Causa Postenschacher: 200 Anregungen an Justiz, Wöginger-Diversion zu bekämpfen

Ein Mann mit Brille und Anzug blickt nachdenklich nach oben.
Landesgericht Linz hat Verfahren per Beschluss eingestellt, aber jetzt wird es erst spannend: Die WKStA kann Beschwerde einlegen, zudem wurde die Generalprokuratur als "Hüterin des Rechts" von der Bevölkerung auf den Plan gerufen.

Zusammenfassung

  • Das Verfahren gegen ÖVP-Klubchef Wöginger und zwei Beamte wegen Postenschacher wurde eingestellt, aber die WKStA kann noch Beschwerde einlegen.
  • Die Generalprokuratur prüft nach rund 200 Bürgeranregungen, ob sie eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes einlegt.
  • Die Angeklagten haben Verantwortung übernommen, Geldbußen bezahlt und das Gericht betont die Signalwirkung des Verfahrens.

Das Verfahren gegen ÖVP-Klubchef August Wöginger und zwei Beamte rund um Postenschacher-Vorwürfe wurde am Donnerstag per Beschluss des Landesgerichts Linz eingestellt. Ausgestanden ist die Sache für die drei Beschuldigten damit aber noch lange nicht. 

Die erste Hürde: Der Beschluss wurde heute, Donnerstag, publik - ab Zustellung beginnt eine 14-tägige Frist, die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft kann als Anklagebehörde noch Beschwerde wegen Nichtigkeit einlegen. 

In der Verhandlung am 7. Oktober hatten die Anklagevertreter keine Einwände - die Entscheidung liegt aber nicht bei ihnen. Sie müssen ihr Vorhaben der Oberstaatsanwaltschaft melden, in weiterer Folge entscheidet das Justizministerium, ob eine Weisung erteilt wird oder nicht. 

Legt die WKStA eine Nichtigkeitsbeschwerde ein, dann geht die Causa in die nächste Instanz, zum Oberlandesgericht Linz. 

Tut sie das nicht, dann gibt es eine weitere Hürde, mit der bis dato nicht zu rechnen war: Diese Woche hat sich die Generalprokuratur eingeschaltet und vom Landesgericht den Akt angefordert. 

"Hüterin des Rechts"

Das ist ungewöhnlich. Die Generalprokuratur macht das nicht bei jedem Verfahren. 

"Angeregt" wurde dies von rund 200 Personen, die sich laut Sprecher Martin Ulrich an die Generalprokuratur gewendet haben. Teils mit einzelnen Schreiben, teils mit einem Musterformular, das auf der Onlineplattform zackzack.at zur Verfügung gestellt wird. Er verweist auf Paragraf 23 in der Strafprozessordnung, wo es heißt, dass "jedermann berechtigt" sei, "die Erhebung einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes anzuregen". 

Die Betonung liegt auf "anzuregen". Ob Nichtigkeitsbeschwerde eingelegt wird oder nicht, entscheidet die Generalprokuratur, wenn sie den Beschluss geprüft hat. Dazu muss dieser aber erst rechtskräftig werden, erklärt Ulrich. 

Kommt die Generalprokuratur als "Hüterin des Rechts" zum Schluss, dass die Diversion in der Causa Finanzamt nicht zur Anwendung hätte kommen dürfen, dann wendet sie sich an den Obersten Gerichtshof (OGH). 

Geldbuße bezahlt

Für ÖVP-Klubchef Wöginger und seine Mitbeschuldigten bleibt es also spannend. Sie haben ihren Part jedenfalls erfüllt: Die Geldbuße, die beim Prozess am 7. Oktober von der vorsitzenden Richterin vorgeschlagen wurde, haben sie bereits bezahlt. Der Erstbeschuldigte Siegfried M. zahlte 17.000 Euro, der Zweitbeschuldigte Herbert B. 22.000 Euro und Wöginger als Drittbeschuldigter 44.000 Euro. 

Vorgeworfen worden war ihnen Amtsmissbrauch im Zusammenhang mit der Besetzung des Vorstandspostens des Finanzamts Braunau im Jahr 2017: Demnach soll ein ÖVP-Kandidat den Job bekommen haben, obwohl eine andere Bewerberin, Christa Scharf, besser qualifiziert gewesen wäre.

Am Tag vor dem Prozessstart reichten Siegfried M. und Herbert B. völlig überraschend bei Gericht eine Verantwortungsübernahme ein. Wöginger zog am Prozesstag nach. Er entschuldigte sich für die Folgen, die sein Handeln ausgelöst hat. Wie berichtet, soll Wöginger beim damaligen Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid für den ÖVP-Freund interveniert haben, dieser wiederum wirkte dann auf Mitglieder der Personalkommission ein. 

Dass der ursprünglich auf elf Tage angelegte Postenschacher-Prozess schon an Tag 1 nach nur wenigen Stunden mit Diversionsangeboten endete, sorgte für viel Kritik. 

In einer Medienaussendung zum Diversionsbeschluss äußert sich das Landesgericht noch einmal detailliert dazu: 

"Die Angeklagten übernahmen Verantwortung hinsichtlich der ihnen in der Anklage zur Last gelegten Handlungen, gaben ihr Fehlverhalten nicht nur zu, sondern bedauerten dies auch", wird erklärt. Durch die freiwillige Zahlung eines symbolischen Betrags an die übergangene Bewerberin "zeigten sie auch dieser gegenüber Verantwortung".

"Unmissverständliche Signalwirkung"

Der Kritik, dass durch die Diversion ein falsches Signal ausgesendet werde, wird entgegengehalten, dass das "umfangreiche Ermittlungsverfahren bis hin zur Anklage sowie der Umstand, dass sich die Angeklagten nunmehr dem Strafverfahren vor Gericht stellen mussten", sehr wohl "eine unmissverständliche Signalwirkung an die Bevölkerung" habe. 

Es werde verdeutlicht, "dass eine nach unsachlichen Erwägungen erfolgte Postenbesetzung in einem öffentlich ausgeschriebenen Bewerbungsverfahren der österreichischen Rechtsordnung und ihren Grundsätzen zuwiderläuft. Solche Vorgänge werden strafrechtlich verfolgt."

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