Anfechtung der Wöginger-Diversion: Die Entfesselung der Justiz

August Wöginger steht vor einer Glastür mit der Aufschrift "Ausgang".
Die Diskussion über die brisante Weisung im Fall August Wöginger ist erneut ein starkes Argument für die geplante Bundesstaatsanwaltschaft.
Martin Gebhart

Martin Gebhart

Nach außen hin gibt man sich in der ÖVP gelassen, intern aber brodelt es. Dass die Oberstaatsanwaltschaft die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) per Weisung dazu aufgefordert hat, die Zustimmung zu einer Diversion im Postenschacher-Fall rund um August Wöginger zurückzuziehen, stößt zumindest auf Kopfschütteln. So manch andere Reaktion soll hinter verschlossenen Türen um einiges heftiger ausgefallen sein. Immerhin hat die WKStA der von der Richterin in Linz vorgeschlagenen Diversion zugestimmt. Und die WKStA kann in keinem Fall als eine ÖVP-nahe Institution innerhalb der Justiz angesehen werden. Damit wäre mit einer Abschlagszahlung von 44.000 Euro für den ÖVP-Klubobmann eigentlich alles erledigt gewesen. Wenn sich nicht das Justizministerium per Weisung – und damit mit der Unterschrift von SPÖ-Ministerin Anna Sporrer – eingeschaltet hätte.

Dazu kommt, dass die Begründung der Oberstaatsanwaltschaft sehr heftig ausgefallen ist. Da wird erklärt, dass die Intervention von Wöginger für einen Parteifreund bei der Besetzung eines Finanzamts von „krimineller Energie“ zeugt. Außerdem ist es nicht die erste Weisung unter der Führung der neuen roten Justizministerin, die im türkisen Lager sauer aufstößt. Die Anordnung zur Prüfung einer Fortführung der Ermittlungen im Fall des verstorbenen Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek wird ebenfalls sehr kritisch gesehen. Wobei bei manchen der Vorwurf mitschwingt, dass sich die Justiz da zu sehr von einem Druck in der Öffentlichkeit bzw. von bestimmten Kreisen beeinflussen lasse.

Unterm Strich darf das alles aber für die Rechtssprechung keine Rolle spielen. Es gibt einen Instanzenweg, und der ist korrekt zu beschreiten. Gleichgültig, wem das gefällt oder eben nicht gefällt.

Letztlich ist der Fall August Wöginger wieder ein gutes Argument für die geplante Bundesstaatsanwaltschaft. Da gab es ja zuletzt einige Stimmen – auch aus Justizkreisen –, die diese Entkoppelung vom Ministerium wieder infrage gestellt haben. Tatsache ist jedoch, dass in Zukunft den politischen Mutmaßungen der Boden entzogen wird, wenn ein Dreiersenat darüber entscheidet, wie in einem Verfahren weiter vorgegangen werden soll. Dann ist es nicht mehr von Bedeutung, welcher politischen Farbe sich eine Ressortchefin oder ein Ressortchef zugehörig fühlt.

Im Fall August Wöginger müssen solche Diskussionen aber noch durchgestanden werden. Wobei eines ziemlich klar scheint: Wenn auch die Weisung einiges an Brisanz in sich birgt, hat sie noch lange nicht genug politische Sprengkraft, um die türkis-rot-pinke Bundesregierung auseinanderbrechen zu lassen. Wobei es sicher einige im Hintergrund gibt, die sich das wünschen würden.

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