WKStA bestätigt Anklage gegen Kurz, Bonelli und Glatz-Kremsner

WKStA bestätigt Anklage gegen Kurz, Bonelli und Glatz-Kremsner
Der Prozessbeginn ist der 18. Oktober. Neben Kurz und Kabinettschef Bonelli wird auch Glatz-Kremsner angeklagt. Der Strafrahmen beträgt drei Jahre Haft.

Nachdem Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) auf der Plattform X (vormals Twitter) behauptet hat, dass eine Anklage wegen Falschaussage vor dem U-Ausschuss wohl kurz bevor stehe, hat das die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Freitag offiziell bestätigt. Sebastian Kurz, sein ehemaliger Kabinettschef Bernhard Bonelli (ÖVP) und Ex-Casinos-Austria-Generaldirektorin, Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Lotterien und einstige Stellvertreterin als ÖVP-Chefin Bettina Glatz-Kremsner sind wegen Falschaussage vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss angeklagt.

Glatz-Kremsner wird zudem vorgeworfen, dass sie "auch bei ihrer Vernehmung als Zeugin im Ermittlungsverfahren der WKStA zur Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der Casinos Austria AG falsch ausgesagt" habe, heißt es in einer Presseaussendung. Den Angeklagten drohen bis zu drei Jahre Haft.

"Die Entscheidung der WKStA, den nunmehr vorliegenden Strafantrag zu erheben, ist zur Kenntnis zu nehmen", hieß es seitens des Rechtsvertreters von Glatz-Kremsner, die vom Wiener Strafverteidiger Lukas Kollmann vertreten wird. "Meine Mandantin ist jedoch sehr zuversichtlich, dass sie ihren Standpunkt gegenüber dem Gericht umfassend darlegen wird können und geht sie von einem positiven Verfahrensausgang aus", meinte Kollmann in einer Stellungnahme.

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Prozess gegen Kurz beginnt am 18. Oktober

Der 108-seitige Strafantrag wurde laut WKStA von einem Richter geprüft und bereits am 11. August eingebracht. Der gesamte Akt soll aus mehreren Kisten bestehen, heißt es vom Landesgericht. Prozessbeginn ist der 18. Oktober, weitere Gerichtstermine sind der 20. sowie der 23. Oktober - dann soll das Urteil fallen. 

In ihrem Strafantrag spricht sich die Strafverfolgungsbehörde übrigens explizit gegen ein diversionelles Vorgehen (außergerichtliche Einigung) aus, das beim Delikt der Falschaussage grundsätzlich möglich wäre. Im gegenständlichen Fall komme eine Diversion, mit der Kurz & Co einer Verurteilung - allenfalls gegen Auferlegung einer Geldbuße - einer Verurteilung entgehen würden, "mangels Verantwortungsübernahme und zusätzlich auch aus generalpräventiven Gesichtspunkten nicht in Betracht", meint die WKStA.

Zuständiger Richter ist Michael Radasztics, das wurde dem KURIER vom Landesgericht bestätigt. Er dürfte als Einzelrichter die Stichhaltigkeit der Anklage der WKStA gegen Kurz &Co zu beurteilen haben.  Radasztics, vormals Staatsanwalt, war sieben jahrelang alleine für das Eurofighter-Verfahren zuständig. 2019 wurde ihm der Akt entzogen und an die WKStA übergeben. 

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Richter am Landesgericht bekommen Fälle zufällig zugeteilt. Auch können Zuständigkeiten nicht getauscht werden.  

Vorwurf: Falschaussage zu ÖBAG-Reform

Im Kern geht es bei den Falschaussage-Vorwürfen um die Frage, wie intensiv der Ex-ÖVP-Chef unter Türkis-Blau in die Reform der Staatsholding ÖBIB zur ÖBAG involviert war. Bei seiner Befragung im Ibiza-U-Ausschuss im Juni 2020 hatte Kurz bekanntlich seine Rolle bei der Auswahl des Aufsichtsrats sowie bei der Bestellung des umstrittenen Ex-ÖBAG-Chefs Thomas Schmid heruntergespielt - und sinngemäß von normalen Vorgängen gesprochen. Die WKStA sah darin aber angesichts von Chatverläufen mögliche Falschaussagen.

