WKStA muss Diversion anfechten: Oberbehörde sieht "schwere Schuld" bei Wöginger

August Wöginger sitzt nachdenklich mit gefalteten Händen vor dem Gesicht im Nationalrat
WKStA hatte im Prozess keine Einwände gegen die Diversion, die Oberstaatsanwaltschaft sieht die Causa komplett anders: Nicht nur geht sie von "schwerer Schuld" aus, sie fürchtet durch Wögingers Verhalten auch Vertrauensverlust in Institutionen.

Etwas voreilig hat die ÖVP die "Angelegenheit" schon am 7. Oktober für "erledigt" erklärt: Ihrem Klubchef August Wöginger und zwei Mitangeklagten war an Tag 1 seines Prozesses wegen Postenschacher-Vorwürfen in Linz eine Diversion angeboten worden. Wöginger nahm an und bezahlte 44.000 Euro Geldbuße. 

Am Donnerstag aber teilte die Oberstaatsanwaltschaft Wien (OStA) mit, dass sie der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Weisung erteilt hat: Die Anklagebehörde muss gegen die diversionelle Erledigung des Verfahrens Beschwerde einbringen - und damit die Forsetzung des Strafverfahrens beantragen. 

"Die Weisung erfolgte nach Genehmigung durch das Bundesministerium für Justiz und den Weisungsrat", heißt es in einer Aussendung. 

Darin wird erklärt, dass das Landesgericht Linz seine Entscheidung zwar umfassend begründet habe, nach Ansicht der OStA aber die Voraussetzungen für eine Beendigung des Strafverfahrens nicht vorliegen würden. 

In der Causa ging es um die Besetzung des Vorstandspostens im Finanzamt Braunau im Jahr 2017, bei der ein ÖVP-Mann gegenüber einer besser qualifizierten Frau Vorrang bekommen hat. 

Mutmaßlich, weil Wöginger damals bei Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid für seinen Parteifreund interveniert hat. Schmid wiederum soll dann auf die Personalkommission Druck gemacht haben.

Hier knüpft die Begründung der OStA an: 

Laut Tatverdacht habe Nationalratsabgeordneter Wöginger als Bestimmungstäter zum Amtsmissbrauch wiederholt und über einen längeren Zeitraum gefordert, den Vorstandsposten "aus parteipolitischen Erwägungen mit einem von ihm bevorzugten Kandidaten trotz geringerer Eignung zu besetzen". 

Die beiden mitangeklagten Beamten Siegfried M. und Herbert B. hätten diese Forderung dann unter Missbrauch ihrer Befugnisse als Vorsitzender bzw. Mitglied einer objektiven Personalkommission im Besetzungsverfahren umgesetzt und dadurch die Republik Österreich und andere Mitbewerber in mehreren konkreten Rechten geschädigt. 

OStA sieht "schwere Schuld" und Vertrauensverlust

Anders als das Landesgericht Linz geht die OStA von einer "schweren Schuld" aus. So wird in der Aussendung erklärt, dass bei allen drei Angeklagten der "Handlungs- und Gesinnungswert" ein Ausmaß erreicht hätten, das als "auffallend und ungewöhnlich" zu beurteilen sei. 

Zudem habe das Verhalten der Angeklagten nicht nur zu einem erheblichen vermögensrechtlichen Nachteil geführt, sondern auch das Vertrauen in staatliche Institutionen und das Handeln ihrer Organe erschüttert. Vor diesem Hintergrund würden letztlich auch generalpräventive Aspekte gegen ein diversionelles Vorgehen sprechen. 

WKStA sah "Grenzfall"

Die WKStA sprach in der Verhandlung am 7. Oktober von einem "absoluten Grenzfall", hatte aber keine Einwände gegen eine diversionelle Erledigung. Auch nach Überprüfung des schriftlichen Beschlusses, der vergangene Woche zugestellt wurde, plante die Anklagebehörde offenbar, die Diversion zu akzeptieren. 

Daran hatte es öffentlich massive Kritik gegeben - so hieß es etwa, Postenschacher werde "bagatellisiert" und nicht ernst genug genommen. Und so sieht es offenbar auch die OStA, wie aus der Aussendung deutlich hervorgeht. 

ÖVP hält an Wöginger fest

Bei der ÖVP gibt man sich zurückhaltend: "Wir nehmen den Instanzenzug zur Kenntnis. Am Ball ist jetzt das Oberlandesgericht Linz. Trotz der heutigen Bekanntgabe der Oberstaatsanwaltschaft Wien sind wir zuversichtlich, dass die Diversion bestätigt wird, weil ja das Landesgericht Linz bereits die Diversion für rechtens befunden und das Verfahren eingestellt hat. Und zudem die Wksta ebenfalls der Diversion schon zugestimmt hatte." Und weiter: "Unverändert stehen wir geschlossen hinter August Wöginger."

Neos: "Keine Kavaliersdelikte"

Eine Reaktion gab es auch vom pinken Koalitionspartner, aus dessen Reihen es zuletzt Kritik an der Diversion gegeben hatte. „Die Entscheidung der Oberstaatsanwaltschaft zeigt, dass die österreichische Justiz unabhängig und frei von jeglicher Beeinflussung agiert. Vor dem Gesetz muss ausnahmslos jede und jeder gleich sein“, erklärte Neos-Klubobmann Yannik Shetty in einer Stellungnahme. Ohne die Entscheidung inhaltlich zu kommentieren, wurde einmal mehr betont, dass Postenschacher und Freunderlwirtschaft keine Kavaliersdelikte seien und der Vergangenheit angehören müssten.

Kommentare