Von Wunschkonzerten, Absagen und Tränen: Die Dramen ums Justizbudget

Bundesministerium für Justiz
Hinter verschlossenen Türen wird ein Budget konzipiert, erste Einschnitte sind schon jetzt spürbar. Und das, obwohl die Justiz eigentlich mehr Geld macht als sie ausgibt.

Wer dieser Tage im Justizministerium nachfragt, wie es denn mit den Mitteln für die kommenden zwei Jahre aussieht, wird auf den 13. Mai verwiesen: die Budgetrede von Finanzminister Markus Marterbauer. Und zwar alle – auch Behördenleiter und Präsidenten von Standesvertretungen.

Die Führungsriege fühlt sich vor den Kopf gestoßen, weil sie heuer von der Budgeterstellung explizit ausgeschlossen wurde, wie man hört: Anders als üblich sollten nachgeordnete Dienststellen wie die Oberlandesgerichte dem Ministerium nicht ihren Bedarf melden. Erfahrungsgemäß sei das ein Wunschkonzert, erklärt ein Kenner. Das überspringt die Präsidialsektion heuer und erstellt das Budget auf Basis von Vorjahreszahlen – hinter verschlossenen Türen.

Was freilich das Schlimmste befürchten lässt: „Man stellt fest, dass man sich das System, das man in den Vorjahren aufgeblasen hat, nicht leisten kann.“

Heißt: Die zusätzlichen Planstellen, die im Zuge großer Reformen der früheren Ministerin Alma Zadić versprochen wurden, könnten ausbleiben – Stichwort Handysicherstellung und Kostenersatz. Für Letzteres hat Türkis-Grün heuer die Mittel von 2,4 auf 70 Millionen Euro aufgestockt. Fraglich, ob das so bleibt.

"Cash Cow"

Klar: Sparen müssen alle. Bemerkenswert wäre ein Sparpaket in der Justiz aber insofern, als sie die „Cash Cow“ unter den Ressorts ist. Jährlich fließen um die 1,5 Milliarden Euro an Gerichtsgebühren in die Staatskasse. Das ist mehr, als der Justizbetrieb (ohne Strafvollzug) kostet, wie der Österreichische Rechtsanwaltskammertag (ÖRAK) kürzlich erinnerte. Die Justiz erwirtschaftet also jedes Jahr einen „Gewinn“, den sie an den Finanzminister abliefert; während sie selbst um jeden Cent betteln muss.

Und es wird noch bemerkenswerter: Die Gerichtsgebühren sind mit 1. April erhöht worden – um 23 Prozent. Rechtssuchende legen jetzt also mehr Geld hin für einen „Service“, der wegen Personalmangels schlechter zu werden droht.

Die Erhöhung war die vergangenen zwei Jahre ausgesetzt. Die jetzige Erhöhung hat Justizministerin Anna Sporrer am 25. März verordnet – just an dem Tag, als alle Augen auf die Urteile in der Buwog-Causa gerichtet waren.

Absagen

Einen Eindruck davon, wie eng es in der Justiz wird, bekamen jüngst 17 Juristen. Vier Tage vor ihrer Angelobung als Richteramtsanwärter wurde ihnen mitgeteilt, dass „aus budgetären Gründen“ nur vier der 17 Bewerber übernommen werden; die übrigen müssen sich jetzt einen anderen Job suchen, berichtet der Standard. Es flossen Tränen.

Besonders bitter: Einige von ihnen hatten ihre Jobs in Anwaltskanzleien aufgegeben, um als Quereinsteiger Richter oder Staatsanwalt zu werden. Dazu läuft seit einigen Jahren eine eigene Rekrutierungsaktion (der KURIER berichtete, siehe unten)

„Aus budgetären Gründen“ wurde auch das „Forum für Staatsanwälte“ im September, die wichtigste Fortbildungsveranstaltung der Zunft, abgesagt. Die Richterwoche hingegen findet statt. Eine Absage wäre auch zu knapp, sie startet schon am 20. Mai. Allerdings in „abgespeckter Form“ – buchstäblich: das Galadinner fällt aus.

Wenn die Justiz schon sparen muss, böte sich an, endlich die Ausweitung der Fußfessel anzugehen, wird aus Strafverteidigerkreisen eingewendet. Seit 2017 liegt ein de facto fertiger Gesetzesentwurf vor. Ein Verurteilter, der im Gefängnis sitzt, kostet den Staat pro Tag zwischen 150 und 200 Euro.

Justiz von innen

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