Die WKStA geht in ihrem Strafantrag davon aus, dass Kurz und die beiden Mitangeklagten unter Wahrheitspflicht nicht nur mit bedingtem Vorsatz, sondern "wissentlich" die Unwahrheit gesagt hätten. In der Aussagepsychologie bestünde "Einigkeit darüber, dass Menschen grundsätzlich nicht ohne Motiv lügen", hält die Anklagebehörde fest. Und weiter: "Fallbezogen liegt ein starkes Motiv für eine vorsätzliche Falschaussage vor."

WkStA sieht Postenschacher

Die vom Gericht zu beurteilenden inkriminierten Aussagen hätten nämlich allesamt einen Bezug "zu einer möglichen von Kurz zu verantwortenden (strafrechtlich per se nicht relevanten) politischen Einflussnahme auf Postenbesetzungen und umfassende und explizite Vereinbarungen zu verpöntem 'Postenschacher'", betont die WKStA. Kurz und seine Bewegung hätten "stets als Markenkern einen 'neuen Stil' ihrer Politik beworben" und offensichtlichen Proporz und Postenschacher kritisiert, "weshalb es für Kurz wesentlich war, dass seine Bewegung in der öffentlichen Wahrnehmung eine andere 'Politik' glaubhaft machen kann".

Folglich habe Kurz im U-Ausschuss auf Fragen nach der Gesetzmäßigkeit von Postenbesetzungen entsprechende, nicht wahrheitsgemäße Antworten gegeben, vermeint die WKStA. Und führt dazu im Antrag auf Bestrafung dann weiter ins Treffen: "Hinzu kommt aber noch die aussagepsychologische Erkenntnis, dass eine Lüge besonders leichtfällt, wenn zwei Voraussetzungen vorliegen: Einerseits, wenn sie einer Person oder Institution dient, zu der eine enge Bindung besteht (hier die eigene Partei); andererseits, wenn durch die Lüge keine andere Person unmittelbar geschädigt wird, höchstens eine anonyme Institution, zB der Staat."

Kurz war schon vorher informiert

Bereits am Vormittag hatte Kurz auf der Kurznachrichten-Plattform X, vormals Twitter behauptet, dass eine Anklage gegen ihn kurz bevor stehe und er dies durch Journalisten erfahren habe. Nach gesicherten Informationen der APA aber wurde die Kanzlei von Rechtsanwalt Werner Suppan, der Kurz vertritt, vor Freitagmittag von der Justiz sowohl vom Einbringen des Strafantrags als auch dem Prozesstermin informiert.

Auf X nahm Kurz auch Stellung zu den Vorwürfen. Er wies diese als falsch zurück und freue sich darauf, dass sich die "Anschuldigungen vor Gericht" als "haltlos" herausstellen werden, so Kurz. 

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Wie der KURIER bereits am Mittwoch berichtete, sei ein Erlass des Justizministeriums, ob Kurz nun angeklagt wird oder nicht, am Mittwoch bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eingelangt.

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Akt mehrere Monate im Justizministerium

Die WKStA hatte ihre Ermittlungen wegen Falschaussage im U-Ausschuss schon im Jänner 2023 abgeschlossen. Der Akt, der auch Vorwürfe gegen Bonelli und Glatz-Kremsner enthält, wurde anschließend an deren Fachaufsicht, die Oberstaatsanwaltschaft, geschickt. Dann lag der Akt mehrere Monate lang in der zuständigen Sektion im Justizministerium. Der Weisungsrat, der die Ministerin berät, hatte dann im Juni grundsätzlich keine Einwände gegen das Vorhaben der WKStA, aber noch rechtliche Fragen. 

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Zudem wird gegen Sebastian Kurz im Casag-Verfahren und in der Inseraten-Causa wegen Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit ermittelt. 

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