Causa Wöginger: Ärger an der ÖVP-Basis - und wie es jetzt weitergeht

LANDESPARTEITAG DER ÖVP BURGENLAND MIT WAHL DES NEUEN OBMANNS: WÖGINGER
Nach einer Weisung muss die WKStA die Diversion nun bekämpfen - alle Stellen der internen Fachaufsicht waren einer Meinung. Die ÖVP-Basis ist dennoch erzürnt. "Wir lassen uns den Gust sicher nicht hinausschießen wie damals Sebastian Kurz."

August Wöginger muss weiter zittern – und zu verdanken hat er das dem justizinternen Kontrollwesen. Die Diversion, die dem ÖVP-Klubchef Anfang Oktober in der Postenschacher-Causa vom Landesgericht Linz angeboten wurde, ist vorerst hinfällig. 

Nach einer Weisung muss die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Beschwerde dagegen einlegen. Und das, obwohl die WKStA selbst nichts gegen eine diversionelle Erledigung einzuwenden gehabt hätte. Schon wurde gemunkelt über „Koalitionsbruch“ – verantwortlich für die Weisung ist ja eine SPÖ-Ministerin. 

Zunächst aber: Was hat es mit der Weisung auf sich?

In „clamorosen“ (öffentlich relevanten) Fällen müssen die Staatsanwaltschaften ihre Vorhaben „nach oben“ melden. Am Ende von Ermittlungen schreibt die jeweilige Staatsanwaltschaft etwa, dass sie Anklage einbringen oder das Verfahren einstellen will. In Wögingers Fall ging es um die Frage, ob die WKStA die Diversion akzeptieren und nichts tun oder Beschwerde einlegen soll.

Der Vorhabensbericht ging zunächst zur Oberstaatsanwaltschaft (OStA), die offenbar der Ansicht war, dass die Diversion bekämpft werden müsse. Diese Einschätzung wurde ins Ministerium weitergeleitet, wo das Vorhaben von der Fachabteilung geprüft und der Justizministerin vorgelegt wurde. Diese wiederum lässt sich vom Weisungsrat beraten – und auch dieser war der Meinung, dass sich bei Wöginger und zwei mitangeklagten Beamten keine Diversion ausgeht.

Alle Stellen – bis auf die WKStA – waren also gegen eine Diversion.

Geheime Sitzung

Die Gerichte sind von diesem Instanzenzug nicht berührt – sie entscheiden unabhängig und weisungsfrei. Und sie sind es auch, die im Strafverfahren das letzte Wort haben.

Weiter geht es so: Die WKStA muss bis Donnerstag Beschwerde einlegen, dann entscheidet ein Dreiersenat des Oberlandesgerichtes (OLG) in geheimer Sitzung. Öffentlich verhandelt das OLG nur bei Berufungen gegen Urteile (nicht bei Beschwerden gegen Beschlüsse).

Gibt das OLG der Beschwerde statt, dann fällt die Diversion weg und das Verfahren muss beim Landesgericht Linz fortgesetzt werden. Neue Verhandlungstermine würden ausgeschrieben, Zeugen eingeladen etc.

Weist das OLG die Beschwerde ab, dann „pickt“ die Diversion. Möglich wäre zwar, dass die Generalprokuratur gegen einen rechtskräftigen Beschluss zum Obersten Gerichtshof (OGH) geht. Eine sogenannte „Wahrungsbeschwerde“ dient aber nur der nachträglichen Feststellung, dass ein Gesetz falsch angewendet wurde. Die Entscheidung darf sich nie zum Nachteil des Betroffenen auswirken. Heißt: Wöginger kann die Diversion nicht mehr „weggenommen“ werden.

Erinnerungen an Kurz

Während sich die ÖVP im offiziellen Statement sehr zurückhält, reagiert man auf Funktionärsebene alles andere als gelassen: „Wir lassen uns den Gust sicher nicht hinausschießen, wie damals Sebastian Kurz“, lautet eine dort verbreitete Devise. 

Unmut herrscht auch über die ÖVP-Spitze: Sie habe auf Koalitionsebene zu wenig unternommen, damit die Causa nach der Diversion tatsächlich vom Tisch sei. Manche sehen die jüngsten Vorgänge gar in einer Reihe von Versuchen der SPÖ, auszutesten, wie weit man innerkoalitionär gehen könne.

Während manchen Türkisen die Häufung von Fällen, bei denen Entscheidungen der Justizbehörden per Weisung korrigiert wurden (etwa im Fall Anna), merkwürdig vorkommt, geben sich andere durchaus selbstkritisch: „Man hätte die Diversion nicht so feiern dürfen, als sei sie ein Freispruch für Wöginger.“

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