagiere "habgierig" mache. Er berichtet von Passagieren, die mit Stoppuhren auf das Erreichen der Drei-Stunden-Verspätungs-Marke warten und gegebenenfalls in Jubelgeschrei ausbrechen.

"Sicherheit ist kein Wettbewerbsthema"

Verstehen kann Peter Thier, Sprecher von Austrian seinen dänischen Kollegen auf KURIER-Anfrage überhaupt nicht: "Das Thema Sicherheit hat einen Stellenwert, den würden wir durch gar nichts beeinflussen lassen, das hat bei uns stets Priorität. Sicherheit ist kein Wettbewerbsthema. Sicherheit muss unabhängig vom Wettbewerb immer gewährleistet sein."

Was Thier aber schon einräumt, ist, dass Kanzleien, die das schnelle Geld in der Verspätung sehen, "wie die Schwammerl aus dem Boden schießen: Das ist ein Geschäftsmodell". Austrian wäre davon aber nicht so stark betroffen wie Billigflieger oder Onlinereisebüros, denn das Unternehmen achte darauf, Fälle selbst mit dem Kunden zu schlichten. Sein Ratschlag an Passagiere: "Bei uns ist man billiger und schneller am Ziel, wenn man uns direkt schreibt, nicht einer Agentur."

Kompensation unverhältnismäßig?

Recht gibt dem Dänen Rungholm sein Kollege und CCO von Flybe, Roy Kinnear. Zudem kritisiert er die Gesetzeslage und beklagt gegenüber dem Portal Air Transport World: "Unser Durchschnittspreis pro Segment, inklusive Taxen, liegt bei 60 Pfund, also rund 67 Euro. Eine Kompensation von 250 bis 600 Euro pro Passagier ist deshalb völlig unverhältnismäßig." Flybe habe für 2019 im Budget 10 Millionen Pfund alleine für Kompensationszahlungen vorgesehen.

Der Dachverband IATA will den Artikel EU 261/2004 nun überarbeitet haben. Er kritisiert, dass die Kompensation oftmals den Ticketpreis übersteigt und dass nationale Gerichte die Auslegung von EU 261/2004 individuell interpretiert haben, was zu einer unsicheren Rechtslage geführt habe.

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